Ein neuer Anfang?
aufgemacht wie das Büfett waren auch die meisten weiblichen Gäste. Kiloran hatte sofort das Gefühl, nicht schick genug angezogen zu sein. Da einige der Frauen sie neidisch anblickten, war sie froh, dass Adam erst vor kurzem aus den Staaten zurückgekommen war. Sie hätte es schrecklich gefunden, wenn jeder sie als seine Freundin Nummer zweiundzwanzig eingeordnet hätte.
Kiloran spielte ihre Rolle als weltoffene, kultivierte Freundin perfekt, indem sie sich angeregt unterhielt und pflichtschuldigst über die Witze lachte, von denen nur wenige wirklich komisch waren. Höflich, aber entschieden wehrte sie die Annäherungsversuche eines älteren Bankers ab, der schon etwas zu tief ins Glas geblickt hatte.
Adam beobachtete sie aus der Ferne. Kiloran beachtete ihn den ganzen Abend kaum, und diese ungewohnte Erfahrung machte ihn beinah verrückt. Verrückt nach Kiloran. Dabei fand er sie sowieso anziehend genug und hätte keine zusätzlichen Anreize gebraucht.
Irgendwann sah er zur Uhr. „Kiloran?“
Sie hob den Blick. „Hm?“
„Es wird Zeit, uns auf den Weg zu machen, meinst du nicht?“
„Ja, natürlich.“
Im Taxi konnte er sie endlich in die Arme nehmen. Das hatte er schon den ganzen Abend tun wollen. Er atmete ihren Duft ein und genoss es, sie zu berühren, ihre weiche Haut zu spüren.
„Ich fand, dass der Abend sich sehr lange hingezogen hat“, bemerkte er.
Da Adam in diesem Moment ihren Nacken küsste, fiel es Kiloran schwer, sich auf eine Unterhaltung zu konzentrieren. Trotzdem gelang es ihr, ihre Rolle weiterzuspielen. „Mir hat es Spaß gemacht.“
„Tatsächlich?“ Adam schob eine Hand unter ihren Mantel und streichelte ihre Brust. Dicht an ihrem Ohr flüsterte er: „Erzähl mir doch, was dir außerdem noch Spaß macht, Darling.“
Habe ich jetzt völlig den Verstand verloren? fragte sich Kiloran. Zu Beginn des Abends hatte sie sich gewünscht, dass er sie richtig küsste, statt Konversation zu machen. Jetzt wünschte sie sich, dass er weiterredete, statt sie zu küssen! Was wollte sie denn nun wirklich von ihm?
An diesem Punkt hörte sie auf zu denken. Es war so viel leichter, dem Zauber seines Kusses nachzugeben und sich auf eine Beziehung einzulassen, die zumindest einige, wenn auch nicht alle ihrer Wünsche erfüllte.
In den folgenden Wochen trafen sie sich gewöhnlich von Freitag bis Sonntagabend. Wochentags führte jeder sein eigenes Leben. Manchmal kam Adam heraus aufs Land, aber das war eher selten. An den meisten Wochenenden fuhr Kiloran nach London. Er wollte die Stadt, der er acht Jahre zuvor den Rücken gekehrt hatte, neu entdecken.
An seiner Seite erlebte Kiloran London ganz anders als zuvor, weil sie die Stadt nicht nur mit den eigenen, sondern auch mit Adams Augen sah. Und irgendwann merkte sie, dass sie sich in ihn verliebt hatte.
Zuerst wollte sie es einfach nicht glauben und versuchte, es sich wieder auszureden. Wie konnte sie sich in jemanden verlieben, der ihre Gefühle nicht erwiderte? Ganz einfach, sagte sie sich dann. Denn die unglückliche Liebe war der größte Herzensbrecher aller Zeiten und Thema vieler Tragödien.
Eines Sonntagabends fuhr Kiloran wieder einmal allein zurück nach Hause. Sie hatte starke Kopfschmerzen, nachdem sie ein Wochenende mit Adam in seiner Wohnung verbracht hatte. Einerseits war es schön gewesen, andererseits konnte es sie grundsätzlich nicht befriedigen. Am Samstagabend waren sie essen gegangen. Den Sonntagmorgen hatten sie im Bett verbracht, danach einen gemütlichen Brunch zu sich genommen und dabei Zeitung gelesen und anschließend im Park einen Spaziergang gemacht.
Sie hatten sich gerade noch einmal hingelegt, als das Telefon läutete. Der Anruf war aus Amerika gekommen, und Adam hatte so angeregt gesprochen, dass sie sich gefragt hatte, ob er überhaupt merkte, wie sie das Schlafzimmer verließ und duschen ging.
Nun überlegte Kiloran, wie lange seine Beziehungen wohl im Durchschnitt hielten. Und wie lange es dauern würde, bis er sie durch eine andere Frau, die er ebenso attraktiv fand, ersetzen würde, wenn sie sich von ihm trennte. Warum dachte sie überhaupt über das Ende nach, obwohl die Beziehung allem Anschein nach perfekt war?
Ja, so perfekt wie ein Diamant. Glänzend und kalt. Genau wie Adam. Sein Charme konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er jede Art von Bindung oder Verpflichtung scheute.
Vor kurzem hatte sie in einer Zeitschrift eine doppelseitige Anzeige über Reisen in die Karibik
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