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Ein Mord den jeder begeht

Ein Mord den jeder begeht

Titel: Ein Mord den jeder begeht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zufällen wie von festen und dichten Wänden geleitet.
    Der Weg war dieses Mal nicht lang. In eine Seitenstraße die Schritte lenkend, an deren Ecke ein seltsam verfallenes, scheinbar sehr altes Gebäude stand, ging das Paar den verlassenen Bürgersteig entlang, kreuzte dann die Fahrbahn und verschwand im Tor des gegenüberliegenden Hauses. Castiletz, der gezwungenermaßen einen ziemlich großen Abstand hatte einhalten müssen, stellte nun eilfertig die Hausnummer fest und weiterhin auch den Namen der Straße.
    Hier hieß es nun eigentlich warten. Gegenüber, in nächster Nähe, leuchteten wieder, matt verhangen, die Fenster einer Wirtschaft, von wo aus es wohl möglich gewesen wäre, das fragliche Haustor im Auge zu behalten. Jedoch erschien Castiletz eine solche Geduldprobe entbehrlich. Für diesmal war er beruhigt, gleichsam gesättigt. Den Weg sorgfältig beachtend, fand er ohne Mühe zum Endbahnhofe zurück; und späterhin, durch den langen Tunnel der ›Stadtmitte‹ eilend, sogleich in den richtigen Zug, welcher Sherlock Holmes nach wenigen Minuten bereits in die Nähe seines Hotels gebracht hatte. Castiletz begann sich an Berlin zu gewöhnen. Wo man was erlebt, dort ist man bald daheim.
    46
    Frühzeitlich am nächsten Morgen (Conrad hatte nachts noch weit über eine Stunde im blauen Hefte geschrieben) klingelte das Telephon, welches an das Bett gestellt worden war.
    »Kokosch«, sagte Günther, »der Mann hat mich gestern gefragt, ob ich Interesse für besonders schönen Schmuck hätte, den er zu verkaufen gedenkt, Familienbesitz und so. Seine Frau habe die Dinge nie getragen, ein Teil sei vor vielen Jahren von ihm geradezu als fester Wert, als Anlage gekauft worden, und nun müsse er das flüssig machen. Du, mir blieb dermaßen die Luft weg, daß ich eine große Dummheit beging.«
    »Und welche?« fragte Castiletz.
    »Ich sagte: nein, ich hätte kein Interesse. Ich sagte das automatisch, wie man dergleichen eben sagt. Meine Frau hat genug Schmuck, und obendrein mag sie gar keinen. Ich sagte es vielleicht auch abwehrend, förmlich im Schreck, weil da so etwas an mich herankam. Jedenfalls ein schwerer Fehler. Ich hätte möglicherweise Gelegenheit bekommen, den Schmuck einmal zu besichtigen, und damit hätten wir doch, an Hand deiner genauen Beschreibung, allerhand feststellen können.«
    »Allerhand«, bestätigte Castiletz, der sich nun im Bette zurechtsetzte. »Ich kann dir sogar noch mehr verraten. Wenn du etwas Interesse markiert hättest, dann wäre dir der Schmuck vielleicht gestern schon gezeigt worden. Er trug ihn nämlich bei sich.«
    »Wie – das konntest du feststellen?!«
    »Ja, gestern abends, draußen im Norden, in Pankow. Er hat dort eine Helfershelferin, ein Frauenzimmer. Diese übernahm das Stück. Derlei geht oft durch viele Hände. Ich für mein Teil habe überhaupt den Eindruck, daß dieser Mann ein sogenanntes Doppelleben führt.«
    »Einen Augenblick nur, Quiek, ich erzähle dir dann gleich alles ganz genau – «, so hörte man Günther jetzt beiseite sprechen. Dann sagte er in die Muschel:
    »Jetzt geht’s schon hart auf hart, scheint mir. Den müssen wir fassen. Jetzt, nach neun Jahren, wagt er sich mit dem Schmuck hervor! Ich will jedenfalls trachten, meine Scharte auszuwetzen, und werde in dieser Sache mit ihm wieder Verbindung suchen. Unter irgendeinem Vorwande. Ich hätte mir’s überlegt, oder ich hätte plötzlich Bedarf, wegen eines Geschenkes, das ich machen müßte.«
    »Er wird mißtrauisch werden«, sagte Castiletz.
    »Nun, das wäre ja für uns ein Fingerzeig mehr!«
    »Allerdings«, bemerkte Castiletz.
    »Wann sehe ich dich?! Du mußt uns alles ganz genau erzählen, was da draußen in Pankow war. Quiek stirbt vor Neugier.«
    »Hier liegt eben die Schwierigkeit. Ich weiß auch nicht, wann ich Gelegenheit haben werde, meine Nachforschungen fortzusetzen. Wohl möglich, daß heute schon eine Konferenz stattfindet, und abends werde ich wahrscheinlich mit den Herren ausgehen. Sobald ich frei bin, hörst du von mir.«
    Bemerkenswert war es immerhin, und schon beinahe irgendwie fachmännisch, in welch stiller Übereinkunft und wie sorgfältig die beiden es vermieden, den Namen Peitzens am Telephon auszusprechen. Conrad fühlte sich gerade durch diesen Umstand in hohem Maße befriedigt.
    Eine halbe Stunde später langten von seiten Klinkarts andere Nachrichten ein. Man hatte tatsächlich ein Konferenzzimmer hier im Hotel belegen lassen, und am Vormittage fand dann eine

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