Ein mörderisches Komplott (German Edition)
bereits das Schlimmste und trat mit
dem rechten Fuß kraftvoll in die Genitalien Henrys, der laut aufschrie und sich
vor Schmerzen krümmte. Diesen kurzen Augenblick nutzte Gordon, zog seine
Dienstwaffe aus dem Schulterholster und drückte ab. Aber nichts geschah, der
erwartete Schuss blieb aus. Mit angstverzerrtem Gesicht und müde lächelnd warf
Gordon die Waffe hinter sich und jammerte:
» O, i ch
Vollidiot hatte doch tatsächlich versäumt, nach der Reinigung wieder Patronen
einzulegen!«
Erneut flehte er
seinen alten Freund an:
»Henry, sollten wir uns nicht wieder vertragen?« Nur zu
gut wusste er, dass Henry sich niemals von einem einmal gefassten Vorsatz
abbringen ließ. Entmutigt ließ er sich erneut auf den Waldboden zurückfallen.
Henry hatte sich rasch wieder gefangen. Hämisch grinsend
richtete er die Pistole auf den um Gnade bettelnden Freund. Er befand sich
jetzt in einem Zustand regelrechter Raserei und war durch nichts mehr zu
bremsen. Mit voller Wucht versetzte er Gordon einen Tritt in die Kehle, worauf
dieser glucksend in sich zusammensackte. Nun hatte er leichtes Spiel. Er ließ
die Pistole fallen und stellte sich breitbeinig über sein Opfer. Dann setzte er
das todbringende Rohr auf Gordons Stirn und betätigte den Abzugshebel. Es gab
nur einen gedämpften Knall. Henry beugte sich über den Toten und schloss dessen
Augenlider. Er hob die Pistole auf und steckte sie zurück in den Gürtelhalfter.
Den Schussapparat verstaute er wieder in seinem Rucksack.
Als er erkannte, was er in seiner maßlosen Wut
angerichtet hatte, war er schockiert und fühlte sich wie gelähmt. Gordon war
sein bester Freund gewesen, jedenfalls früher einmal. Jedoch weil er die
Herausgabe der Beweisstücke aus dem Mordprozess Betty Findlay stets ablehnte,
hatte sich ihr freundschaftliches Verhältnis langsam abgekühlt. Als Gordon ihn
kürzlich auf die Idee brachte, Jane McNiven und Harry Coleman mit einem
Schlachtschussapparat umzubringen, sah er darin die Chance, sich auf dieselbe
Art seines Freundes zu entledigen, um endlich an das ihn belastende Material zu
gelangen. Keinesfalls hatte er vorgehabt, Gordon bereits an diesem Tag zu
töten; es hatte sich spontan so ergeben. Jedenfalls würde niemand in ihm, dem
Staatsanwalt Henry Forster, den Mörder DSupt Gordon Baynes vermuten. Auch
diesen Mord würde man wieder dem ominösen Kopfschussmörder zuschreiben.
Beim Weggehen entdeckte Henry die Dienstwaffe Gordons, an
die er nicht mehr gedacht hatte. Sie lag zwischen trockenem Laub und ihr
blanker Lauf reflektierte das Licht der Sonnenstrahlen. Als er die Pistole
aufhob, stellte er verwundert fest, dass Gordon das gleiche Modell wie er
besaß, aber dachte sich nichts weiter dabei. Er nahm die Pistole an sich,
schulterte seinen Rucksack und trat den Rückweg an. Unterwegs warf er Gordons
Waffe in ein Brombeergestrüpp. Dort würde sie kein Mensch finden.
Bald erreichte er den abwärts führenden Weg. Plötzlich
vernahm er Stimmengewirr. Einen Augenblick verharrte er bewegungslos und
lauschte. Aber dann war wieder alles still und er ging beruhigt zurück zu
seinem Auto.
Vierter Teil
Kapitel 22
Inzwischen überfielen Jane McNiven Zweifel, ob es richtig
war, sich auf den Zeitungsappell im Inverness Report wegen des Unglücks
bei Aviemore als Informantin gemeldet zu haben. Sie hielt es immerhin für
möglich, dass ihr Bettgefährte Oliver Robinson diesen schrecklichen Unfall
verursacht hatte, denn noch kurz zuvor hatte er kräftig dem Whisky
zugesprochen. Doch eigentlich ging sie das nichts an. Schließlich konnte so ein
Malheur jedem anständigen Menschen passieren. Wenn sich tatsächlich
herausstellen sollte, dass Oliver der Unfallverursacher war, dann müsste er
viele Jahre im Gefängnis zubringen. Aber das wollte sie ihm nicht antun.
Vielleicht meldete er sich wieder und sie konnte mit ihm weitere, höchst
genussvolle Stunden verbringen. Sie beschloss darum, sich mit der ganzen Sache
nicht weiter zu befassen.
In den Tagen nach ihrem Gespräch mit Jenny Symon hatte
mehrmals das Telefon geläutet. Jane war froh, dass ihr Mann Matthew erst
kürzlich einen neuen Apparat mit Display angeschafft hatte, auf dem die
Telefonnummern aller zuvor registrierten Anrufer zu erkennen waren. Zeigte das
Display nichts an, war größte Vorsicht geboten, denn es konnte sich um einen
Anruf dieser Redakteurin handeln und Jane hütete sich davor, den Hörer
abzunehmen.
Hin und wieder
Weitere Kostenlose Bücher