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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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unterbrach sie ihn. »Ich finde, daß Ihre Praxis ganz flott zu laufen beginnt. Sie hatten gestern fünf Patienten und vorgestern drei...«
    »Woher wissen Sie das?« fragte er verblüfft.
    »Ihr Terminkalender lag offen auf dem Schreibtisch...«
    »Haben Sie darin noch mehr entdeckt?« fragte er verkniffen.
    »Ich lese keine fremden Terminkalender«, antwortete sie ziemlich kühl, »und vor allem dann nicht, wenn diese Kalender als eine Art von Tagebuch geführt werden!«
    »Entschuldigen Sie«, bat er verlegen und erleichtert zugleich, daß sie den Eintrag, der sie selber betraf, nicht entdeckt zu haben schien.
    »Jedenfalls haben Sie nicht den geringsten Grund, sich zu beklagen!«
    »Nun ja, ab und zu fällt ein Spritzer vom warmen Regen auch auf mich...«
    »Und der Emir von Khoranshar? Nennen Sie das etwa auch einen Spritzer?«
    »Ich werde Ihnen genau sagen, was geschehen wird, Fräulein Faber. Einer von den Scheichen aus dem Morgenland wird sich erkundigen, was man hierzulande für die Extraktion von drei Zähnen zahlt, und ob Emir oder nicht, in den nächsten Tagen werde ich einen schäbigen Scheck über hundert oder zweihundert Mark kriegen. Kassieren sollte man nämlich, wenn die Leute die Zahnschmerzen haben, und nicht hinterher, wenn sie sie los sind.«
    Sie hob die Schultern und ließ sie sinken, als fehle ihr für solch einen Pessimismus jedes Verständnis, und verabschiedete sich mit einem: »Alsdann, Herr Doktor, also am Mittwoch um drei...«
    Er blieb eine Weile stehen, starrte auf die Wartezimmertür, die sie hinter sich geschlossen hatte, und stampfte schwer zu seinem Schreibtisch. Es sah aus, als hätte er Schneereifen unter die Sohlen geschnallt. Er nahm das Foto von Hannelore Danner in die Hand und betrachtete es mit finsterer Miene, warf es in die Schublade und schob sie mit einiger Vehemenz zu. Was hatte er sich da bloß eingebrockt!

6

    Es ging über seine Kraft, den Abend in der Gesellschaft von Onkel Paul und Tante Hedi zu verbringen. Er läutete daheim an und bat Elfriede, die sich am Apparat meldete, den Herrschaften auszurichten, daß er sich für den Abend mit einem Studienkollegen verabredet habe. Wenn die beiden erst vor dem Fernseher saßen, hatte er inquisitorische Fragen nicht mehr zu befürchten. Das forschende Auge von Tante Hedi ruhte in letzter Zeit immer länger auf ihm, sie fand, daß er, frisch verlobt und mit solch einem reizenden Mädchen dazu, eigentlich glücklicher aussehen müsse.
    Bevor er die Praxis verließ, erledigte er noch zwei Telefonate. Zunächst rief er Harpfing an, wo ihm Frau Danner bedauernd mitteilte, daß Hannelore im Augenblick nicht daheim wäre. Er bat sie, Hannelore zu bestellen, daß die morgige Verabredung leider ausfallen müsse, da er von seinem ehemaligen Chef zu einer Familienfeier eingeladen worden sei. Und der letzte Anruf galt dem Grand-Hotel, wo er sich bei Herrn Steinrück erkundigte, wie es dem hohen Patienten erginge. Er erfuhr, daß der Emir schmerzfrei und bei guter Laune sei und das Abendessen mit großer Ungeduld erwartet. Der Doktor warf einen Blick auf die Uhr. »Vor sieben keinen Bissen, Herr Steinrück! Ich mache Sie dafür verantwortlich. Und noch eins: sollte wider Erwarten etwas schiefgehen, so bin ich jederzeit privat zu erreichen«, und er gab Herrn Steinrück die Berwangersche Telefonnummer. »Ich bin spätestens um neun Uhr zu Hause und komme, wenn es sein muß, auch in der Nacht.«
    »Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet, Doktor...«
    »Wenn der Emir nicht vergißt, meine Arbeit zu honorieren, liegt der Dank auf meiner Seite!«
    »Ich bitte Sie, Doktor, in dieser Hinsicht brauchen Sie sich nun wirklich keine Sorgen zu machen!«
    »Ihr Wort in des Emirs Ohr! Aber da ist noch eine andere Sache, die mir Kummer macht: meine Praxis sieht nach dem Besuch des hohen Herrn aus, als ob eine Bombe darin krepiert wäre. Sein Hintern war für den Operationsstuhl zu gewaltig, und da haben seine Trabanten kurzerhand die Armlehnen abgebrochen...«
    »Dann setzen Sie den Stuhl doch einfach auf Rechnung!«
    »Das hat mir der Emir selber empfohlen...«
    »Na also! Warum zögern Sie dann?«
    »Der Stuhl kostete rund fünf Mille!«
    »Na und? Was meinen Sie, Doktor, was wir dem Herrn auf die Rechnung setzen werden! Was hier an Möbeln und Teppichen verwüstet worden ist, übersteigt Ihren Verlust um ein Zehnfaches oder noch mehr.«
    »Sie träufeln Balsam auf meine Wunden.«
    »Gern geschehen, Doktor, und weil Sie mir aus einer

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