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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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schaute, entdeckte es zu seiner Bestürzung, daß dort immer noch eine lag, worauf es die Banane, die es im Maul hatte, fallen ließ und die übriggebliebene aufhob. Dann merkte es, daß ja immer noch eine Banane weggetragen werden mußte; also legte es die ganze Last wieder hin, tat sich nieder und dachte nach. Nach etwa halbstündigem Kampf kam ihm endlich ein glänzender Gedanke; es fraß eine der Bananen auf und trug die andern drei frohlockend davon.
    Diese Greifstachler hatten die erstaunliche Angewohnheit, BoxI kämpfe zu veranstalten. Zwei von ihnen kletterten in die höchsten Äste ihres Käfigs hinauf, ließen sich dort einander gegenüber gemütlich auf den Keulen nieder und wickelten den kräftigen Schwanz zur besonderen Sicherheit um die Äste. Hierauf hieben sie mit den Vorderpfoten in die Luft, parierten die Schläge, zielten wilde Aufwärtshaken und Trommeltreffer, während ihre Nase die ganze Zeit hin und her zuckte und die runden Äuglein einen sanften und ziemlich besorgten Ausdruck zeigten. Das sonderbare an diesen Faustkämpfen war, daß sie manchmal bis zu einer halben Stunde dauerten, daß aber keins der Tiere während dieser ganzen Zeit vom andern getroffen wurde.
    Nach ihrem Kampfanfall beschäftigten sie sich manchmal mit Jonglieren. Sie fanden vielleicht einen alten Mangokern oder etwas Ähnliches; darin hockten sie am Boden und warfen den Gegenstand so ungeschickt von einer Pfote in die andere, daß man meinte, er müßte jeden Augenblick zu Boden fallen, aber das war nie der Fall.
    Wenn ich meinen Baumstachelschweinen zusah, wurde ich stark an die plattfüßigen Clowns im Zirkus erinnert, die immerzu in Ungemach geraten oder mit ernstestem Gesichtsausdruck etwas Komisches tun.

    Guayana kann sich rühmen, unter andern seltsamen Geschöpfen das größte Nagetier der Welt zu besitzen, das Wasserschwein. Es sieht ähnlich wie ein riesiges Meerschweinchen aus, erreicht die Größe eines großen Hundes und kann nahezu einen Zentner wiegen. Die Körperlänge beträgt über einen Meter, die Widerristhöhe über fünfzig Zentimeter. Man vergleiche diese Maße mit unserer Feldmaus, die elf Zentimeter Körperlänge hat und ungefähr fünf Gramm wiegt. Wenn man diese beiden Tiere zusammen sieht, würde man niemals glauben, daß sie verwandt sind.
    Ich bekam mein erstes Wasserschwein sehr bald nach unserer Ankunft in Georgetown, tatsächlich allzu früh, wie ich erfahren sollte. Ich hatte noch keinen geeigneten Ort für unser Basislager gefunden, und während der Suche wohnten wir in einer kleinen Pension in einer Hintergasse der Stadt. Unsere Wirtin erklärte sehr liebenswürdig, wir könnten alle Tiere, die ankämen, in ihrem Garten halten, bis wir unser Basislager bezögen. Sehr bald hatte ich einen Vogel und ein paar Affen in adretten Käfigen neben ihren Blumenbeeten aufeinandergestapelt.
    Dann erschien eines Abends ein Mann, der ein ausgewachsenes Wasserschwein an einem Strick führte. Während ich mit dem Mann verhandelte, wanderte das Wasserschwein mit aristokratischer Miene im Garten umher und knabberte ab und zu an einer Blume, wenn es dachte, ich schaute nicht hin.
    Schließlich kaufte ich das Nagetier und setzte es in einen großen, neuen Käfig, der lang und sargförmig war und vorn ein besonders starkes Drahtgitter hatte. Dem Tier wurden alle möglichen Delikatessen hingelegt, bevor wir es allein ließen.
    Das Zimmer, in dem mein Freund und ich schliefen, führte auf den Garten hinaus. Gegen Mitternacht wurden wir durch einen sehr sonderbaren Lärm geweckt. Es klang, als ob jemand auf der Maultrommel spielte, begleitet von einem andern, der etwas ziellos auf eine Blechbüchse hieb. Ich überlegte erstaunt, was das bloß sein könnte, als mir plötzlich das Wasserschwein einfiel.
    Mit dem Ruf: «Das Wasserschwein entwischt!» sprang ich aus dem Bett und lief im Pyjama in den Garten hinunter, wo sich mein Freund kurz darauf zu mir gesellte. Im Garten war alles ruhig, und wir fanden unser Nagetier auf den Hinterbeinen sitzen und mit hochmütiger Miene ins Weite blicken. Zwischen uns beiden entstand ein langer Wortstreit, ob dieses Tier den Lärm hervorgerufen hatte oder nicht. Er vertrat eigensinnig die Meinung, das sei ausgeschlossen, weil das Wasserschwein so unschuldig aussehe, und ich sagte, daß es gerade aus diesem Grunde der Schuldige sein müsse.
    Da sich das Geräusch nicht wiederholte, gingen wir in unser Zimmer zurück, und kaum hatten wir uns niedergelegt, da hob der

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