Ein Ort für die Ewigkeit
gegen Leute sagen, die ihre Kinder schützen wollten, auch wenn der Schaden schon angerichtet war. Aber da er jetzt bald selbst Vater wurde, fühlte er zum ersten Mal im Leben den wütenden Impuls, die Schwachen durch Gewalt zu schützen. Er konnte nicht verstehen, warum Hawkin noch frei herumgelaufen war. Als Polizist hatte Stillman eine Fülle von Mitteln, dem Mann Schaden zuzufügen, körperlich und in seinem sozialen Umfeld. Aber das hatte er nicht getan. Er hatte sogar gezögert, Clough davon zu erzählen. »Sie gehen die Dinge offenbar anders an, da unten«, sagte er müde. »Wenn ich als Polizist wüßte, daß ein perverser Typ ein Kind belästigt hat, das einem Freund von mir gehört, könnte ich ihn nicht einfach so weggehen lassen. Ich hätte eine Möglichkeit gefunden, ihn bezahlen zu lassen. Entweder durch das Gesetz oder …«
»Ich dachte, Sie glauben nicht an die dunklen Hintertürchen der Justiz?« sagte Clough ironisch.
»Mit Kindern ist es aber etwas anderes, oder?«
Es war eine große Frage, die offenbleiben mußte. Sie dachten schweigend darüber nach, bis sie ihre Gläser ausgetrunken hatten. Als George mit der dritten Runde zurückkam, schien er etwas besser aufgelegt. »Wir haben doch genug, auch ohne die Dinge in St. Albans.«
»Ich glaube, Stillman hat ein schlechtes Gewissen, weil er nicht mehr getan hat«, sagte Clough.
»Gut. Das sollte er auch. Vielleicht wird er sich anstrengen und die Augen offenhalten, wann Mr. und Mrs. Wells zurückkommen.«
»Das hoffe ich, George. Auch wenn wir unseren Eröffnungsbeschluß bekommen, sind wir noch weit weg vom sicheren Hafen.«
Daily News
, Freitag, 28. Februar 1964, S. 1
Alisons Stiefvater soll wegen Mordes vor Gericht
Der Stiefvater der verschwundenen Schülerin Alison Carter wird wegen Mordes an ihr vor Gericht gestellt, obwohl die Leiche der Dreizehnjährigen nicht gefunden wurde.
Die Richter in Buxton haben gestern die dramatische Entscheidung getroffen, Philip Hawkin des Mordes und der Vergewaltigung anzuklagen und ihn während der Bezirksgerichtstage in Derby vor Gericht zu stellen.
Alison ist nicht gesehen worden, seit sie am 11. Dezember letzten Jahres aus dem abgelegenen Dorf Scardale in Derbyshire verschwand.
Während des viertägigen Eröffnungsverfahrens sagte ihre Mutter, die Hawkin vor etwas mehr als einem Jahr heiratete, als Zeugin für die Anklage aus. Mrs. Carter (wie sie jetzt genannt werden möchte) entdeckte die Waffe, mit der, so behauptet Mr. Desmond Stanley, Kronanwalt und Anwalt der Anklage, ihre Tochter ermordet worden sei.
Gestern hörte das Gericht von Professor John Hammond, daß das Fehlen von Blut am vermuteten Schauplatz des Mordes nicht unbedingt bedeutet, daß keine Tötung stattgefunden hat.
Er bezeugte auch, daß das Blut auf einem Hemd, das als Hawkins Hemd identifiziert wurde, sehr wohl von Alison stammen könnte.
(Forts. auf S. 2)
Der Prozeß
1
High Peak Courant
, Freitag, 12. Juni 1964
Mordprozeß nächste Woche
Der Prozeß gegen den Gutsbesitzer Philip Hawkin beginnt am Montag bei den Bezirksgerichtstagen in Derby.
Hawkin wird Vergewaltigung und Mord an seiner Stieftochter Alison Carter vorgeworfen. Beim Eröffnungsbeschluß vor den Richtern in Buxton im Februar war seine Frau unter den Zeugen der Anklage.
Alison ist seit dem Nachmittag des 11. Dezember letzten Jahres nicht mehr gesehen worden. Sie verschwand, nachdem sie nach der Schule mit ihrem Collie Shep im Tal spazierenging.
Vorsitzender Richter beim Prozeß wird Mr. Fletcher Sampson sein.
Der Klang der Trompetenfanfare durchzog die Luft wie ein schimmernder Regenbogen. In seiner ganzen scharlachroten, hermelinbesetzten Pracht war Richter Fletcher Sampson mit einer berittenen Polizeieskorte in der eichengetäfelten Halle des Bezirksgerichts eingetroffen. George Bennett saß in einem Vorzimmer und rauchte am offenen Fenster. Er stellte sich den eindrucksvollen Einzug des Richters in seinen Gerichtssaal vor, wo er seinen angestammten Platz am richterlichen Rednerpult unter dem königlichen Wappen einnahm. Am ersten Tag des Bezirksgerichts würde der High Sheriff, der oberste Polizeibeamte von Derbyshire, in seiner feierlichen Amtstracht an seiner Seite stehen.
Jetzt, dachte er, würden sie im Gerichtssaal sein und vom Rednerpult auf die Anwälte hinuntersehen, die mit ihren grauen Perücken, schwarzen Roben, den leuchtend weißen Beffchen und Hemden vor ihnen aufgereiht standen, in denen sie wie eine
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