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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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wollen also hundert werden? Ha, wissen Sie, was da im Telegramm von der Queen steht?«
    »Nein. Was?«
    »Gib den Löffel ab, alter Trottel.«
    Fielding fand das so erheiternd, dass er sich an seinem Cognac verschluckte, und einen Augenblick lang dachte Dalziel, er würde dem angeblichen Befehl seiner Monarchin zuvorkommen. Doch die Ursache für die Aufregung wirkte auch als Heilmittel, und kurz darauf konnte Dalziel seine Befragung fortsetzen.
    »Mit welchem Zauberwort habe ich Sie also dazu gebracht, Ihre Meinung zu ändern?«
    »Eigentlich gab’s keines«, bekannte Fielding. »Ich wollte nur sichergehen, dass Sie sich nachhaltig bemerkbar machen würden, und das haben Sie ja auch mit bewundernswertem Gefühl für den richtigen Zeitpunkt getan. Mehrere tausend Pfund zu besitzen, wenn man unter einem Dach mit lauter Hungerleidern wohnt, ist kein angenehmer Zustand, Dalziel. Sie verstehen?«
    »Nein«, sagte Dalziel. »Nicht, wenn Sie damit nicht andeuten wollen, dass einer davon versuchen könnte, Sie aus dem Weg zu räumen. Das wollen Sie doch nicht sagen, oder?«
    »Natürlich will ich das sagen«, blaffte Fielding. »Was wollen Sie denn noch – Bibliographie und Inhaltsverzeichnis?«
    »Wenn Leute über Morddrohungen zu reden anfangen, dann will ich auch einen Beweis dafür«, antwortete Dalziel. »Na, kommen Sie schon. Das ist eine ernstzunehmende Anschuldigung. Was wissen Sie?«
    »Ich weiß, dass ich ein alter Mann bin«, sagte Fielding langsam, »und in den Augen vieler habe ich mein Leben gelebt. Ich weiß, dass ein alter Mann empfindlich gegen Hitze und Kälte ist, gegen Unfälle, Herzanfälle, gebrochene Knochen, Schwindel und Verdauungsbeschwerden. Ich gehe davon aus, dass ich nicht durch Dolche das Zeitliche segnen werde, durch Kugeln oder exotische Gifte. Aber sterben werde ich, und wie vermutlich viele Alte habe ich Angst, dass es vielleicht nicht der göttliche Schuhlöffel sein könnte, der mir den Einstieg in mein Grab erleichtert.«
    Dalziel trank kopfschüttelnd seinen Cognac und wunderte sich über diese seltsame und hingebungsvolle Unterwerfung unter die grässliche Tyrannei der Worte.
    »Na ja«, meinte er, »im Moment wird Sie jedenfalls keiner hier im Haus ins Jenseits befördern, nicht solange ich da bin.«
    »Ein tapferer Recke«, sagte Bertie von der Tür her. »Stoßt dreimal ins Horn, und Dalziel wird im Galopp zu Hilfe eilen.«
    »Was ist da draußen los, Bertie?«, fragte Fielding scharf. »Und verschone uns mit deinen geisttötenden Formulierungskünsten.«
    »Nicht viel«, sagte der beleibte Jüngling und ließ sich in einen Sessel fallen. Er schien sowohl seine Nüchternheit als auch seine Fassung wiedergewonnen zu haben. Aus der Blässe um seine Augen schloss Dalziel, dass er sich übergeben hatte.
    »Sergeant Cross hat allen Fragen gestellt«, sagte Tillotson, der Bertie ins Zimmer gefolgt war. »Aber jetzt ist er anscheinend durch. Stimmt es, dass Sie auch Polizist sind, Mr. Dalziel?«
    Dalziel sah ihn wohlwollend an. Hier war der Mann, der alles immer zuletzt erfuhr. Tillotson und seinesgleichen würden auch noch Tage, nachdem die Posaunen des Jüngsten Gerichts alle anderen vor den Thron Gottes berufen hatten, weiterleben wie bisher.
    »Ja, das stimmt«, sagte er.
    »Wirklich? Sir George Cheesman, der frühere Polizeipräsident von Worcester, ist mein Taufpate. Kennen Sie ihn vielleicht?«
    »Nein«, sagte Dalziel. »Aber ich hatte mal einen Wellensittich, der das Ruderlied der Etonianer pfeifen konnte. Was werden Sie alle jetzt tun?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine, Sie waren schon vorher ganz schön in der Klemme mit dem Restaurant. Aber jetzt, wo Ihr Schnaps futsch und die Herde im Eimer sind, stecken Sie richtig in der Scheiße.«
    »Was Ihnen großes Vergnügen bereitet, nicht wahr?«, fragte Bertie.
    »Nein. Überhaupt nicht«, antwortete Dalziel.
    »Wir sind doch hoffentlich gegen Diebstahl versichert?«, fragte Tillotson.
    Dalziel und Bertie lachten unisono.
    »Was ist daran so lustig?«, wollte Tillotson wissen.
    »Nach Ihnen«, sagte Bertie.
    »Also, erstens einmal wird sich im Moment keine Versicherung ein Bein ausreißen, um Schadensansprüche aus diesem Haushalt zu regulieren. Insbesondere nicht Anchor.«
    »Und zweitens«, ergänzte Bertie, »bezweifle ich, dass mein Vater seligen Angedenkens sich auch nur mit dem Gedanken herumgeschlagen hat, die neuen Geräte und alles andere zu versichern. Ich habe ihn einmal darauf angesprochen, bekam jedoch

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