Ein mörderisches Komplott (German Edition)
des Schädels war unversehrt, sodass er davon überzeugt
war, dass Gordon Bayne mittels eines Bolzenschussgeräts umgebracht wurde.
Trotzdem wandte er sich an den Polizeiarzt, der ihm noch vom Mordfall Thompson
her bekannt war.
»Nun, Doc, was halten Sie davon? Womit wurde Ihrer
Ansicht nach der Mann getötet?« Dabei stellte er sich völlig ahnungslos.
»Schwer zu sagen, Inspector. Jedenfalls muss es sich um
eine Schusswaffe relativ großen Kalibers gehandelt haben.«
»Aber Gewehr- oder Pistolenmunition hinterlässt doch
Verschmorungen der Haut im Bereich der Einschussstelle. Ich konnte aber nichts
Derartiges entdecken. Und Baynes Hinterkopf ist unversehrt geblieben. Ein
großkalibriges Projektil wäre rückwärts aus dem Schädel wieder ausgetreten –
oder sehen Sie das anders?«
»Hm! Daran habe ich gar nicht gedacht. Aber Genaueres
kann ich ohnehin erst nach der Obduktion sagen.«
»Könnte es sein, dass Bayne durch ein Bolzenschussgerät
getötet wurde, wie es in Schlachtbetrieben verwendet wird?«
»Natürlich! Das wäre eine Möglichkeit, die ich
untersuchen werde. Hier oben fehlen mir leider die Mittel für eine zuverlässige
Diagnose.«
»Und können Sie schon etwas über den Todeszeitpunkt
sagen?«, fragte O’Brien, bevor er sich anderen Aufgaben zuwandte.
»Die Leichenstarre hat sich inzwischen gelöst und der
Zersetzungsprozess hat bereits begonnen. Der Tod müsste also vor mehr als 48
Stunden eingetreten sein.«
Es war keine leichte Aufgabe für Paul O’Brien, die Taschen
seines ehemaligen Vorgesetzten durchsuchen zu müssen, aber das gehörte nun mal
zu Routineaufgaben eines Kriminalisten. Geldbörse, Brieftasche und
Schlüsselbund übergab er Hastings mit der Anweisung, alles im Tresor des
Kriminaldezernats einzuschließen.
»Jeder Täter hinterlässt irgendwelche Spuren, man muss
sie nur finden«, belehrte O’Brien seinen Assistenten. Dann machten sie sich
daran, den Waldboden nach Kampfspuren oder möglichen Hinterlassenschaften des
Mörders abzusuchen. Zwar hatten das die Kriminaltechniker bereits getan, aber
Paul O’Brien verließ sich lieber auf seinen eigenen Spürsinn.
»Sehen Sie mal, Chef!«, rief Hastings plötzlich. »Ich
habe einen im Moos festgetretenen Zigarrenstummel gefunden!« Zwischen Daumen
und Zeigefinger seiner Hand hielt er O’Brien ein bräunliches Etwas entgegen.
»Das könnte ein Beweisstück sein, in der Tat! Lassen Sie
mich mal sehen. Aha, die Banderole ist noch gut erhalten. Sie haben aber
bessere Augen als ich, Hastings. Können Sie den Aufdruck lesen?«
» Santiago Golden Leaf steht drauf! Scheint eine
kubanische Sorte zu sein.« Der Sergeant war stolz, auf eine wichtige Spur
gestoßen zu sein.
»Diese Sorte kommt mir irgendwie bekannt vor, ich weiß
nur nicht woher«, meinte O’Brien. »Aber ich werde schon noch draufkommen.«
Der Zigarrenstummel war wohl die einzige Hinterlassenschaft
des Mörders. Mit dieser Erkenntnis verließen beide den Tatort und fuhren zum
CID zurück. Gordon Baynes Leichnam wurde kurz darauf in die Pathologie des Highland
HospitalInverness überführt.
Am folgenden Morgen meldete sich bei der Polizei Inverness telefonisch
ein Simon Chisholm. Er habe soeben aus den BBC-Nachrichten von dem Mord
erfahren. Seine Freundin Mary Kean und er hätten am letzten Sonntag eine
seltsame Beobachtung gemacht. Der Anrufer wurde aufgefordert, umgehend mit
seiner Freundin beim CID vorzusprechen, um ihre Aussage zu Protokoll zu
bringen.
Bereits am Nachmittag nahmen der etwa 17-jährige Schüler
Simon und seine 16-jährige Freundin Mary vor DCI Paul O’Briens Schreibtisch
Platz.
»Nun erzählt bitte, was euch am vorigen Sonntag aufgefallen
ist. Eure Aussage kann von großer Bedeutung sein.« Dabei sah O’Brien die beiden
jugendlichen Besucher, die vor Aufregung gerötete Gesichter hatten, wohlwollend
an.
»Wir hatten uns im Wald verlaufen«, berichtete der junge
Mann. »Als wir endlich wieder den abwärts führenden Hauptweg erreichten, hörten
wir erst einen Schuss, eine ganze Weile später einen weiteren. Beide klangen so
seltsam, gar nicht wie man das aus Filmen vom Abschuss einer Pistole oder eines
Gewehrs kennt. Kurz darauf raschelte es zwischen den Bäumen. Wir bekamen es mit
der Angst zu tun und versteckten uns im Unterholz.«
»Ja, und dann sahen wir einen Mann zwischen den Bäumen
rauskommen und davonlaufen«, ergänzte Mary und
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