Ein Noah von heute
unser Jäger eine etwas seltsame Sprache führte, kamen wir nicht dahinter, was er mit einem «Zugball» meinte, doch weil er überzeugt zu sein schien, daß es für uns keinen anderen Ausweg aus der Klemme gab, blieb mein Freund mit dem Ameisenbären im Schatten eines Strauches zurück, während Francis und ich über die Steppe zu der Außenstation galoppierten.
Dort amtete ein reizender alter Indianer, der mir eine höchst willkommene Tasse Kaffee vorsetzte. Dann führte mich Francis nach draußen und zeigte mir den «Zugball». Es war in Wirklichkeit ein Zugbulle, das heißt ein Stier, der als Zugtier benutzt wurde. Nun erschien Francis’ Frau auf dem Schauplatz, und Francis erklärte mir, sie werde mit dem Stier auf die Steppe hinausreiten, während wir zu Pferde vorausgaloppierten. Die kleine Indianerin sprang tatsächlich auf den ungeheuren Stiernacken, saß dort wie im Damensattel; das lange schwarze Haar hing ihr bis zur Leibesmitte, so daß sie fast wie Lady Godiva aussah. Mit einem dicken Stecken versetzte sie dem Stier einen Klaps auf den Rumpf, worauf er einen flotten Trab über die Steppe anschlug.
Als Francis und ich bei der Stelle anlangten, wo wir meinen Freund und den Ameisenbären zurückgelassen hatten, stellten wir fest, daß es dem Unband gelungen war, uns neue Scherereien zu machen. Er hatte sich zur Hälfte aus seinem Sack gestrampelt, der ihm wie Pluderhosen ums Hinterviertel hing, und er hoppelte hin und her, hitzig verfolgt von meinem Freund. Wir fingen ihn und versenkten ihn in einen neuen Sack, der noch fester zugebunden wurde; derweil schilderte mein Freund die Schwierigkeiten, die er während unserer Abwesenheit durchgemacht hatte.
Zuerst war sein Pferd, das wir unserer Meinung nach gut angebunden hatten, plötzlich durchgegangen, und mein Freund mußte ihm ziemlich lange nachsetzen, bis es ihm gelang, den Gaul zu fangen. Bei der Rückkehr sah er mit Schrecken, daß es dem Ameisenbären geglückt war, sich aus einigen Umschnürungen herauszuwinden und den Sack mit den Klauen zu zerreißen, so daß er zur Hälfte draußen war. Mein Freund stand Todesängste aus, das Tier könnte entrinnen, rannte hin, stieß es in den Sack zurück und fesselte es von neuem. Als er sich umblickte, nahm er mit gleichem Entsetzen wahr, daß sein Pferd die Gelegenheit ergriffen hatte, sich abermals davonzumachen. Nachdem er es glücklich eingefangen hatte und zu dem Ameisenbären zurückkehrte, fand er den halbbefreiten Sackhüpfer vor. In diesem Augenblick waren wir zurückgekehrt.
Kurz darauf kam Francis’ Frau auf dem Stier angaloppiert, und sie half uns beim Verladen des Ameisenbären. Der Stier verhielt sich dabei ganz ruhig, und es schien ihm gleich zu sein, ob der Sack auf seinem Rücken voller Kartoffeln oder Klapperschlangen war, und obwohl der Ameisenbär mit aller Kraft fauchte und strampelte, trabte der Stier stetig weiter, ohne seine Fracht im geringsten zu beachten.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit gelangten wir zur Ranch; hier holten wir unsere Beute aus dem Sack und nahmen ihr die Fesseln ab. Aus dem Seil stellte ich ein grobes Geschirr her, mit dem der Ameisenbär an einen dicken Baum gebunden wurde. Ich setzte ihm noch eine große Schüssel Wasser vor, dann wurde er in Ruhe gelassen, und ich hoffte, daß er gut schlafen würde.
Sehr früh am folgenden Morgen schlich ich hinaus, um nach ihm zu sehen, und zuerst dachte ich, er wäre nachts entwichen, denn ich erblickte ihn nicht. Nach einer Weile merkte ich, daß er zwischen den Wurzeln des Baumes lag, zusammengerollt wie eine Kugel, und seinen Schwanz wie einen großen grauen Schal über sich gelegt hatte, so daß er aus der Ferne nicht wie ein Ameisenbär, sondern eher wie ein Schlackenhaufen aussah. Da erkannte ich, wie nützlich ihm sein großer Schwanz sein mußte. In der Steppe kratzt sich der Ameisenbär zwischen den dicken Grasbüscheln ein flaches Lager, rollt sich darauf zusammen und legt den Schwanz wie eine Decke über sich, so daß es nur dem schlimmsten Regen gelingen kann, diesen Fellschutz zu durchdringen.
Für mich bestand das Problem nun darin, Amos — so nannten wir ihn — beizubringen, eine Ersatznahrung zu sich zu nehmen, denn im Zoo in England konnte man ihn nicht mit Termiten füttern. Das Futter setzte sich aus Milch, rohen Eiern und feingehacktem Ochsenfleisch zusammen, dazu kamen drei Tropfen Lebertran. Mit dieser Mischung füllte ich eine große Schüssel, die ich zu einem Termitenbau trug, den ich nicht
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