Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
sie Styles links liegen und wandte sich an mich. »Das ist nun wirklich nicht der passende Augenblick für einen Besuch, Inspector Ross! Sie und Ihre Frau scheinen wohl beide zu denken, dass Sie zu jeder Tages- und Nachtzeit vor meiner Haustür auftauchen und Einlass erwarten können. Ich habe eine Gesellschaft im Haus. Gehen Sie weg!«
Das war deutlich genug. Styles gefiel es nicht. Er hatte eine finstere Miene aufgesetzt und kramte nach seinem Haftbefehl.
»Das hier ist Inspector Styles, der eigens von der Polizeibehörde in Manchester hergekommen ist«, sagte ich zu Mrs. Scott.
Sie starrte Styles an, der ihren Blick ungerührt erwiderte. »Ach, tatsächlich?«, sagte sie herablassend. »Und ich vermute, in Manchester ist es üblich, dass man zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit Hausbesuche unternimmt?«
Aus dem vollen Bart von Styles erklang ein tiefes Rumpeln, das an einen vor dem Ausbruch stehenden Vulkan erinnerte.
»Inspector Styles hat einen Haftbefehl für einen Mann«, beeilte ich mich zu sagen, »von dem wir annehmen, dass er einer Ihrer Gäste ist.«
Styles hielt ihr den Haftbefehl hin. Er wurde ihm aus der Hand gerissen.
»Pah!«, sagte die Lady, nachdem sie ihn gelesen hatte. Sie streckte ihn Styles hin, und er nahm ihn hastig wieder in Besitz. »Dieser Haftbefehl ist ausgestellt auf eine Person namens Jeremiah Basset. Ich kenne die Namen sämtlicher Gäste in meinem Haus, Inspector, und keiner von ihnen heißt Basset.«
»Das mag sein«, sagte ich. »Sie kennen diesen Mann unter dem Namen Fawcett.«
Ein erschrockenes Ächzen folgte auf meine Worte, und tiefe Röte stieg ihr in die Wangen. »Unsinn!«, schnappte sie.
»Keineswegs, Madam. Er wurde erkannt und identifiziert. Er hat in der Vergangenheit zahlreiche Namen getragen. Ich muss Sie bitten, uns nicht an der Ausübung unserer Pflicht zu hindern.«
Styles wartete nicht ab, bis die Höflichkeiten ausgetauscht waren. Er schob sich einfach an ihr vorbei und eilte zur Salontür.
»Wagen Sie es nicht, meine Gäste zu stören!«, protestierte Mrs. Scott so laut, dass es im Salon deutlich zu hören war.
»Verdammt!«, murmelte ich und rannte an ihr vorbei hinter Styles her.
Die Tür flog auf, und wir platzten in die Versammlung. Das resultierende Durcheinander war vorhersehbar, aber dennoch beeindruckend. Damen kreischten, die wenigen anwesenden Gentlemen sprangen auf, Porzellan fiel zu Boden und zersprang, Tee und Gebäck segelten durch die Luft. Ein Papagei gab eine Serie von ohrenbetäubenden Schreien von sich, während er mit den gestutzten Flügeln flatterte und in Panik zwischen den Drahtwänden seines Käfigs hin und her sprang.
Inmitten von alledem stand Fawcett. Er reagierte genauso, wie es zu erwarten stand. Beim ersten Anblick von Styles’ stämmiger, bärtiger Gestalt wandte sich der falsche Prediger ohne weitere Umschweife zur Flucht. Er rannte in Richtung einer Tür auf der anderen Seite des Salons. Styles und ich setzten zur Verfolgung an, jedoch wurden wir von der aufgebrachten Menge und von den kleinen Tischen überall im Raum behindert. Die Tische kippten um, weiteres Gebäck wurde verstreut, neuerliche Schreie und Klagerufe erhoben sich und wenigstens zwei der Ladys wurden ohnmächtig. Zwei der anwesenden Gentlemen versuchten uns zu packen, doch wir stießen sie beiseite, und einer der beiden fiel über eine Vitrine, die er mit sich riss. Der Inhalt verstreute sich scheppernd über den Boden.
Die Tür, durch die Fawcett zu flüchten versuchte, führte in ein weiteres Zimmer auf der Rückseite des Hauses. Wir sprangen hinter Fawcett her und kamen gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie er durch ein Fenster nach draußen in den Garten kletterte.
Es war ein schmales Fenster, und in unserem Eifer, den Fliehenden zu packen, behinderten Styles und ich uns gegenseitig. Ich war schlanker und beweglicher als mein Begleiter und kletterte schließlich zuerst hindurch. Hinter mir hörte ich den wesentlich schwerer gebauten Styles laut fluchen, während er sich durch die enge Öffnung zwängte.
Fawcett sprintete unterdessen über den Rasen auf ein paar Rhododendren zu. Er schien genau zu wissen, wohin er wollte. Irgendwo muss es ein Tor geben …, dachte ich, während ich hinter ihm herhechelte. Er weiß, wo es ist. Wo steckt O’Reilly?
Wie als Antwort auf meine Gedanken trat O’Reilly genau in diesem Augenblick zwischen den Rhododendren hervor. Fawcett, vom eigenen Schwung vorangetragen, hatte keine Chance mehr,
Weitere Kostenlose Bücher