Ein Moment fürs Leben. Roman
Mitarbeiter, auf den er und das Unternehmen sehr stolz sein können.«
Selbstbewusst reckte Steve das Kinn in die Höhe. Dann nickte er. »Danke«, sagte er, nahm den Revolver in die andere Hand, ging zu Augusto und streckte ihm die blutige Rechte entgegen, die dieser ohne Zögern ergriff. »Vielen Dank«, wiederholte Steve. »Es ist mir eine Ehre, für Ihre Firma zu arbeiten.«
Augusto nickte, wachsam und erschöpft zugleich.
Dann fiel die Türklinke zu Boden, die Tür sprang auf, der Schreibtisch wurde schwungvoll zur Seite geschoben, und drei Männer stürzten sich auf Steve.
Sobald ich an diesem Tag Gelegenheit fand, griff ich zum Telefon.
Er meldete sich.
»Okay«, sagte ich, und meine Stimme zitterte immer noch von dem Schock. »Ich treffe mich noch mal mit Ihnen.«
Kapitel 11
Wir vereinbarten, uns am nächsten Tag bei meinem Starbucks an der Ecke zu treffen. Am Tag des Vorfalls im Büro war ich dazu nicht mehr in der Lage, ich wollte nichts und niemanden mehr sehen außer MrPan und meinem Bett, aber meine Mutter hatte irgendwo in den Nachrichten von der Sache gehört und war außer sich vor Sorge. Mein Vater tobte. Mum hatte ihn im Gericht benachrichtigen lassen, dass im Büro seiner Tochter jemand mit einer Pistole herumfuchtelte, und Vater hatte mitten in der Verhandlung eines kontroversen prominenten Falls eine Pause beantragt. Auf der Heimfahrt hatte er zum ersten Mal in seinem Leben die Geschwindigkeitsbegrenzung überschritten, um möglichst schnell zu Mum zu kommen, und dann hatten sie zusammen am Küchentisch gesessen, Apple Pie gegessen und Tee getrunken, hatten geweint und sich im Arm gehalten, während sie in Lucy-Anekdoten schwelgten und meiner Seele gedachten, als wäre ich im Büro erschossen worden.
Okay, ich hab gelogen.
Wie mein Vater darüber dachte, weiß ich nicht genau – vermutlich war die Grundlage, dass ich es nicht besser verdient hatte, weil ich mir einen derart belanglosen Job bei dermaßen ordinären Menschen zugelegt hatte –, aber ich war auch nicht in der Stimmung, seine Meinung zu erfahren. Ich hatte mich geweigert, meinen Eltern einen Besuch abzustatten, hatte darauf beharrt, dass es mir gutging, obwohl mir diesmal bewusst war, dass ich log, und so war Riley unangemeldet vor meiner Tür gelandet.
»Eure Kutsche steht bereit«, sagte er, als ich zur Tür kam.
»Riley, mir geht’s gut«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass das alles andere als glaubwürdig klang.
»Nein, es geht dir nicht gut«, entgegnete mein Bruder. »Du siehst beschissen aus.«
»Danke.«
»Hol deine Sachen und komm mit. Wir fahren zu mir. Mum ist auch da.«
Ich stöhnte laut. »Bitte, ich hab sowieso schon einen schweren Tag hinter mir.«
»Red doch nicht so über sie«, sagte er, ausnahmsweise sehr ernst, und sofort fühlte ich mich schlecht. »Sie macht sich Sorgen deinetwegen. Es kam den ganzen Tag in den Nachrichten.«
»Na gut«, gab ich nach. »Warte hier.«
Damit schloss ich die Tür und fing an, meine Sachen zusammenzusuchen, aber ich konnte nicht denken, ich war wie betäubt. Schließlich sammelte ich nur mich selbst und holte meinen Mantel. Als ich auf den Korridor trat, unterhielt sich Riley mit meiner Nachbarin, deren Namen ich vergessen hatte. Er neigte sich zu ihr, ohne mich wahrzunehmen, und erst als ich mich so lang, laut und verschleimt räusperte, dass es im ganzen Flur widerhallte, geriet ich wieder in seinen Fokus. Verärgert über die Unterbrechung sah er mich an.
»Hi, Lucy«, sagte meine Nachbarin.
»Wie geht es Ihrer Mutter?«
»Nicht so gut«, antwortete sie, und zwischen ihren Augenbrauen erschienen tiefe Sorgenfalten.
»Waren Sie schon bei ihr?«
»Nein.«
»Oh. Wenn Sie hinwollen … Sie wissen ja, dass ich hier bin.«
»Deine Nachbarin scheint sehr nett zu sein«, sagte Riley, als wir in seinem Auto saßen.
»Sie ist nicht dein Typ.«
»Was soll das denn heißen? Ich hab keinen Typ.«
»O doch. Hirnlose Blondinen.«
»Stimmt überhaupt nicht«, sagte er, »ich nehme auch hirnlose Braunhaarige.«
Wir lachten.
»Hat sie dir von ihrem Baby erzählt?«
»Nein.«
»Interessant.«
»Versuchst du, sie schlechtzumachen? Wenn du mir erzählst, dass sie ein Baby hat, wird das wohl kaum funktionieren, schließlich hatte ich mal eine Beziehung zu einer Frau mit zwei Kindern.«
»Aha. Du interessierst dich also tatsächlich für sie.«
»Vielleicht ein bisschen.«
Mir kam das seltsam vor. Schweigend saßen wir nebeneinander, und mir fiel wieder ein,
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