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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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uns an anderen Stellen zweifellos folgen. Das natürliche Karbid wird in der Technik an die Stelle der Kohle treten, und es ist glücklicherweise so reichlich vorhanden, daß wir mit einer Erschöpfung der Lager nie zu rechnen brauchen.
    Eine neue Technik beginnt mit dem heutigen Tag. Einstweilen wird unsere Förderung gern von den zahlreichen Werken für die autogene Schweißung aufgenommen, die bisher auf das künstliche Kalziumkarbid angewiesen waren. Aber ich hoffe, daß wir bald genügend fördern werden, um auch anderen Zweigen der Technik den neuen Stoff in ausreichendem Maß zur Verfügung stellen zu können. Großgasmaschinen werden künftig mit dem Azetylengas des natürlichen Kalziumkarbides laufen. Die Gasanstalten werden nicht mehr Kohle, sondern Kalziumkarbid beziehen und reines Azetylengas in ihre Rohrnetze senden. Sogar der Hausbrand wird durch Kalziumkarbid ersetzt werden, und die heiße Azetylenflamme wird an Stelle der Kohlengase die Stubenöfen erwärmen. Meine Herren, wir stehen am Anfang einer neuen technischen Zeit, die glücklich und segenbringend für die Menschheit werden möge.«

Zukunftsmusik
    Erschienen im Neuen Universum , Band 42, 1925
    Professor Hansen rückte sich in seinem Klubsessel bequem zurecht, um in längerer Rede auf die letzten Ausführungen seines Kollegen, des Professors Barella, näher einzugehen.
    »Sie behaupten, die Kämpfe, die den kranken Leib Europas nun schon seit beinahe zehn Jahren in immer neuen Fieberschauern erzittern lassen, drehten sich letzten Endes um die Energievorräte, um die Kohlenlagerstätten. Mag sein, daß Ihre Theorie richtig ist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß die Menschen dann eben verblendet sind, daß sie um die paar Energiequellen, die sie handgreiflich vor Augen haben, einander erschlagen und darüber die unendlich viel größeren, bis jetzt noch unerschlossenen Quellen achtlos beiseite lassen …«
    »Zukunftsmusik, lieber Kollege«, warf Barella ein. »Sie sind Physiker und ich bin Volkswirtschaftler. Man nennt die Physik eine exakte Wissenschaft, und man wirft der Volkswirtschaft oft vor, daß sie allzu subjektiv arbeite, daß sie allzu eng mit dem Tun und Treiben der Menschen verflochten sei und daher alle Augenblicke umlernen müsse. Aber jetzt möchte ich doch behaupten, daß meine Wissenschaft die exaktere sei und daß ihr Physiker euch in fantastischen Theorien ergeht und allen wirklichen Boden unter den Füßen verloren habt. Als Volkswirtschaftler sage ich mir, daß allein die Kohle die jederzeit greifbare Energiequelle ist. Dabei weiß ich, daß ein Kilogramm Steinkohle achttausend Kalorien enthält, die frei werden, wenn ich dies Kilogramm vollständig zu Kohlensäure verbrenne. Ich weiß ferner, daß eine Kalorie gleichwertig einer mechanischen Arbeit von vierhundertvierundzwanzig Meterkilogramm ist. Ein Kilogramm Kohle liefert mir also 3,4 Millionen Meterkilogramm. Von dieser theoretischen Energiemenge kann ich in unseren landläufigen Wärmekraftmaschinen nur etwa zwanzig vom Hundert, also sechshundertachtzigtausend Meterkilogramm nutzbar machen. Nur mit dieser nutzbar gemachten Energie darf ich als exakter Volkswirtschaftler praktisch rechnen. Was bedeutet also ein Kilogramm Steinkohle für mich? Auch hierfür gibt die Rechnung schlüssige Antwort. Eine Pferdestärke bedeutet eine Leistung von fünfundsiebzig Meterkilogramm in der Sekunde. Da die Stunde dreitausendsechshundert Sekunden hat, so ist also eine Pferdekraftstunde gleich einer Arbeitsmenge von zweihundertsiebzigtausend Meterkilogramm, und ich kann mit meinem Kilogramm Steinkohle Maschinenarbeit im Betrag von zweieinhalb Pferdekraftstunden wirklich und praktisch jederzeit erzeugen. Das allein ist Tatsache, mein lieber Kollege von der anderen Fakultät, und alles übrige ist, wie gesagt, Zukunftsmusik. Wir dürfen uns daher wirklich nicht wundern, wenn die Menschheit wie wild um die Kohlenschätze rauft.«
    Professor Hansen hatte dem Erguß seines Gegenübers geduldig zugehört.
    »Alles sehr schön«, erwiderte er nun. »Noch vor zehn Jahren hätten Sie mit dieser Anschauung recht behalten. Inzwischen ist aber die Welt und mit ihr auch die physikalische Wissenschaft ein gutes Stück weitergekommen. Man hat inzwischen die Elektronentheorie ausgebaut, und man hat in der Relativitätstheorie eine ganz neuartige Naturanschauung erschlossen, die alles Geschehen viel universeller erfaßt und erklärt als die bisher übliche ältere Newtonsche

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