Ein neues Paradies
Arbeiten der Studiengesellschaft unverzüglich wieder weitergehen sollen.
In den folgenden vier Jahren kam Rudolf Engelhardt nicht eben viel zur Ruhe. Schon am Tage nach jener feierlichen Eröffnung der Goldgrube ›Else-Tiefbau‹ hatte er die Arbeiten der Studiengesellschaft wieder aufgenommen und zunächst die weitere Abteufung des Hauptförderschachtes durchgesetzt. Warum sollte man im goldhaltigen Quarzgestein erst die Mühe eines Bohrloches auf sich nehmen, wo doch der Betrieb der goldbauenden Gewerkschaft gebieterisch die weitere Abteufung des Schachtes verlangte. So waren tausend Meter weiterer Teufe in zwei Jahren abgesenkt worden, und dabei hatte man eine Quarzschicht erschlossen, die bis zu fünfzig Gramm Gold auf die Tonne Gestein führte. Schwierigkeiten bereitete die ständig steigende Temperatur, die jetzt bereits siebzig Grad betrug. Bei dreitausenddreihundert Meter Tiefe nahm der Quarz ein Ende, und eine glasharte Schicht begann, die einigermaßen an erstarrte Lava erinnerte und den Werkzeugen einen fast unüberwindlichen Widerstand entgegensetzte. Es war eine Gesteinsart, wie man sie auf der Erdoberfläche noch niemals gesehen hatte. Die Analysen zeigten, daß es völlig geschmolzene Kieselsäure vermischt mit Tonerde und anderen Metalloxyden sein mußte. Umfragen ergaben, daß ähnliche Zusammensetzungen sich bisweilen in der Masse der Meteorsplitter gefunden hatten.
Rudolf Engelhardt nahm die Dinge, wie sie nun einmal waren. Zweihundert Meter tief führte er den Schacht selbst noch in diese glasige Gesteinsmasse hinein. Dann stellte er den Schachtbau vorläufig ein und brachte das Bohrgestänge wieder in Anwendung. Und seit zwei Jahren mahlten nun die Diamantkronen in dem Glas, seit zwei Jahren drang ein neues Bohrloch weiter in das Erdinnere. Aber es war eine harte und nur langsam fortschreitende Arbeit. Wenn eine Bohrkrone drei Meter des glasigen Urgesteins fortgekratzt hatte, so war sie auch selbst stumpf geworden. Dann mußte das ganze Gestänge emporgewunden und eine neue Krone angesetzt werden. Das dauerte aber seine Zeit, und so verlangsamte sich der Gewinn an weiterer Teufe von Tag zu Tag. Im ersten Jahr war es noch gelungen, mit täglich vierundzwanzig Stunden Arbeit tausend Meter vorwärts zu dringen. Dann aber nahmen die Erneuerungsarbeiten des Bohrbesatzes immer mehr Zeit in Anspruch, und jetzt am Ende des vierten Jahres war eben eine Gesamttiefe von fünfzehnhundert Metern für das Bohrloch, von fünftausend Metern Gesamttiefe erreicht, und die Temperatur auf der Sohle des Bohrloches hatte die hundert Grad bereits erheblich überschritten.
Als der letzte Tag jenes vierten Jahres, gleichzeitig der Schluß des siebenten Jahres seit dem Beginn der Arbeiten überhaupt, herankam, war Rudolf Engelhardt recht mutlos. Gewiß, er hatte gehofft, in höchstens fünftausend Metern unterhalb der Sohle der alten ›Else-Tiefbau‹ das Karbid anzutreffen. Es waren also noch zwölfhundert Meter zu erbohren, bevor er eingestehen mußte, daß seine Schätzung zu niedrig war, daß das Karbid vielleicht erst in zehntausend Meter Teufe erreicht werden konnte. Aber jene fünftausend Meter waren ja auch die äußerste Grenze seiner Schätzung gewesen. Ein Maß, das ihn gegen die anderen nur decken sollte. Ganz bei sich hatte er die Erwartung gehegt, daß es ihm schon viel früher gelingen werde, das Karbid zu finden. Den Goldquarz hatte er als glücklichen Zwischenfall gern mitgenommen. Aber was die Leute dort fünfhundert Meter über seiner Bohrstelle trieben, das interessierte ihn letzten Endes doch nur soweit, als es ihm eben die Möglichkeit bot, selber seinem Ziel nachzustreben. Dieses Ziel aber war und blieb das Kalziumkarbid, das blieben jene gewaltigen Karbidlager, die sich nach seiner Theorie unbedingt unter einer Schlacke finden mußten. Und weil diese Lager sich nun vor seiner unermüdlich schürfenden Arbeit gewissermaßen zu verstecken schienen, weil er ihnen in siebenjähriger Arbeit immer noch nicht näher gekommen war, darum verbrauchte Rudolf Engelhardt den siebenten Jahrestag seiner Arbeiten auf diesem Gebiet in recht bedrückter Stimmung.
Am 14. Juli, etwa fünfzehn Wochen nachdem die Studiengesellschaft in das achte Jahr ihres Bestehens eingetreten war, zeigte sich bei den Bohrarbeiten eine Veränderung, die den beaufsichtigenden Ingenieur veranlaßte, Rudolf Engelhardt schleunigst telefonisch herbeizurufen. In sausender Fahrt brachte diesen der Förderschacht in die Tiefe, und nach
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