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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Schultern. Breite Schultern, wie Pascoe bemerkte. Der kräftige Körperbau seines Bruders wiederholte sich hier, doch noch bedeckte ihn nicht Berties Fleischumhang. Er war ein kräftiger junger Mann, kräftig genug, um …
    »Ich habe sie umgebracht«, sagte er unumwunden.
    »Erzähl«, sagte Dalziel sanft.
    Warum geht seine Mutter nicht dazwischen?, fragte sich Pascoe. Es ist doch nicht notwendig, dass er diese Fragen jetzt beantwortet. Und vor allen Dingen könnte sie schon mal ihren Anwalt rufen.
    »Sie hat einfach ihre Sachen gepackt und gesagt, sie geht. Ich bin dazugekommen, als sie sich fertig gemacht hat, und als ich versuchte, sie zum Bleiben zu überreden, hat sie erst nur gelacht. Ich wollte, dass sie aufhört, und wir haben gerauft. Wir landeten auf dem Bett und, na ja, ich dachte, jetzt wäre wieder alles in Ordnung. Aber als es vorbei war, hat sie einfach weiter gepackt.«
    Er schwieg und sah seine Mutter an.
    Dalziel räusperte sich geräuschvoll.
    »Du hattest sie gern?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete der Junge kleinlaut. »Ich hab ihr gesagt, dass ich sie liebe. Ich dachte, ihr geht es genauso. Aber sie lachte wieder und sagte, ich solle erwachsen werden. Vorher hat sie mich nie wie ein Kind behandelt. Ich fing an, ihren Koffer auszuräumen, da wurde sie wütend. Sie stieß mich weg, und ich habe sie geschlagen. Sie fing an, Sachen über meinen Vater zu sagen …«
    »Was für Sachen?«, fragte Balderstone.
    »Dass dein Vater mit ihr geschlafen hat?«, sagte Dalziel eilig.
    »Ja. Das hat sie gesagt. Sie hat auch gesagt, dass ich ihr fürchterlich auf die Nerven ginge, genau wie er. Ich glaubte ihr nicht, aber dann fing sie an, auch Sachen über meine Mutter zu sagen. Da haben wir wieder gerauft, nur diesmal …«
    Seine Erregung war jetzt nicht mehr zu übersehen. Seine Mutter drückte ihn fester an sich, sagte aber immer noch nichts.
    »Aber du wolltest sie nicht umbringen«, drängte Dalziel.
    Kein Wunder, dass Bonnie sich keine Gedanken um einen Anwalt macht, dachte Pascoe. Daher kam Dalziels ungewohnter Tonfall. Es war die Stimme des Verteidigers, der versuchte, seinen Zeugen zu beeinflussen.
    »Nein, ich war nur wütend.«
    »Und dann bist du aus dem Zimmer gegangen und Herrie über den Weg gelaufen?«, fragte Dalziel.
    Er dachte an die Fotos, die er sich in Uniffs Zimmer angesehen hatte. Auf einem war Herrie zu sehen, wie er an der Tür stand und anscheinend mit jemandem im Flur sprach. Auf den folgenden Fotos war er nicht mehr zu sehen. Wo die anderen sich aufhielten, war bekannt. Außer natürlich, wo er und Bonnie waren – oben auf dem Bett (rasch unterdrückte sein Verstand das Bild) –, wo Papworth steckte, der angeblich im »Green Man« trank, und natürlich Annie Greave, die, wie er jetzt wusste, zu dieser Zeit bereits tot in ihrem Zimmer lag.
    Sein Verstand hatte zehn Tage Zeit gehabt, die beschränkte Anzahl von Permutationen auszuprobieren. In seinem Unterbewusstsein war Nigel schon aufgetaucht lange bevor er es ihm gestatten wollte, sich an die Spitze zu setzen.
    »Ja«, sagte der Junge. »Ich habe die Tür versperrt. Charley wollte rein, aber ich habe mich einfach nicht gerührt. Dann bin rausgeschlüpft und wäre fast Ihnen und meiner Mutter in die Arme gelaufen.«
    Er wandte sich an Bonnie und sagte: »Ich habe dich gesucht, aber als ich dich mit ihm zusammen sah, da konnte ich doch nichts sagen, oder?«
    Bonnie schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein, das konntest du nicht, mein Schatz.«
    Jetzt übernahm wieder Balderstone.
    »Warum haben du und dein Großvater die Leiche in Butts Wagen gelegt?«
    »Er wollte ja den Rover nehmen, aber Mutter hatte die Schlüssel, und sie war mit Mr. Dalziel zusammen. Mr. Butt hatte den Schlüssel stecken lassen. Herrie dachte, Mr. Butt sei so betrunken, dass es noch Stunden dauern würde, bis er den Wagen brauchte, aber kaum hatten wir den Kofferraumdeckel zu, kam er aus dem Haus. Mich hat er nicht gesehen, aber Herrie stand noch neben dem Wagen. Sie haben kurz geredet, dann ist er davongefahren.«
    Kein Wunder, dass der Alte geglaubt hatte, er könne sich als Köder anbieten. Wenn Butts Erinnerungsvermögen durch eine Vernehmung stimuliert worden wäre, so wäre sein Zusammentreffen mit Hereward am Wagen ein starkes Indiz gewesen. Pascoe fragte sich, wie weit der Alte wohl gegangen wäre. Sollten seine Aktionen nur der Ablenkung dienen, oder war er willens gewesen, die Sache bis zum Ende durchzustehen und ein Geständnis abzulegen, um

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