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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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essen, worauf Sie Appetit haben — aber no smoke, understand you?« Er kurbelte den Operationsstuhl mit dem Fuß herunter, und Fräulein Faber war ihm behilflich, den Dicken aus dem Sitz zu zerren. Zwei Herren des Hofstaates eilten herbei und stützten ihren Herrscher unter den Armen. Der Emir spuckte noch ein paar Wattereste auf ihre Gewänder und nahm eine majestätische Haltung an. Die Leibwache umringte ihn, aber bevor er sich zum Abzug bereit machte, winkte sein wurststarker Zeigefinger den Dolmetscher Hassan herbei.
    »Chremmmm Grchum Groogchum«, begann der Emir. Es schien sich um eine hochoffizielle Ansprache zu handeln, denn die Wachen lauschten ehrfurchtsvoll, und Hassan benutzte die kurzen Pausen, die der Emir einlegte, um die Rede ins Deutsche zu übersetzen.
    »Gelobt sei Allah und gelobt sei der Prophet! Allah hat den Menschen viele Gaben verliehen. Mir, dem Emir von Khoranshar, schenkte er das Schwert der Gerechtigkeit, mit dem ich jenen Schurken die Köpfe abschlagen werde, die mir bisher Zähne gezogen haben. Dir, o Hakim, schenkte er die schmerzlose Zange, und dafür sei sein Name gespriesen!«
    Jedesmal, wenn der Name Allahs von des Emirs Lippen ertönte, warfen sich seine Begleiter zu Boden und berührten mit der Stirn den durch Zigarettenasche und Blut besudelten Linoleumbelag. Der Doktor, dem eine öffentliche Ehrung noch nie zuteil geworden war, blickte einigermaßen verlegen drein, und auch Fräulein Faber sah ein wenig betreten aus, wenn sich die Männer der Leibwache gerade ihr zu Füßen warfen.
    »Ich, der Emir von Khoranshar, Herr über zwölftausend Krieger und fünfzigtausend Kamele, Herrscher über das Land zwischen den Oasen Tufregg, Onar, Chalirum und Usarabene, danke dir, o Vater der Zange, dafür, daß du mich von meinen Leiden befreit hast, und versichere dich meines Wohlwollens. Ich werde dich rufen lassen, wenn ich deiner bedarf, denn ich habe zu dir und deiner Kunst Vertrauen gefaßt. Nichts gibt es auf der Welt, was einen Mann mehr entwürdigt als ein schmerzender Zahn, der läßt das tapferste Herz erzittern. Die Belohnung für deine Dienste wird dir zu gegebener Zeit mein Schatzmeister überreichen.«
    »Ich meine, Sie sollten etwas erwidern«, flüsterte Fräulein Faber dem Doktor zu, als der Emir seine Rede beendet hatte.
    Der Doktor kreuzte die Arme feierlich über der Brust und verneigte sich vor dem Herrn der Krieger und Kamele: »O Emir von Khoranshar, Herrscher der Gläubigen, es war mir eine hohe Ehre, dir zu dienen und dich von deinen Schmerzen zu befreien. Wenn du es wünschest, setze ich dir anstelle der verlorenen Zähne neue ein, Zähne, deren Glanz strahlender denn Perlmutter ist, auf daß dein Atem lieblich werde und dein Lächeln dereinst die Houris des Paradieses bezaubere!«
    »Go on!« rief der Emir und wollte auf den Stuhl zurück.
    »So schnell geht das leider nicht, o Emir«, sagte der Doktor bedauernd, »zuerst nämlich müssen sich die Wunden in deinem Munde schließen.«
    »Gut, Vater der schmerzlosen Zange, dann suche mich in meinem Hotel auf und sage mir, wann es so weit ist, daß du die fehlenden Zähne durch neue ersetzen kannst.« Er gab seinem Gefolge einen Wink, und der Zug formierte sich. Ein Leibtrabant übernahm die Spitze, zwei Würdenträger schlossen den Emir in ihre Mitte, der dritte schritt hinterdrein, und zwei Bewaffnete folgten als Rückendeckung. Der Doktor begleitete seinen hohen Patienten zum Lift und beförderte ihn persönlich ins Erdgeschoß. Dort wartete der Emir, bis sein ganzes Gefolge zu ihm gestoßen war. Jetzt brauchte er seine Leibwache wirklich, denn vor dem Hause hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, die beim Anblick der majestätischen Erscheinung des orientalischen Potentaten nicht nur keine Spur von Ehrfurcht und Respekt zeigte, sondern in sehr münchnerische und höchst despektierliche Bemerkungen über die Leibesfülle des Emirs ausbrach. Zum Glück hatte sich auch ein Polizeibeamter eingefunden, mit dessen Hilfe es den Leibwächtern gelang, dem Emir den Weg zu seinem Wagen zu bahnen und ihn zu verfrachten. Und natürlich befand sich auch ein Zeitungsreporter unter der Menge, der einen ganzen Film verschoß und sich zum Doktor durchkämpfte, als der letzte Wagen davonrollte.
    »Gestatten, Wurlitz von der Nachtpost... Wer war denn dieser wamperte Scheich eigentlich?«
    »Der Emir von Khoranshar...«
    »Teufel, Teufel, da habe ich ja wieder mal Massel gehabt! Und was hatten Sie mit dem Dicken zu

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