Ein neues Paradies
schon vor Jahren gebaut und viel mir ihr gearbeitet.«
»Aber woraus, Onkel, woraus?«
»Aus Kupfer, lieber Fritz, aus isoliertem Kupferdraht.«
Fritz sperrte Mund und Nase auf. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder gefaßt hatte. »Aus Kupfer, Onkel Max? Aus gewöhnlichem Kupfer, und dann zehntausend Ampere Belastung auf das Quadratmillimeter? Das verstehe, wer kann, ich nicht!«
»Ick ooch nich!« brummte Klaus vor sich hin.
»Tja, meine lieben Freunde«, sagte Professor Belian schmunzelnd, »ihr vergeßt den Temperaturkoeffizienten der Metalle. Ihr rechnet immer mit einem Kupferdraht bei gewöhnlicher Stubentemperatur, und da mag Fritz mit seinen zwei Ampere je Quadratmillimeter recht haben. Aber je kälter ein Metall wird, desto besser leitet es auch. Könnte ich einen Kupferdraht bis auf den absoluten Nullpunkt, also bis auf zweihundertdreiundsiebzig Grad Celsius unter Null abkühlen, so würde auch sein elektrischer Widerstand gleich Null werden. Ich könnte dann durch einen Draht von einem Quadratmillimeter Querschnitt einen unendlich großen Strom schicken …«
»Peng! Knall! Bum!« schrie Klaus und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Die Pumpe da drüben, Fritz! Habe ich dir nicht gleich gesagt, daß das nach Luftverflüssigung und Kältetechnik aussieht?«
»So, so! Da drüben seid ihr schon gewesen?« erkundigte sich der Professor mit einem fragenden Blick auf Fritz.
»Ja, Onkel Max, wir haben dich natürlich überall gesucht, nachdem wir hier gelandet waren.«
»Auch gut, Fritz. Aber mit der flüssigen Luft hat Freund Klaus unrecht. Mit flüssiger Luft habe ich angefangen. Ich konnte meine Spule damit bis auf hundertachtzig Grad Kälte herunterkühlen und zweitausend Ampere durch das Quadratmillimeter jagen. Ein ganz schöner Anfangserfolg, aber natürlich nicht annähernd genug. Sobald ich mit der Belastung weiterging, spielte der Kupferdraht nicht mehr mit. Er bekam plötzlich wieder einen höheren Widerstand, erhitzte sich trotz aller Kühlung, und die Sache war zu Ende.«
»Wie schade!« entfuhr es Fritz, »aber trotzdem, zweitausend Ampere auf das Quadratmillimeter! Damit ließ sich doch auch schon allerhand anfangen. Die Spule hätte etwas größer werden müssen. Aber die fünf Millionen Gauß hätten sich immer noch mit erträglichen Abmessungen erreichen lassen.«
»Vielleicht, mein Junge. Aber ich hatte so meine eigenen Ideen. Ich bin eben einfach von der flüssigen Luft zum Wasserstoff übergegangen. Das heißt, ganz so einfach war die Sache nicht.«
»Hm, hm.« Klaus dachte ein Weilchen nach. »Eigentlich, Herr Professor, kommt mir die Sache jetzt aber doch sehr einfach vor. Ich wundere mich, daß nicht schon andere Leute auf die Idee gekommen sind.«
Professor Belian fuhr sich durch den Bart. »Lieber Freund, was in der Theorie sehr einfach ist, kann in der Praxis noch manchen Haken haben. Auch bei uns gibt’s solche Schwierigkeiten. Um so mehr freue ich mich, daß ich jetzt drei tüchtige Helfer habe.«
Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Es ist schon nach zwölf. Wir haben den Vormittag verplaudert. Ich schlage vor, daß wir jetzt ordentlich essen, dann zwei Stunden ruhen – die Mittagstunden sind auch hier reichlich warm – und uns danach in die Praxis stürzen.«
Die Posten und Arbeiten waren unter die vier Inselbewohner verteilt. In der elektrischen Zentrale schaltete und waltete Heinz als Elektromaschinist. Wenn die Anlage auch mit vielen automatischen Einrichtungen versehen war, so hatte er doch alle Hände voll zu tun. Das lange Jahr, währenddessen sie stillgelegen hatte, war nicht ohne Spuren an ihr vorübergegangen, und es dauerte einige Zeit, bis alle Teile wieder gut und reibungslos liefen.
Als die elektrische Zentrale klar war, ging man zu der Gasverflüssigungsanlage und fand, daß hier noch wesentlich mehr in Ordnung zu bringen war. Zwei lange Tage gingen ins Land, bevor auch hier wieder alles richtig arbeitete, zwei Tage, an denen Klaus im blauen Kittel am Schraubstock stand, Lager einpaßte, Ventile nachschliff und neue Kolbendichtungen einsetzte, während sich Fritz und Professor Belian als Glasbläser betätigten. —
Endlich arbeiteten alle Maschinen. In der Elektrozentrale stand Heinz. Bei den Gaspumpen waltete Klaus seines Amtes. Mit dem letzten und verwickeltsten Stück der Anlage beschäftigten sich Fritz und der Professor. Von dem großen Dynamo führte die Stromleitung in Form schenkelstarker Kupferbarren hierher und verschwand in einem
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