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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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das Element Nutzarbeit verrichten lassen.«
    Mit diesen Worten schaltete der Professor einen Hebel der Marmortafel ein, und eine fünfhundertpferdige Dynamomaschine setzte sich schnurrend in Bewegung. Schnell kam sie auf Tourenzahl und lief alsbald mit voller Last.
    »Sie sehen, meine Herren«, schloß der Professor seine Ausführungen, »ein Teil des Problemes ist jedenfalls gelöst. Wir können die Energie der zerfallenden Materie ohne jeden Verlust in elektrische Energie umsetzen und können sie mit etwa fünfundneunzig vom Hundert mit Hilfe der Dynamomaschine in mechanische Arbeit verwandeln. Es bleibt uns noch die Aufgabe zu lösen, die Energie des Zerfalls unmittelbar in Lichtstrahlung zu verwandeln.«
    In der großen Bleihütte von Smith & Co. in Nebraska war der größte Ofen in vollstem Gang. Ein rotglühendes Bleibad im Gewicht von zwanzig Tonnen stand in dem Ofenrund aus feuerfestem Gestein und wurde durch reduzierende Ofenflammen von allen Unreinlichkeiten befreit. Brausend schossen die bläulichen Flammen über die Oberfläche dahin, und wo sie diese bestrichen und beleckten, verschwanden alle Reste von Oxyden und Schlacken, und der blanke Bleispiegel trat klar zutage. Die Arbeit nahm einen erfreulichen Fortgang, aber unerfreulich war die Stimmung unter der Belegschaft der Hütte. Schwere Lohnstreitigkeiten waren zwischen der Arbeiterschaft und der Verwaltung der Hütte ausgebrochen. Die Arbeiter, meistenteils zugewanderte Italiener, dachten bereits an das letzte Kampfmittel, den Streik. Aber zu schlecht waren die Erfahrungen, die sie damit das letzte Mal gemacht hatten. Da hatten die Grubenbesitzer einfach die Öfen ausblasen lassen und die Belegschaft kurzerhand auf die Straße gesetzt. Zwei Monate hatte der Streik gedauert. Dann waren die Gewerkschaftskassen leer, und zu niedrigeren Lohnsätzen als vor dem Streik mußte die Arbeiterschaft wieder anfangen. Die Aussichten waren also schlecht, und dumpf gärte es unter der Arbeiterschaft.
    Mit verbissener Miene stand der Vorarbeiter Emanuele Perona vor dem Ofen und rührte das glühende Bleibad in kurzen Zeitabständen mit einer grünen Holzstange durch. Dann geriet die ganze Masse infolge der dem Holz entweichenden Wasserdämpfe jedesmal in ein Sieden und Wallen. Glimmend und verkohlt wurde die Holzstange herausgezogen, beiseite geworfen und durch eine frische ersetzt. Eben hatte der Vorarbeiter eine solche Stange weggeworfen. Nun begab er sich zu seinem Schrank und entnahm diesem ein Gefäß, das etwa ein halbes Pfund zerfallenden Bleies enthielt. Diese beträchtliche Menge entwickelte eine ziemliche Eigenwärme und war daher ständig in flüssigem Zustand. Wie die italienischen Arbeiter sich bereits hundert Jahre früher immer wieder gelegentlich ihrer Sprengarbeiten Dynamit zu verschaffen wußten und dieses dann zu allerlei Attentaten mißbrauchten, so hatte Perona jetzt dieses zerfallende Blei während der letzten Jahre seiner Tätigkeit grammweise zusammengestohlen und aufbewahrt. Jetzt wollte er versuchen, sich mit Hilfe dieser Substanz an den Herren der Hütte zu rächen. Mit kurzem Schwung kippte er den Inhalt des Gefäßes in den Ofen. Dann ergriff er einen neuen Holzstock und begann eifriger denn je zu rühren. Ein leichtes Erzittern und Aufschäumen ging durch die Bleimasse, als Perona den Inhalt des Gefäßes hineinkippte. Dann beruhigte sich das Bad, und bald war alles gleichmäßig vermengt und verrührt.
    Die Hüttenglocke gab das Signal zur Mittagspause. Die Arbeiter verließen den Raum, um eine Stunde Erholung zu finden. In der Kantine des Werkes saßen sie, schlangen das mitgebrachte Essen hinunter und besprachen das Thema, das alle interessierte, das Thema der Lohnforderungen.
    Etwa fünfundfünfzig Minuten der Mittagsstunde mochten verflossen sein, und hier und dort packte bereits der eine und der andere seine Sachen zusammen, um wieder zur Arbeit zu gehen, als Feueralarm über den Hof schrillte. Das Ofenhaus stand in hellen Flammen. Brennbar war an ihm freilich nur der hölzerne Dachstuhl, aber der brannte auch lichterloh.
    Wenige Minuten nach dem Alarm rückte die Feuerwehr an und gab Fluten von Wasser auf das brennende Dach. Aber der Brand schien unlöschbar zu sein, und erst nachdem das letzte Endchen Dachsparren restlos von der Flamme verzehrt war, hörte das Feuer auf. Dafür aber stand jetzt, wie man nun deutlich bemerken konnte, der ganze große steinerne Ofen in heller Weißglut. Obwohl die Ofenfeuerung bereits seit einer

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