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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Weltanschauung.«
    Professor Barella zog an seiner Zigarre und murmelte etwas Unverständliches in den Bart.
    »Brummen Sie nicht, Kollege«, unterbrach ihn Hansen. »Trinken Sie erst Ihren Kaffee und dann hören Sie mich in Ruhe an. Bei aller gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Unerfreulichkeit leben wir doch wissenschaftlich augenblicklich im blühenden Frühling. Unsere Zeit gleicht etwa derjenigen um 1550, da es politisch auch wenig schön aussah. Damals brachen die Lehren eines Kopernikus und seiner Nachfolger sich eben mühsam Bahn. Auch damals erklärte der sogenannte gesunde Menschenverstand jeden für töricht, der die allgemein gültige Ansicht, daß die Erde der Mittelpunkt des Weltalls sei, anzuzweifeln versuchte. Wer damals von der Kugelgestalt der Erde sprach und behauptete, daß ›oben‹ und ›unten‹ nur relative Begriffe wären, dem wurde das Widersinnige sofort klargelegt, man zeigte einfach nach oben beziehungsweise unten und behauptete, daß das doch grundverschiedene Begriffe wären. Na … Sie wissen ja, wie sich die Sache weiter entwickelt hat. Kopernikus stellte die Lehre auf, Kepler kleidete sie in mathematische Form, und Newton entwickelte die Lehre von der allgemeinen Anziehungskraft, schmiedete sich das Werkzeug der Infinitesimalrechnung und begründete die mathematischen Formeln Keplers durch seine Gravitationstheorie in bündigster Weise. Sie wissen auch, daß der wissenschaftliche Frühling, der damals anbrach, nicht auf die Theorie beschränkt blieb, sondern reiche praktische Früchte zeitigte. Die Erkenntnis von der Kugelgestalt der Erde führte zu den Entdeckungsfahrten nach Amerika und Australien. Neue Länder wurden erschlossen, und ein Strom von Gold ergoß sich über Europa, demgegenüber alle Schätze des alten Roms und Indiens verblassen.«
    Professor Barella zuckte unwillig mit den Achseln.
    »Ob dieser Goldstrom ein Glück für die Menschheit war, das möchte ich gerade als Volkswirtschaftler füglich bezweifeln. Andererseits ist freilich nicht zu leugnen, daß die theoretischen Spekulationen des Kopernikus weittragende praktische Folgen gehabt haben …«
    »Nun kommen wir der Sache schon ein wenig näher«, nahm Hansen den Faden des Gespräches wieder auf. »Und ich sage Ihnen, daß auch die jetzige neue Theorie tiefeinschneidende praktische Folgen haben wird. Wir wissen nach dieser Theorie, daß die Masse eines Körpers und die Energie wesensgleich sind. Nicht mehr das Gesetz von der Erhaltung der Energie und dasjenige von der Erhaltung der Masse gelten getrennt, sondern nur die Summe von Masse und von Energie ist unveränderlich. Ein Körper kann Energie abgeben und seine Masse wird dabei ständig geringer, bis sie schließlich gleich Null geworden, bis der Körper aus der existierenden Welt verschwunden ist. Messen wir die Masse eines Körpers in Kilogrammen und die Lichtgeschwindigkeit in der Sekunde in Meter, so ist die in irgendeinem Körper schlummernde Energie gleich einer Masse, multipliziert mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Und nun will ich Ihnen Ihre Rechnung mit dem Kilogramm Kohle noch einmal nach der neuen Theorie wiederholen. Ein Stück Kohle im Gewicht von einem Kilogramm hat, wie Sie wissen, eine Masse von etwa hundertvier Gramm oder 0,104 Kilogramm. Ich erhalte die Masse, indem ich das Gewicht durch die am Wiegungsort herrschende Intensität der Schwerkraft, also durch 9,81 dividiere. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt dreihundert Millionen Meter in der Sekunde. Diese Geschwindigkeit im Quadrat ergibt neunzigtausend Billionen. Diese Ziffer mit 0,104 Kilogramm multipliziert, ergibt neuntausenddreihundertsechzig Billionen Meterkilogramm. Das aber, mein lieber Herr Kollege, ist denn doch recht erheblich viel mehr, als die 3,4 Millionen Meterkilogramm, die Sie bei vollkommener Verbrennung aus dem Kilogramm Kohle herausholen können. Es ist nämlich 2,7 Milliarden mal soviel.«
    Professor Barella war aufmerksam geworden.
    »Eine bedeutende Zahl, in der Tat«, murmelte er. »Bitte fahren Sie in Ihren Auseinandersetzungen fort.«
    »Das soll sehr schnell geschehen. Die jährliche Kohlenförderung Deutschlands vor dem Krieg betrug zweihundert Millionen Tonnen oder zweihundert Milliarden Kilogramm. Diese ganze gewaltige Kohlenmenge wurde zu Kohlensäure verbrannt, ein Verfahren, das zwar auf die Länge der Zeit unser Klima günstig beeinflussen muß, aber im übrigen wenig wirtschaftlich ist. Wenn Sie dagegen die geringe Menge von

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