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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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unzähligen Verbeugungen zum luxuriös ausgestatteten Büro seines Chefs zu geleiten, der, von der Ankunft des Emirs telefonisch unterrichtet, dem illustren Gast auf halbem Wege entgegenkam, um ihn ehrerbietig zu begrüßen. Der Emir nickte huldvoll und murmelte seinerseits einige Worte, die Hassan auf deutsch wiedergab: Der Emir von Khoranshar sei von dem freundlichen Empfang beeindruckt, bäte aber um Beeilung, da seine Maschinen bereits seit einer Stunde startbereit auf der Riemer Rollbahn ständen; er hätte den Start auf eine spätere Stunde verlegt, wenn er geahnt hätte, daß die Auflösung seines Kontos so viele Umstände mache. Seines Wissens handle es sich doch nur um lächerliche zwei Millionen und einiges darüber. Als persönliche Bemerkung flüsterte Hassan Herrn Zerrgibel ins Ohr, daß es sich bei den Maschinen um zwei Boeings 707 handle, Privatflugzeuge natürlich, da der Emir nicht nur mit seinem Hofstaat und seiner vielköpfigen Leibwache, sondern auch mit einem Teil seines Harems unterwegs sei...
    Dem Direktor war es außerordentlich peinlich, die Verzögerung verursacht zu haben, aber er gab gütigst zu bedenken, daß Bargeld im deutschen Zahlungsverkehr nur eine geringe Rolle spiele und daß die Auflösung eines für hiesige Begriffe doch recht stattlichen Kontos eben eine gewisse Zeitspanne erfordert habe. Leider sei es auch nicht möglich gewesen, die ganze Summe in großen Banknoten bereitzustellen, da nicht nur Tausendmarkscheine, sondern auch Fünfhunderter einen gewissen Raritätswert besäßen.
    Der Emir stieß, nachdem Hassan ihm die Worte des Direktors verdolmetscht hatte, einen Laut des Unmuts aus und ließ einige Knurrtöne hören, die von Hassan frei übersetzt etwa lauteten: daß der Emir von einer Bank, die ihm von der Bank von England für seine deutschen Geschäfte empfohlen worden sei, etwas mehr erwartet habe — und ob man ihm sein Konto etwa in Münzgeld auszuzahlen gedenke!
    Davon war natürlich keine Rede. Die zwei Millionen und die Kleinigkeit darüber lagen, von zwei jungen stämmigen Bankangestellten bewacht, banderoliert und gebündelt auf dem Marmortisch der komfortablen Sitzecke des Chefbüros, ein Banknotenstapel von etwa einem Meter Länge, einem halben Meter Breite und der ansehnlichen Höhe von etwa vierzig Zentimetern. Sein Gewicht mochte schätzungsweise jenem eines zwanzigbändigen Lexikons im üblichen Großformat entsprechen...
    Der Emir, zuerst überrascht und dann empört, starrte auf die Scheine, die zum größten Teil aus Hundertern und Fünfzigern bestanden, und fragte drohend — was Hassan mit eingezogenem Genick eiligst übersetzte —, ob man ihn zum Narren halten wolle! Zum mindesten dürfe er doch erwarten, das Geld in Koffer verpackt vorzufinden! Er gab Hassan einen Wink, dieser zog einige Hunderter aus einem Banknotenbündel, drückte sie einem der jungen Herren in die Hand und befahl ihm im Auftrag des Emirs, auf der Stelle zwei geräumige Koffer zu besorgen. Der Rest sei fürstlicher Botenlohn.
    Ohne die Zustimmung seines Chefs abzuwarten, stürzte der junge Mann hinaus und kehrte, da ein Ledergeschäft der Zentralbank schräg gegenüberlag, nach wenigen Minuten mit zwei großen Schweinslederkoffern zurück. Ein Glück noch, daß die Ledersorte dem Emir und seinen Begleitern unbekannt war. Vielleicht hätte es noch zum Schluß eine Katastrophe gegeben, wenn die Krieger des Emirs geahnt hätten, daß ihre Hände mit der Haut jenes Borstentiers in Berührung kamen, das der Prophet für unrein erklärt hatte.
    Scheich Abdul Achmed, der Wesir der Finanzen, stellte, während die beiden Leibtrabanten des Emirs die Banknotenbündel in die Koffer stopften, eine Quittung über den Empfang der zwei Millionen und 263 447 DM aus und winkte gelangweilt ab, als der Direktor durch Hassan höflich anfragen ließ, ob er sich nicht davon überzeugen wolle, daß die Auszahlung korrekt erfolgt sei. Auch der Emir winkte gnädig ab und ließ dem Direktor sagen, daß er die Deutschen für ein tüchtiges Volk halte und vor allem als ehrliche Leute kenne und schätze. Es war ein großes Kompliment, das der Direktor der Zentralbank mit einer tiefen Verbeugung entgegennahm — sozusagen stellvertretend für den Bundespräsidenten. Der Emir nickte ihm einen letzten Salaam zu, die Leibwächter nahmen die Koffer auf, und wie der kleine Zug gekommen war, so entfernte er sich auch wieder, ein Trabant vorn, der Emir zwischen Hassan und seinem Wesir der Finanzen, und als Nachhut

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