Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
gleichzeitig über der Stadt zu entladen, und Windböen peitschten die niederstürzenden Wassermassen fast waagrecht am Fenster vorbei, »daß es gleich so dick kommen würde, habe ich allerdings nicht geahnt. Der reinste Weltuntergang. Aber, falls du es nicht wissen solltest, das Telefon funktioniert!«
    »Ich höre dich gehen. Hoffentlich war Fräulein Danner so wetterfühlig wie du und ist im Hotel geblieben.«
    »Du kannst ja mal probieren, ob du sie erreichst.«
    Werner Golling nickte und ging zum Apparat, aber im gleichen Augenblick, in dem er den Hörer aufnehmen wollte, läutete das Telefon für ihn selber.
    »Ich verschwinde«, sagte Alois Seehuber und zog sich diskret zurück, »aber denk an mich!«
    »Du kannst dich auf mich verlassen«, versicherte Werner Golling und hob den Hörer ans Ohr. Der Anruf kam von Fräulein Faber. Sie schien ein wenig außer Atem zu sein, als sie ihm mitteilte, daß sie des Unwetters wegen nicht in die Sprechstunde kommen könne. Außerdem aber habe der Sturm bei ihr daheim zwei ungesicherte Fensterflügel mit solcher Wucht zugeschlagen, daß die Scheiben herausgeflogen seien. Im Augenblick habe sie alle Hände voll zu tun, um eine Überschwemmung zu verhindern. Zwar habe sie die Fenster mit Decken zu verhängen versucht, aber der Sturm drücke sie immer wieder ein und der Regen dringe, wie aus Kübeln geschüttet, ins Zimmer.
    »Sind Sie allein in der Wohnung, Fräulein Faber?«
    »Ja, natürlich...«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen!«
    »Ich werde schon allein fertig, Herr Doktor, und ewig wird dieser Wolkenbruch ja nicht anhalten.«
    »Von wo aus rufen Sie an?«
    »Komische Frage, von daheim.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß Sie telefonisch zu erreichen sind. Geben Sie mir, bitte, Ihre Nummer.«
    Er hörte einen kleinen Aufschrei und die Worte »Lieber Gott, dieser Sturm...!« und dann nichts mehr. Fräulein Faber hatte aufgelegt. Wahrscheinlich hatte ein Windstoß die provisorische Fensterabdichtung wieder einmal eingedrückt, und das arme Mädchen mußte gegen Wind und Wellen kämpfen. Der Doktor knipste die Schreibtischlampe an und schlug das Telefonbuch auf. Der Name Faber füllte zwei volle Seiten, aber zum Glück gab es unter den fünfzig Fabers nur eine Irene, und er malte ihre Tele-
    fonnummer mit der roten Mine seines Dreifarbenstiftes auf einen Zettel. Dann läutete er den Königshof an. Die Telefonzentrale des Hotels stellte die Verbindung her. Hannelore Danner war tatsächlich auf ihrem Zimmer und meldete sich mit einem fragenden Hallo.
    »Servus, Hannelore, ich bin’s, Werner...«
    Die Überraschung schien ihr sekundenlang den Atem zu verschlagen: »Deinen Anruf habe ich wirklich nicht erwartet«, sagte sie schließlich, ihre Stimme klang nicht kühl und auch nicht abweisend, aber auch nicht gerade herzlich und erwartungsvoll. »Was gibt’s?«
    »Oh, nichts Besonderes — ich machte mir Sorgen, daß du in das Unwetter geraten sein könntest...«
    »Das Wetter brach los, als ich im Restaurant saß. Aber soll ich dir deine Besorgnis um mich wirklich abnehmen?«
    »Ich habe dir doch gesagt, daß wir Freunde bleiben...«
    »Nun ja«, murmelte sie nicht recht überzeugt, »aber nun sag schon, was steckt wirklich hinter deiner rührenden Sorge?«
    »Ach, Hannelore, du hattest dich doch auf ein paar nette Tage in München gefreut, nicht wahr?«
    »Jaja«, gab sie zögernd zu.
    »Und die habe ich dir verpatzt. Und ich war nicht einmal ganz ehrlich, dir den wahren Grund zu nennen, weshalb es zwischen uns beiden nichts werden konnte...«
    »Da bin ich aber neugierig...«
    »Kannst du ihn dir nicht denken?«
    »Ein Mädchen?«
    »Ja, ein Mädchen...«
    »So — so... Dann verstehe ich nur nicht, daß du mir das nicht schon früher gesagt hast.«
    »Weil ich ein Spätzünder bin. Weil ich erst vor eine Entscheidung gestellt werden mußte, um zu wissen, wohin ich gehöre.«
    »Dann spielte ich also sozusagen die Rolle des Wegweisers?«
    »Man könnte es so nennen...«
    »Deine Ehrlichkeit ist umwerfend, aber direkt schmeichelhaft finde ich sie nicht. Immerhin danke ich dir für den Anruf. Als das Telefon läutete, hatte ich mir gerade die Steppdecke über die Ohren gezogen, um mich vor dem Weltuntergang zu verkriechen.«
    »Das kann ich verstehen. Aber einmal muß es ja auf hören, und für den Fall, daß man am Abend ohne Gondel durch die Straßen kommt, möchte ich dir einen Vorschlag machen...«
    »Du machst es richtig spannend!«
    »Hör zu, Hannelore! Ich

Weitere Kostenlose Bücher