Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Titel: Ein neues Leben auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manolo Link
Vom Netzwerk:
deutscher Student, den ich von San Bol kannte. Unter die Isomatte, die Yajaira von einer Bekannten ausgeliehen hatte, legte ich einen kleinen Teppich, der mir zusätzlich Schutz vor den kalten Steinplatten geben sollte. Nach und nach zog ich sämtliche Sachen, inklusive Regenjacke und -hose über, die sich in meinem Rucksack befanden. Die Kälte blieb. Der erkältete Student hustete ständig. Wenigstens ihm hätten sie ein Bett geben können. Jedes mal, wenn jemand die Holztreppe benutzte, die zu den Toiletten führte, wurde ich durch das laute Knarren wach. Zwei Pilger stritten lauthals. Eine grausame Nacht.
    Am nächsten Morgen stand ich früh auf, und konnte es nicht erwarten, mich in Bewegung zu setzen. Meine Gelenke fühlten sich kalt und steif an. Um halb sieben startete ich in einen eiskalten, aber schönen Tag. Meine Wanderstöcke steckte ich zwischen meinen Rucksack und Körper und meine Hände in die Hosentaschen. Bewusst ging ich schnell, um die Kälte aus meinen Gliedern zu treiben. Über den Bergen stieg die Sonne an einem klaren Himmel auf. Im Gehen aß ich einige Kekse und eine Banane und trank gechlortes Leitungswasser. Je weiter ich mich Richtung Westen bewegte, desto höher wurde der Chloranteil im Trinkwasser. Von nun an kaufte ich mir öfters Mineralwasser. Der Chlorgeschmack erinnerte mich an meine Kindheit, wenn ich im Schwimmbad unbeabsichtigt einen Schluck aus dem Wasserbecken genommen hatte. Die Sonne erwärmte überraschend schnell die Luft.
    Bis zur ersten Ortschaft waren es 13 Kilometer. Der neu angelegte Schotterweg verlief eintönig geradeaus, links und rechts lagen Getreidefelder. Im Abstand von 25 Metern zierten junge Platanen den Weg. Die Organisatoren hatten wirklich keine Mühe gescheut, den Pilgern einen möglichst komfortablen Weg zu gestalten. Meine Kondition war trotz der 42 Kilometer am Vortag passabel. Ich spürte mehr Kraft in meinem Körper, der sich nun anscheinend an längere Distanzen gewöhnt hatte. Wenige Pilger begegneten mir. Von Bernd und Yajaira war nichts zu sehen. Nach zwei Stunden legte ich eine Rast ein und setzte mich auf meine Badeschlappen, die mir als Sitzunterlage lieb geworden waren.
    In Reliegos erfüllte sich meine Sehnsucht nach einem starken Kaffee. Gleich am Ortseingang befand sich eine Bar. Als die Vororte von Leon vor mir lagen, bemerkte ich ein unangenehmes Ziehen an meinem linken Fuß. Meine erste Blase war im Begriff, mir aufzuzeigen, welch großes Glück mir bis zu diesem Zeitpunkt beschieden gewesen war. Der Grund für die Blase war sicher Reibung, weil ich nach einer Rast den Schuh nicht fest genug gebunden hatte. Wenn ich Pausen einlegte, zog ich die Wanderschuhe gerne aus, um meine Füße zu entspannen.
    Der Weg führte mich am Industriegebiet und der Fernstraße vorbei in die Stadt. Am frühen Abend betrat ich die Jugendherberge, wo mir ein Achtbettzimmer zugewiesen wurde. Beim Duschen fühlte ich Erschöpfung und versorgte anschließend meine Blase mit einem speziellen Pflaster. Unweit der Herberge nahm ich am Abend für sechs Euro ein Dreigang-Menü zu mir. Der Besitzer des Restaurants stellte mir eine Flasche Rotwein auf den Tisch, die im Preis inbegriffen war. Nach dem Essen wollte ich nur noch schlafen. Was ich glücklicherweise ohne die geringste Störung auch konnte.
    Um sieben startete ich mit neuen Kräften und meiner neuen Blase am Fuß in einen neuen Tag. Die Blase wurde glücklicherweise zu keinem ernsthaften Problem, zumal das Pflaster gute Dienste leistete. Genau genommen war es ein großes Glück, die vergangenen Wochen ohne Blessuren an den Füßen überstanden zu haben. In Leons Innenstadt bewunderte ich die angeblich schönste Kathedrale Spaniens. Es ist die einzige in Spanien, die im 13./14. Jh. im Stil der französischen Gotik erbaut wurde. Ein prächtiger Bau. Weil ich ein vernünftiges Frühstück zu mir nehmen wollte, ging ich in die nächste Bar. Auf der Suche nach einem geeigneten Tisch spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und sah in das strahlende Gesicht von Michael: »Hallo, Mano, was machst du denn hier?«
    »He, Michael, freut mich, dich zu sehen. Bei deinem Tempo hätte ich dich schon weit voraus vermutet.«
    »In den letzten Tagen habe ich kleinere Distanzen zurückgelegt. Ich fühlte mich müde. Um einmal richtig schlafen zu können, habe ich im Hotel übernachtet.«
    Wir setzten uns und bestellten Frühstück. Weil wir uns viel zu erzählten hatten, dauerte das

Weitere Kostenlose Bücher