Ein neuer Anfang?
kaum ein Wort heraus. „Ja. Ich bin seine …“ Sie rang nach Fassung. „Wir sind befreundet. Ist ihm etwas passiert?“
„Ja. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass er einen Autounfall gehabt hat. Einen sehr schweren Unfall.“
„O nein!“
„Ihre Nummer ist die letzte, die er von seinem Handy aus angerufen hat. Deshalb …“
„Adam!“ Kiloran begann vor Schreck am ganzen Körper zu zittern. „Wo ist er?“
„Im Tremaine Hospital. Ganz in Ihrer Nähe. Kennen Sie das Krankenhaus?“
„Ja.“
„Fühlen Sie sich imstande zu fahren, oder soll ich einen Wagen vorbeischicken?“
„Nein, danke. Das schaffe ich schon. Ich mache mich gleich auf den Weg.“ Kiloran legte auf, sprang aus dem Bett und zog schnell Jeans und einen dicken Pullover über. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie kaum den Reißverschluss hochziehen konnte. Beruhige dich, sagte sie sich. Sonst baust du noch selbst einen Unfall.
Sie fuhr den ganzen Weg zum Krankenhaus besonders langsam und vorsichtig, doch sobald sie dort ankam, ließ sie den Wagen vor der Notaufnahme stehen und lief wie gehetzt in das Gebäude.
„Können Sie mir bitte sagen, wo Adam Black liegt?“
„Wann ist er eingeliefert worden?“
„Ich weiß nicht!“
„Einen Moment, bitte.“ Die Frau hinter der Schranke sah eine Liste durch. Dann blickte sie auf. Ihre Miene war betont gelassen. „Er befindet sich auf der Intensivstation, bis er …“
Aber Kiloran hörte den Rest des Satzes nicht mehr. Sie war bereits zur Treppe geeilt und lief den ganzen Weg nach oben bis zu der isoliert liegenden Intensivstation, die sich in einem Seitenflügel befand.
Im Stationszimmer saß eine Krankenschwester. „Kann ich Ihnen helfen?“
Kiloran war den Tränen nahe. Am liebsten hätte sie ausgerufen, dass nicht sie Hilfe brauchte, sondern Adam. Stattdessen atmete sie tief durch. Es würde niemandem helfen, wenn sie hysterisch wurde. Nein, sie musste jetzt stark bleiben.
„Ich bin wegen Adam Black hier.“
„Sind Sie mit ihm verwandt?“
„Nein.“ Fast hätte Kiloran gesagt: Aber ich bin alles, was er hat. „Wir sind befreundet. Er hat keine nächsten Angehörigen.“
„Ich verstehe.“ Die Schwester stand auf. „Wenn Sie bitte einen Moment hier warten würden …“
Der Moment schien eine Ewigkeit zu dauern, doch schließlich kam sie mit einer Kollegin zurück.
„Ich bin Schwester Sandy“, stellte diese sich vor. „Adam Black ist mein Patient. Setzen Sie sich einen Moment, dann erzähle ich Ihnen, wie es ihm geht.“
Noch ein Moment. Noch eine kleine Ewigkeit? Kiloran rang nach Fassung. Adam hatte eine Gehirnerschütterung und lag im Koma, erfuhr sie dann. Ein EEG war gerade gemacht worden. Anscheinend hatte er keine Hirnverletzungen. Die gute Nachricht war, dass er sich nichts gebrochen hatte.
Kiloran lächelte schwach. „Wann kann ich ihn sehen?“
„Sie können gleich mitkommen.“
Kiloran fühlte sich wie in einem Albtraum, als sie hinter der Schwester durch die peinlich saubere und stille Station ging. Schließlich blieben sie vor einer dicken Glasscheibe stehen. Dahinter lag Adam bleich und unbeweglich auf einem Bett.
Entsetzt hielt Kiloran den Atem an. Ihr Adam, ihr starker, vitaler Adam, lag völlig reglos da.
„Wie kann ich ihm helfen?“ flüsterte sie.
„Sprechen Sie mit ihm. Streicheln Sie seine Hand. Erinnern Sie ihn an Dinge, die Sie gemeinsam unternommen haben. Versuchen Sie, ihn zurückzuholen!“
Erinnern Sie ihn an Dinge, die Sie gemeinsam unternommen haben! Diese Worte klangen Kiloran in den Ohren, als sie sich vorsichtig dem Bett mit der schweigenden, reglosen Gestalt näherte.
Welche gemeinsamen Erinnerungen würden ihn dazu bewegen, aus seiner Bewusstlosigkeit aufzutauchen? Was ihr einfiel, waren kaum die bedeutsamen Ereignisse, die einen Mann aus dem Koma wecken würden. Großartiger Sex und schicke Restaurants zählten sicher nicht zu den kostbaren und tief schürfenden Erlebnissen. Oder vielleicht doch?
Sie konnte Adam natürlich erzählen, dass sie gern beobachtete, wie sein Mund weich wurde, ehe er sie küsste. Oder dass sie sich fühlte, als hätte sie einen Preis gewonnen, wenn sie etwas gesagt hatte, das ihn zum Lachen brachte. Oder dass sie, wenn er schlief, den kleinen Jungen in ihm erkannte und er dann beinah verletzlich aussah.
Aber nicht in dieser Nacht. Sie betrachtete sein geschwollenes, zerschundenes Gesicht. Dies Gesicht ähnelte seinem kaum, so verzerrt und verfärbt sah es aus. Außerdem würde
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