Ein Ort für die Ewigkeit
seinen Titel vorgestellt. Obwohl der Unterschied zwischen dem Gebäude im Regency-Stil am Queen-Anne-Tor und dem modernen, quadratischen Backsteingebäude, in dem die Unterabteilung der Kreispolizei von Buxton untergebracht war, nicht größer hätte sein können, bestand die Innenausstattung aus dem üblichen Mobiliar wie in allen staatlichen Ämtern. Der Anwalt, den er und Tommy Clough vier Tage nach der Anhörung trafen, war in einem Raum untergebracht, der seinem eigenen Büro so sehr glich, daß es fast verwirrend war. Akten waren auf Aktenschränken aufgetürmt, ein paar juristische Handbücher standen auf dem Fensterbrett, und der Aschenbecher quoll über. Auf dem Boden lag die gleiche Art von Linoleum, die Wände waren in demselben getönten Weiß gestrichen.
Jonathan Pritchard entsprach genausowenig seinen Erwartungen. Er war Mitte Dreißig und hatte karottenrotes, widerspenstiges Haar. Es stand in Büscheln und Wirbeln vom Kopf ab und bauschte sich an einer Seite der Stirn zu einer Art Kamm. Seine Gesichtszüge waren ebenso unregelmäßig. Die Augen, blaugrau wie nasser walisischer Schiefer, waren rund, hatten goldene Wimpern und standen weit auseinander. Seine lange, knochige Nase bog sich am Ende plötzlich nach links, und sein Mund wirkte mit seinem schiefen Winkel etwas ironisch. Das einzig Ordentliche an ihm war sein untadeliger dunkelgrauer Nadelstreifenanzug, sein blendend weißes Hemd und eine perfekt gebundene Krawatte des Garderegiments. »Also«, begrüßte sie der Anwalt und sprang auf, »Sie sind die Leute ohne Leiche. Kommen Sie, setzen Sie sich. Ich hoffe, Sie haben sich vorher versorgt, hier gibt es absolut keine Chance auf eine anständige Tasse Kaffee.« Er blieb höflich stehen, bis George und Clough Platz genommen hatten, und ließ sich dann auf seinem abgenutzten Drehstuhl nieder. Er holte noch einen Aschenbecher aus einer Schublade hervor und schob ihn zu ihnen hinüber. »Das ist alles, was wir an Gastlichkeit zu bieten haben«, sagte er bedauernd. »Also wer ist wer?«
Sie stellten sich vor. Pritchard notierte etwas auf einem Block. »Verzeihen Sie«, sagte er. »Aber ist es nicht ziemlich ungewöhnlich, daß ein so wichtiger Fall von einem Detective Inspector bearbeitet wird? Besonders von einem Detective Inspector, der erst seit fünf Monaten in dieser Position ist?«
George unterdrückte einen Seufzer und zuckte die Schultern. »Der Detective Chief Inspector hatte zu der Zeit, als das Mädchen verschwand, einen Gips wegen eines Knöchelbruchs, so daß ich den Einsatz leitete und direkt Superintendent Martin unterstand. Er ist der Ranghöchste der Polizei in Buxton. Als der Fall sich dann weiterentwickelte, wollte man bei der Grafschaftspolizei einen Kriminalbeamten mit mehr Erfahrung einsetzen, aber der Superintendent weigerte sich. Er sagte, er wollte es von seinen eigenen Leuten geregelt haben.«
»Sehr löblich, aber sicher waren Ihre Beamten in der Grafschaftsbehörde nicht besonders erfreut darüber?« fragte Pritchard.
»Darüber weiß ich nichts, Sir.«
Clough beugte sich vor. »Der Superintendent hat beim Militär zusammen mit dem stellvertretenden Polizeipräsidenten gedient, Sir. Die Leute an der Spitze wissen, sie können seinem Urteil trauen.«
Pritchard nickte. »Ich war selbst Militäranwalt. Ich weiß, wie das läuft.« Er nahm eine Schachtel Zigaretten, Black Sobranie, aus seiner Tasche und zündete sich eine an. George konnte sich vorstellen, was für einen Eindruck es im Besprechungszimmer der Anwälte in Buxton machen würde, wenn es so laufen würde, daß Pritchard die Anklage beim Eröffnungsbeschluß übernähme. Gott sei Dank würden die Richter nicht dabeisein.
»Ich habe die Unterlagen zu dem Fall gelesen«, sagte Pritchard. »Und ich habe die Fotos gesehen.« Unwillkürlich schauderte er leicht. »Sie gehören wirklich mit zum Abstoßendsten, was mir je untergekommen ist. Ich habe keinen Zweifel, daß wir allein aufgrund der Fotos eine Anklage wegen Vergewaltigung erreichen werden. Was wir jetzt besprechen müssen, ist die Frage, ob wir genug Beweise haben, um weiter für eine Mordanklage zu plädieren. Das Haupthindernis ist natürlich das Fehlen einer Leiche.«
George öffnete den Mund, aber Pritchard hob warnend einen Finger, er wolle weitersprechen. »Wir müssen jetzt das Corpus delicti sezieren – nicht, wie die meisten Leute meinen, die Leiche des Opfers, sondern vielmehr die Leiche des Verbrechens, das heißt, die wesentlichen
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