Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
anderen am Galgen baumeln!«
»Dann helfen Sie mir gefälligst, den wahren Mörder zu finden, Fawcett«, sagte ich und lehnte mich abwartend zurück.
Er seufzte und zuckte die Schultern, dann sank er resigniert zusammen. »Also schön. Ich gebe es zu. Ja, es war eine Dummheit von mir, aber … ich hatte ein Verhältnis mit Allegra Benedict. Normalerweise wäre ich dieses Risiko nicht eingegangen. Ich habe so etwas noch nie gemacht. Es ist nicht so, dass es mir an Gelegenheiten gemangelt hätte.« Er bedachte mich mit einem schiefen Grinsen. »Ich prahle nicht, doch Sie müssen wissen, Inspector Ross, es gibt einen gewissen Typ Frauen, die leicht zur Beute eines guten Predigers werden – oder irgendeines Mannes mit einem gewissen Maß an Autorität. Es ist nicht nur, dass so eine Frau seinen Worten blindlings glaubt, sondern sie entwickelt eine Leidenschaft für die Person selbst. Fragen Sie mich nicht wie oder warum, es passiert einfach, und es geschieht nicht gerade selten. Ich war mir dessen immer bewusst und der Gefahren, die es heraufbeschwört, und so habe ich mich stets bemüht, einer derartigen Situation aus dem Weg zu gehen. Aber Allegra … sie war anders.«
Er schwieg für eine Weile. Ich wartete geduldig. In seinem Gesicht war etwas, das ich vorher nicht bei ihm gesehen hatte, und ich wage zu behaupten, dass wenige Leute diesen Ausdruck bei ihm kannten. Ein Ausdruck aufrichtigen Bedauerns.
»Sie haben sie nicht gesehen, als sie noch gelebt hat, Inspector. Sie war nicht nur schön, auch wenn ihre Schönheit ganz und gar außergewöhnlich war, sondern voller heimlichem Verlangen, voller Sehnsucht, voller Möglichkeiten, die noch nie jemand bei ihr entdeckt hatte.« Er stieß ein leises, beinahe verlegenes Lachen aus. »Ich klinge wie ein Schreiber von billigen Romanen, aber in ihrem Fall war es tatsächlich so. Sie kennen das Märchen von Dornröschen, nehme ich an? Allegra war in mancherlei Hinsicht wie Dornröschen. Jeder Mann sehnte sich danach, sie zu küssen und wieder zum Leben zu erwecken.« Sein Lächeln wurde traurig. »Und genau das habe ich getan.«
»Und dann stellten Sie fest, dass Sie eine gefährliche Kreatur erweckt hatten«, mutmaßte ich.
Er nickte. »O ja. Es war nur eine Frage der Zeit, bevor der Ehemann erkannte, was vor sich ging. Die Situation, wäre sie ihm bekannt geworden, hätte zu drastischen Maßnahmen von seiner Seite geführt. Er ist ein einflussreicher Mann mit Beziehungen und in einer Position, die ihm eine Scheidung von seiner Frau ermöglicht hätte. Außerdem wäre mein Name gefallen.
Ich versuchte Allegra das Risiko klarzumachen, die Erfordernis absoluter Diskretion und die notwendige Verschleierung, die ständige Aufmerksamkeit erforderte. Doch sie hatte kein Verständnis für diese Dinge. Diskretion und Verschleierung bedeuteten ihr nichts. Im Gegenteil, das Risiko war ein Nervenkitzel für sie.« Er seufzte. «Trotz alledem dachte ich bis zuletzt, dass niemand etwas von unserer Affäre bemerkt hätte.«
Er zuckte ärgerlich mit den Schultern. »Natürlich wusste Isabella Marchwood Bescheid. Sie war unabdingbar für unsere Pläne, doch ansonsten dachte ich wirklich, dass mir noch eine Weile blieb. Mir war klar, dass ich irgendwann meine Zelte abbrechen und verschwinden musste. Jedoch dachte ich nicht, dass der Moment bereits gekommen wäre. Ich redete mir ein, dass es noch nicht so weit war.«
»Sie haben sie geliebt«, sagte ich leise und überraschte mich mit meinen Worten genauso sehr wie Fawcett.
Er dachte darüber nach. »Ja«, sagte er sodann. »Vermutlich haben Sie recht.«
»Haben Sie sich je im Green Park mit ihr getroffen?«
»Ja. Mehrmals. Wir sind von dort aus mit einer Kutsche zu einem kleinen Hotel gefahren, von dem ich weiß, dass das Personal diskret ist.«
Es gab mehrere derartige Etablissements in London, Hotels nur dem Namen nach. Einige waren kaum mehr als Bordelle und lieferten die Mädchen gleich mit, falls erforderlich. Heimliche Liebespaare und andere Personen mit der Notwendigkeit für einen privaten Ort, an dem man über sehr geheime Geschäfte reden konnte, gingen ebenfalls dorthin. Wie dem auch sein mochte, diejenigen, die dort Zimmer anmieteten, blieben selten länger als eine oder zwei Stunden. Doch die Betreiber kniffen beide Augen zu, und niemand vom »Hotelpersonal«, wie sich die Puffmutter und ihre Schläger nannten, gab irgendwelche Dinge weiter.
»Als ich von ihrem Tod erfuhr, war ich vollkommen fassungslos«,
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