Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
Mrs. Scott fürchtete, sie könnte reden, vielleicht sogar mit der Polizei, wahrscheinlicher jedoch mit Mr. Benedict. Verstehen Sie, Miss Marchwood wohnte immer noch in seinem Haus, The Cedars heißt es, in Egham. Es ist ebenfalls ein sehr vornehmes Haus, wie das von Mrs. Scott. Wie gesagt, der Ehemann war da, und sie litt schwer unter der Last ihrer Schuld. Deswegen war es wahrscheinlich, verstehen Sie? Dass sie mit ihm reden würde, nicht wahr?«
»Erzählen Sie uns, wie es dazu geführt hat«, forderte ich ihn auf.
Pritchard war mehr als bereitwillig. »Na ja, sehen Sie … ich fahre jedes Mal mit dem Zug nach Hause, von Waterloo nach Clapham, nach den Temperenzversammlungen, und an diesem Sonntag war das nicht anders. Ich wollte den Saal gerade verlassen, als ich sah, dass Miss Marchwood draußen mit Mrs. Ross redete …« Pritchard sah mich ernst an. »Eine sehr naseweise Person, Ihre Frau, wenn ich mir erlauben darf, das zu bemerken.«
Er durfte nicht, aber bevor ich etwas sagen konnte, mischte sich Dunn ein. »Reden Sie weiter, Mann!«
»Also ging ich zurück in den Saal und wartete dort, bis Mrs. Ross und dieses Mädchen, Bessie Newman, außer Sicht waren, weil ich nicht wusste, ob Mrs. Ross mir Fragen stellen würde. Ich dachte, es wäre möglich. Ich wusste schließlich nicht, was in ihrem Kopf vorging, verstehen Sie, im Kopf Ihrer Frau …« Erneut dieser ernste Blick zu mir. »Als sie weg waren, eilte ich zur Waterloo Station, weil ich so schnell wie möglich nach Hause wollte.«
»Sie hatten also nicht vor, sich zu verkleiden und die Straßenmädchen in jener Nacht zu erschrecken?«, wollte ich wissen.
Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, ich dachte, es wäre besser, wenn sich das Phantom für eine Weile bedeckt halten würde. Es hatte so viel Aufmerksamkeit und so viele Berichte in den Zeitungen gegeben.« Er konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken. Es war nicht zu übersehen, dass ihm seine traurige Berühmtheit viel Vergnügen bereitete.
Dann stieß er einen Seufzer aus. »Aber ich habe es vermisst, wissen Sie? In meinem Kostüm nach draußen zu gehen, meine ich. Es hat viel Arbeit gekostet, dieses Kostüm. Ich habe Blut aus dem Laden benutzt, um die Flecken zu machen. Deswegen dachte ich bald, dass das Phantom wieder auftauchen sollte. Deswegen nahm ich das Kostüm am letzten Sonntag mit zum Saal. Mr. Fawcett konnte seine göttliche Arbeit ja wohl kaum verrichten – Sie hatten ihn eingesperrt. Doch ich war frei, mein Werk zu tun.
Jedenfalls, als ich an diesem Sonntag zur Waterloo Station kam, bin ich erneut Miss Marchwood begegnet. Sie wartete auf den Zug nach Egham. Sie war erfreut, mich zu sehen, und sie fragte mich, ob ich eine Note an Mrs. Scott mitnehmen könnte, falls wir Stift und Papier fänden. Nun, ich hatte zwar keinen Federkiel, aber ich hatte einen Bleistift, den ich ihr leihen konnte. Keiner von uns hatte Schreibpapier zur Hand, doch ich hatte ein paar Flugblätter bei mir … die Flugblätter, die wir hatten drucken lassen, über unsere Temperenzversammlungen im Saal. Sie schrieb auf die Rückseite, in dem Vertrauen, wie sie sagte, dass Mrs. Scott dieses ungewöhnliche Papier entschuldigen würde. Sie faltete es und gab es mir.
Ich versprach ihr, dass ich ihre Note nach Wisteria Lodge – das ist das Haus von Mrs. Scott in Clapham, ein wirklich sehr schönes Haus, hatte ich das bereits erwähnt? – bringen und noch am gleichen Abend der Lady übergeben würde. Dann stieg ich in meinen Zug nach Clapham. Es gibt mehrere Züge, die von Waterloo aus dort halten, und ich stieg gleich in den ersten. Auf dem Weg nach Hause faltete ich den Brief auseinander und las, was Miss Marchwood geschrieben hatte. Ich gestehe, dass ich den Inhalt sehr beunruhigend fand.«
»Und Sie brachten den Brief zu Mrs. Scott, noch am gleichen Abend?«
Er nickte. »Ich begab mich geradewegs vom Bahnhof nach Wisteria Lodge. Ich ging nicht zuerst nach Hause, weil ich dachte, es wäre wichtig. Mrs. Scott war der gleichen Meinung. Sie war selbst noch nicht lange zu Hause, denn sie hatte zuerst den Pastor mit ihrer Kutsche zu seinem Logis gebracht. Sie sagte zu mir, dass Miss Marchwood aufgehalten werden müsste, genau wie die Benedict. Miss Marchwood hatte in ihrer Note geschrieben, dass sie am nächsten Tag vorbeikommen würde, am Montag, um Mrs. Scott zu besuchen. Sie teilte in ihrer Note den Zug mit, den sie von Egham zu nehmen gedachte, sodass Mrs. Scott Bescheid
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