Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
mir«, sagte ich übellaunig.
»Hey«, meldete sich O’Reilly zu Wort. »Falls Sie ihn erneut befragen – was auch immer er sagt, genießen Sie es mit gehöriger Vorsicht, Sir. Er hat eine äußerst lebhafte Fantasie, unser Jeremiah Basset – oder Joshua Fawcett, wie er sich hier bei Ihnen nennt.«
Ich vermutete stark, dass O’Reilly recht hatte. Aber war Fawcett unser Mörder? Das ist nicht die Art und Weise, wie ein Hochstapler arbeitet, sagte ich mir einmal mehr. Ich denke das, Styles denkt das, selbst wenn er sich vorsichtig ausdrückt mit seiner Antwort. Aber irren wir uns beide? Ein Mann, der verzweifelt genug ist, hat Styles eben gesagt …
»Ich vermute, Sie sind kein Londoner, Mr. Ross?«, beobachtete Styles unvermittelt und riss mich aus meinen Gedanken.
»Nein«, antwortete ich. »Ich komme aus Derbyshire.«
»Tatsächlich? Und was hat Sie nach London geführt?« Beide, sowohl Styles als auch O’Reilly, starrten mich verblüfft an.
»Ich hatte gehofft, hier ein Vermögen zu machen«, antwortete ich ironisch.
»Was denn, als Polizeibeamter?«, warf O’Reilly ein und stieß einen Pfiff aus.
»So schlecht habe ich es nicht getroffen!«, erwiderte ich grob. »Für einen Jungen, der in den Kohlengruben angefangen hat!«
»Ich habe zufällig eine Tante in Derbyshire«, rumpelte Styles. »Sie wohnt in Ashby-de-la-Zouch. Als junges Mädchen hatte sie einen ganz schlimmen Unfall, der darin resultierte, dass sie heute mit einem Holzbein durch die Gegend läuft.«
Ich machte mich innerlich darauf gefasst, mir die Geschichte von Styles’ Tante und ihrem verlorenen Bein anzuhören. Glücklicherweise waren wir da, bevor er richtig loslegen konnte.
Wir fanden das Haus, in dem unser Mann logierte, ohne weitere Mühen. Dort angekommen, blickten wir hinauf zu den Erkerfenstern und fragten uns, ob er uns hinter den Gardinen beobachtete und sich fertig machte zur Flucht.
»Gibt es einen Hintereingang?«, wollte Styles wissen. Plötzlich wirkte er gar nicht mehr so zuversichtlich. »O’Reilly, Sie gehen besser nach hinten und passen dort auf. Falls er uns bemerkt, wird er versuchen zu fliehen.«
»Möglicherweise gibt es eine Gasse hinter dem Garten«, sagte ich beim Gedanken an mein eigenes Haus. »Einen hinteren Zugang für Lieferanten.«
O’Reilly trottete gehorsam davon, um Fawcett jede Fluchtmöglichkeit nach hinten abzuschneiden. Styles und ich gingen zur Vordertür. Er kontrollierte noch einmal den Haftbefehl in seiner Manteltasche, und ich hob die Hand, um den Messingklopfer zu betätigen. Er war geformt wie ein Hufeisen. Vielleicht brachte uns das Glück.
Zuerst jedoch schien es nicht so. Die Tür wurde von einer pummeligen, respektabel dreinblickenden Frauensperson in einer Schürze geöffnet. Das Kleidungsstück sah aus, als hätten wir seine Trägerin bei der Zubereitung von Kuchenteig gestört.
Wir erkundigten uns, ob Mr. Joshua Fawcett zu sprechen sei.
»Du lieber Himmel, gibt es etwa noch mehr Probleme mit einem seiner geretteten Schäfchen?«, fragte die Wirtin. »Der arme Mr. Fawcett war am Donnerstag die ganze Nacht außer Haus, nachdem zwei Polizeibeamte hergekommen waren, um ihn zu sprechen. Er hat mir hinterher erzählt, als er wieder zu Hause war, dass er als Leumundszeuge für einen der armen Kerle auftreten musste, die er überzeugt hat, vom Alkohol abzulassen, und der wieder rückfällig geworden und auf die schiefe Bahn geraten war. Mr. Fawcett hat wirklich alles getan, was in seiner Macht stand, um dem Burschen zu helfen.«
Ich wechselte einen Blick mit Styles, der die buschigen Augenbrauen hob. Wir hatten beide keine Zweifel, dass Fawcetts geniale Schlagfertigkeit ihn auch diesmal nicht im Stich gelassen hatte. Er war zu Hause von der Polizei abgeholt worden, hatte die gesamte Nacht in Polizeigewahrsam verbracht und es dennoch geschafft, dieser vertrauensseligen Frau einzureden, dass er wegen einer guten Sache unterwegs gewesen war.
»Bitte erschrecken Sie nicht, Ma’am«, sagte ich. »Wir möchten lediglich mit Mr. Fawcett reden. Wenn Sie ihn informieren könnten, dass wir hier sind und ihn zu sprechen wünschen?«
»Ach, du meine Güte, Gentlemen!«, sagte die Wirtin freundlich. »Normalerweise wäre das sicherlich kein Problem, aber heute …«
Mein Mut begann zu sinken. Styles murmelte etwas Unverständliches in seinen Bart.
»Ist … ist er nicht zu Hause?«, krächzte ich.
»Nein, Sir.«
»Man hat uns informiert«, sagte ich verzweifelt, »dass er
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