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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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trabte der zweite Mann hinterdrein. In der Halle traten die Bankkunden ehrfürchtig zur Seite, denn schließlich bekam man einen Mann, dessen Vermögen stündlich um 20 000 Dollar anwuchs, nicht alle Tage zu Gesicht. Der Portier riß die Tür auf, die Herren aus dem Morgenland traten auf die Straße hinaus, und die grimmig blickenden Leibwächter des Emirs verstauten die Koffer in dem Wagen, in dem der Emir mit seinem Wesir Platz nahm. Zur gleichen Zeit besetzten Hassan, der Dolmetscher, Und die übrigen Männer den zweiten Wagen, und während die beiden Polizeibeamten, die dafür gesorgt hatten, daß die Straße vor der Bank frei blieb, stramm salutierten, rollten die beiden schweren Limousinen davon und nahmen später Richtung zum Flughafen. Der Bankbesuch hatte eine knappe Viertelstunde gedauert, und es war noch nicht halb zwölf, als die Polizisten die Parkstrecke vor der Bank wieder allgemein zugänglich machten und zu ihren eigentlichen Dienstobliegenheiten zurückkehrten.
    Der Doktor hatte einen guten Vormittag hinter sich gebracht. Zwar konnte man nicht gerade behaupten, daß die Patienten sich um die Stühle im Wartezimmer gerauft hätten, so daß er wie gestern genötigt gewesen wäre, sich Dr. Seehubers Mobiliar auszuleihen, aber kurz vor Mittag behandelte er den fünften Patienten und zwei saßen noch draußen.
    Die Dame, die als sechste an die Reihe kam, hieß Lehrbach, war Bankangestellte und erzählte ihm, als sie auf dem inzwischen reparierten Operationsstuhl saß, daß sie auf Empfehlung von Fräulein Faber zu ihm gekommen sei.
    »Ich wohne nämlich bei ihr als Untermieterin...«
    »Wirklich nett von Fräulein Faber«, murmelte er und warf einen Blick in seinen Terminkalender, »wenn Sie sie noch sehen, sagen Sie ihr bitte, sie möge daran denken, daß ich sie für heute nachmittag bestellt habe.«
    »Ein reizendes Mädchen...«, sagte Fräulein Lehrbach.
    »Mit einem nicht ganz leichten Schicksal...«
    »Das kann man wohl sagen! Plötzlich allein zu stehen und dazu noch für eine jüngere Schwester sorgen zu müssen... Ich habe großen Respekt davor, wie sie das geschafft hat.«
    »Ich habe leider das Gefühl, daß sie sich überanstrengt...«
    »Da mögen Sie recht haben, Herr Doktor. Was sie schreibt, hat Witz und Verstand. Aber davon leben? Ich habe ihr schon oftmals geraten, eine Halbtagsbeschäftigung anzunehmen. Man liest doch so viele Angebote in der Zeitung...«
    »Und was meint sie dazu?«
    »Sie kann sich nicht recht entscheiden...«
    »Schade«, meinte der Doktor und machte den Bohrer fertig, »ich suche seit längerer Zeit eine Hilfe, die mich wenigstens halbtags ein wenig entlasten könnte...«
    »Weshalb fragen Sie Fräulein Faber nicht?«
    »Na hören Sie«, sagte er und begann, die Reste der Plombe, die sich Fräulein Lehrbach kürzlich in Rimini an einem allzu zähen Kotelett ausgebrochen hatte, zu entfernen, »ich kann doch nicht einfach eine junge Dame, die zu mir als Patientin kommt, fragen, ob sie bei mir als Sprechstundenhilfe anfangen möchte.«
    »Neulich, als Sie den Emir behandelten, waren Sie aber gar nicht so schüchtern.«
    »Hat Ihnen Fräulein Faber davon erzählt?«
    »Wir haben Tränen gelacht«, kicherte Fräulein Lehrbach und spülte sich den Mund.
    »Soso...«, murmelte der Doktor und bereitete eine Zementfüllung vor, »der Zahn sieht sauber aus, aber ich gehe gern auf Nummer Sicher. Können Sie übermorgen um die gleiche Zeit wiederkommen?«
    »Gewiß, Herr Doktor...«
    »Schön, dann machen wir die Geschichte übermorgen fertig.«
    Er brachte Fräulein Lehrbach zum Ausgang und wollte die Tür zum Warteraum öffnen, um den letzten Patienten hereinzubitten, als das Telefon läutete. Er meldete sich und hob einigermaßen erstaunt die Augenbrauen, als er die Stimme seines Onkels Paul Berwanger vernahm. Es war das erste Mal, daß Onkel Paul ihn in seiner Praxis anrief.
    »Hallo, Onkel Paul, wo fehlt’s? Hast du etwa Zahnschmerzen?«
    »Hör mal zu, mein Junge«, sagte Onkel Paul hüstelnd, »ich will dich nicht beunruhigen, aber ich finde die Sache doch ein wenig merkwürdig...«
    »Wenn es sich um Hannelore Danner handelt«, sagte Werner Golling und mußte sich die Kehle ebenfalls freihusten, »das erkläre ich dir später...«
    »Was redest du da?« unterbrach ihn Paul Berwanger ungeduldig. »Es geht um etwas ganz anderes! Also kurz und böse: der Scheck von deinem famosen Emir ist ungedeckt! Das Konto in der Zentralbank ist heute vormittag gelöscht

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