Ein Ort für die Ewigkeit
liebevollen Vaters zu geben. Was ihm bis zu diesem Punkt noch nicht recht gelungen war, muß ich sagen.
Siebtens: Zwei Kugeln wurden in der Bleimine gefunden. Eine war noch so intakt, daß man feststellen konnte, sie stammt aus einem .38-kalibrigen Webley-Revolver. Eine entsprechende Waffe wurde aus einem Haus gestohlen, wo Hawkin vor zwei Jahren oft zu Gast war. Eine ähnliche Schußwaffe wurde in seiner Dunkelkammer gefunden, die Seriennummer war abgefeilt. Wir wissen noch nicht, ob der Mann, dessen Revolver gestohlen wurde, ihn als dieselbe Waffe erkennen kann. Und wir wissen auch noch nicht, ob dies der Revolver ist, aus dem die Kugeln in der Mine abgefeuert wurden. Aber wir werden es bald wissen.
Und schließlich haben wir das mit Blut befleckte Hemd. Es gleicht denen, die er in London nach Maß anfertigen läßt – bis hin zum Schild des Schneiders auf dem Kragen. Es ist voller Blut. Wenn dieses Blut zu dem anderen Blut paßt, das wir durch Indizienbeweise als das von Alison ermittelt haben, dann würde sich daraus ergeben, daß Hawkin sie überfallen hat.« George hob die Augenbrauen. »Was meinen Sie?«
»Wenn wir eine Leiche hätten, würde ich sagen, wir sollten ihn wegen Mordes anklagen. Aber wir haben keine Leiche. Wir haben keinen schlüssigen Beweis, daß Alison Carter nicht noch lebt und wohlauf ist. Der Oberstaatsanwalt wird eine Mordanklage ohne Leiche nie schlucken.«
»Es hat solche Fälle schon gegeben«, protestierte George. »Haigh, der Säurebadmörder. Da gab es keine Leiche.«
»Es gab den Beweis, daß ein Körper beseitigt wurde, und gerichtsmedizinisch analysierte Spuren, die auf das Opfer hinwiesen, wenn ich mich recht erinnere«, sagte Martin.
»Es gab einen anderen Präzedenzfall mit noch weniger Beweisen. 1955. Ein polnischer Ex-Militär, der wegen Mordes an seinem Geschäftspartner verurteilt wurde. Die Anklage behauptete, er hätte die Leiche an die Schweine auf seiner Farm verfüttert. Die einzigen Hinweise, die sie hatten, waren Aussagen der Freunde und Nachbarn, daß die beiden Männer Streit gehabt hätten. In der Küche des Farmhauses waren Blutflecken, der Geschäftspartner war spurlos verschwunden und hinterließ gerade mal sein Postsparbuch. Wir haben viel mehr. Es gibt keine Zeugen dafür, daß Alison Carter je wieder gesehen wurde, seit sie verschwand. Wir haben Beweise, daß sie sexuell mißbraucht wurde und daß sie eine beträchtliche Menge Blut verloren hat. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sie noch lebt, oder?«
Martin lehnte sich zurück und ließ den Rauch seiner Zigarre in kleinen Wölkchen zur Decke steigen. »Es ist ein großer Unterschied zwischen ›nicht wahrscheinlich‹ und ›zweifelsfrei erwiesen‹. Auch mit dem Revolver. Wenn er sie aus der Nähe getötet hat, warum sind dann zwei Kugeln in der Wand?«
»Vielleicht ist sie ihm zuerst entkommen, und er hat auf sie geschossen, um ihr Angst einzujagen. Vielleicht hat sie sich gewehrt, und er hat sie mit den zwei Schüssen bedroht, um sie gefügig zu machen?«
Martin dachte nach. »Möglich. Aber die Verteidigung wird diese zwei Kugeln nutzen, um die Geschworenen zu verwirren. Und wenn er das Mädchen in der Mine getötet hat, warum hätte er dann ihre Leiche weggebracht?«
George strich sich das Haar aus der Stirn. »Ich weiß nicht. Vielleicht kannte er einen noch besseren Platz, um die Leiche zu verstecken. Muß er wohl, oder? Sonst hätten wir sie mittlerweile gefunden.«
»Wenn er also einen besseren Ort wußte, wo er die Leiche loswerden konnte, warum hinterließ er dann Spuren eines sexuellen Übergriffs in der Mine?«
George seufzte. So frustriert er von Martins Fragen auch war, er wußte, die Anwälte der Verteidigung würden noch hundertmal schlimmer sein. »Ich weiß nicht. Vielleicht hatte er einfach nicht die Gelegenheit. Er mußte sich zu Hause beim Abendessen zeigen und konnte es sich nicht leisten, ausgerechnet an diesem Abend später zu kommen. Und nach dem Abendessen hatte sich die Neuigkeit über Alisons Verschwinden herumgesprochen, und er konnte nicht mehr zurückgehen?«
»Das ist mager, George.« Martin richtete sich auf und sah George in die Augen. »Es ist nicht genug. Sie werden ihre Leiche finden müssen.«
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TEIL 3
Prozeß mit Schwierigkeiten
Die Untersuchungshaft
E s war in ein paar Minuten vorbei. Als George sich umsah, fiel ihm das Erstaunen auf den Gesichtern der Leute aus Scardale auf, die zahlreich erschienen waren. Sie waren gekommen, um sich einen
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