Ein Mund voll Glück
Praxis auf gehalten worden bin.«
»Du widerlicher Angeber!«
»Laß nur — außerdem muß ich mich allmählich von Tante He-dis Nabelschnur lösen. Sie hat mir vor ein paar Tagen doch allen Ernstes vorgeschlagen, ich könnte, wenn ich einmal heiratete, mit der jungen Frau ins Berwangersche Haus ziehen...«
»Wie kam sie darauf? Trägst du dich etwa mit ernsthaften Absichten?«
»Keine Spur! Aber sie glauben doch noch immer an die Verlobung mit der Tochter vom Schwanenbräu in Harpfing.«
»Ach du liebe Güte! Komödien haben für gewöhnlich doch nur drei Akte. Im wievielten stehst du jetzt?«
»Der Vorhang ist gestern endgültig gefallen.«
»Da bist du aber froh, wie?«
Werner Golling antwortete mit einem etwas gedehnten Ja. Aber sie hatten inzwischen ihr Ziel erreicht, und der Eintritt in die Speiseräume des Pschorrbräu unterbrach das Gespräch und enthob ihn weiterer Erklärungen, weshalb seine Antwort nicht ganz so erleichtert geklungen hatte, wie Dr. Seehuber es erwartet zu haben schien. Das Lokal war überfüllt, aber schließlich verschaffte ihnen Dr. Seehubers Stammbedienung zwei Plätze an einem Achtpersonentisch, um den sich heute zwölf Gäste drängten.
»Richtig gemütlich ist es hier... «, bemerkte Werner Golling.
»Mein alter Herr versucht mir noch immer die Vorzüge des Familienlebens in den glühendsten Farben zu schildern...«
»Ist der Goldfisch, den dir dein Herr Vater so warm offerierte, denn noch zu haben? Ihr Herr Papa hatte doch was mit Kohlen und Heizöl zu tun, nicht wahr?«
»Du hast ein gutes Gedächtnis. Ja, die Dame ist noch frei. Aber schau mich jetzt nicht an, damit du nicht siehst, wie ich vor Scham erröte. Ich habe sie mir nämlich angesehen... «
»Wenn ich mich recht erinnere, dann schwärmte dein Vater von ihren prachtvollen Zähnen — und aus ihm spricht immerhin der Fachmann.«
»Ja, aber den Kropf hat er unterschlagen, der Schurke!«
»Das ist wirklich kein feiner Zug von deinem alten Herrn...«
»Er ist überhaupt kein feiner Mann. Stell dir vor, er hat unter der Hand Erkundigungen eingezogen, wie mein Laden läuft! Der letzte Sonntag in Rosenheim war alles andere als ein Familienfest. Sogar meine gute Mutter sieht mich an, als befürchte sie, ich würde demnächst Wechsel fälschen...«
Die Serviererin brachte ihnen die Speisekarte, und der Biermops stellte zwei Helle auf den Tisch. Dr. Seehuber hatte die Wahl zwischen drei Stammgerichten und entschied sich für Mastochsenfleisch mit Meerrettichsoße. Werner Golling nahm das gleiche.
»Manchmal bin ich so weit«, sagte der junge Anwalt düster, »daß ich mir die Heiratsinserate darauf ansehe, ob nicht eine Jungfrau dabei ist, die mir über die ersten Runden helfen könnte.«
Werner Golling setzte das Glas ab, das er gerade zum Munde führte, und starrte seinen Freund Seehuber an.
»Was ist los, Werner? Was hast du?«
Werner Golling grinste breit: »Komm, mein Söhnchen, auf ein Wort...«
»Was soll das?« fragte Alois Seehuber verständnislos.
»Du scheinst kein Opernfreund zu sein, wie?«
»Gib mir keine Rätsel auf!«
»Smetana — Verkaufte Braut — zweiter Akt — Duett Kezal Hans — na? na? na? — fällt der Groschen noch immer nicht?«
»Entschuldige, aber beim Stichwort Oper bin ich total vernagelt...«
»Weiß ich doch eine, die hat Dukaten, die hat Dukaten, hat Dukaten...!« Der Doktor summte sogar die Melodie, aber Herr Seehuber schien noch immer nicht zu begreifen, worauf er hinauswollte. »Außerdem ist sie bildhübsch und wünscht sich nichts mehr, als in München zu leben...«
»Wer, zum Teufel, von wem redest du?«
»Von Fräulein Hannelore Danner, der Tochter des Schwanenbräu in Harpfing. Sie bringt hundert Mille in die Ehe mit.«
»Aber du hast mir doch lang und breit erzählt, daß sie einen festen Freund hat!«
»Gehabt hat! Die Geschichte ist geplatzt. Sie hat dem Knaben den Laufpaß gegeben.«
»Wenn sie so hübsch und so nett ist, wie du sagst, weshalb bemühst du dich dann nicht selber um sie?«
»Du darfst dreimal raten...«, antwortete Werner Golling zögernd. Die Serviererin schleppte ein halbes Dutzend Platten heran. Das Mastochsenfleisch für die beiden Herren war dabei. Es schwamm in einer hellen Meerrettichsoße, deren Duft sanft in die Nase stach. Dr. Seehuber nahm eine Kostprobe und nickte befriedigt: »Ich glaube, wir haben nicht schlecht gewählt. Doch zurück zum Thema: wenn da eine andere Dame im Spiel ist, dann klang dein Bariton aber reichlich
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