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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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allein gelassen hatte.
    Dann warf ich einen Blick auf meine andere Seite. Aber ich hatte mein Leben!
    Als wir die Innenstadt erreichten, beugte sich mein Leben nach vorn. »Könnt ihr uns bitte hier rauslassen?«
    »Warum hier?«
    Wir stiegen in der Bond Street aus, im Herzen der Liberties, einer der historischen Gegenden von Dublin, wo die meisten Straßen – auch die, auf der wir uns befanden – noch Kopfsteinpflaster hatten. Hinter den schwarzen Toren der nahegelegenen Guinness-Brauerei stieg Dampf auf, ein Zeichen, dass dort von den Männern in den weißen Labormänteln fleißig Irlands wichtigster Exportartikel fabriziert wurde.
    »Komm mit«, sagte mein Leben mit einem stolzen Lächeln. Ich folgte ihm über die Kopfsteinpflasterstraße, entlang der alten Mauern, hinter denen sich funktionierende Fabriken neben verfallenen Gebäuden mit verrammelten Fenstern verbargen. Gerade als ich zu vermuten begann, dass mir eine Lektion über die Probleme der Menschen in früheren Zeiten bevorstand, vielleicht der Menschen, die in dieser Straße gelebt hatten, und wie sie damit klargekommen waren – womöglich, indem sie im Zuge einer Massen-Selbstheilung ihre Fenster zugemauert hatten –, und hoffte, dass ich mich danach besser fühlen würde, holte mein Leben einen Schlüsselbund heraus und ging zielbewusst auf eine Tür in einem Gebäude voller zugemauerter Fenster zu.
    »Was machst du denn da? Was willst du da drin?« Ich schaute mich um und wartete, dass jemand uns aufhalten würde.
    »Ich will dir etwas zeigen. Was glaubst du, was ich die ganze Zeit gemacht habe, wenn ich mich von dir weggeschlichen hatte?«
    Ich runzelte die Stirn, denn vor meinem inneren Auge erschien das Bild von meinem Leben, wie er mich mit einer jüngeren, hübscheren Version meiner selbst betrog, wie er sich als deren Leben ausgab, um sich an sie ranzumachen, und mit ihr am sonntäglichen Familientisch saß, wo er sich, da er ja so tun musste, als würde er sie schon immer kennen, unter den wachsamen Augen ihres vereinnahmenden Vaters die Anekdoten über ihr Heranwachsen zu merken versuchte. Währenddessen kämpfte er mit seinem schlechten Gewissen, zum einen, weil diese ausgeglichene junge Person sich jetzt fragte, ob sie vielleicht ihr Leben von Grund auf verändern musste, zum anderen natürlich, weil er mich im Stich ließ. Eine Doppellüge, die ihm gewaltig zusetzte.
    Mein Leben sah mich an. »Du siehst total sauer aus. Woran denkst du denn?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ach, an gar nichts. Was ist das hier denn?«
    Wir betraten das Gebäude, ein umgebautes Lagerhaus, weiträumig, mit hohen Decken und freiliegendem Mauerwerk, staubig von den Renovierungen. Wir stiegen in einen Aufzug, und ich erwartete halb, dass wir gleich durchs Dach katapultiert würden und über den Häusern in den Himmel segelten, wo mein Willy-Wonka-Leben mir dann all das zeigte, was mir gehörte. Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen führte mein Leben mich den Gang hinunter in einen lichtdurchfluteten quadratischen Raum, in dem jede Menge Kisten auf dem Boden standen. Aus den Fenstern überblickte man die ganze Stadt: In der Nähe bestimmten Mehrfamilien- und Reihenhäuser das Bild, in der Ferne waren die grünen Kupferdächer der St Patricks Cathedral beziehungsweise der Kuppel auf den Four Courts zu erkennen, dahinter die Dublin Bay, wo Baukräne neben den über zweihundert Meter hohen rotweißgestreiften Zwillingsschornsteinen von Poolbeg in den Himmel ragten. Erneut erwartete ich meine Lektion. Aber sie kam immer noch nicht.
    »Willkommen in meinem neuen Büro«, strahlte mein Leben. Er sah so glücklich aus, so anders als der Mann, den ich vor zwei Wochen kennengelernt hatte – man konnte kaum glauben, dass er derselbe war.
    Ich betrachtete die Kisten auf dem Boden. Die meisten waren noch zugeklebt, aber ein paar waren schon halb ausgepackt, und man konnte die Akten darin sehen, mit schwarzem Marker beschriftet: »Lügen 1981–2011«, »Wahrheiten 1981–2011«, »Freunde 1989–2011«, »Familienbande Silchester«, »Familienbande Stewart«. Es gab eine Kiste für »Lucys Freunde«, unterteilt in »Schule«, »Studium«, »Sonstiges« und jeweils einen Ordner für alle meine bisherigen Jobs – nicht dass ich dort viele Freunde gefunden oder behalten hätte. Dann gab es noch eine Schachtel mit der Aufschrift »Urlaub« mit getrennten Fächern für jede meiner Reisen samt Datum. Ich ließ den Blick über die Kisten schweifen, Daten und

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