Ein Ort für die Ewigkeit
läuft frei herum und lacht Sie aus.«
George schüttelte den Kopf. »Es funktioniert nicht, Hawkin. Sie spielen das gut, aber die Beweise gegen Sie häufen sich.« Er nahm eine Zigarette aus der Packung und zündete sie gemütlich an. »Allerdings«, fuhr er fort, »haben Sie noch eine Wahl.« Hawkin schwieg, neigte aber den Kopf zur Seite. Er lächelte nicht und preßte die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. »Sie können wählen, ob Sie lebenslänglich bekommen, mit der Chance, die Welt da draußen in zwanzig Jahren oder so wiederzusehen, oder ob sie gehängt werden. Es kommt auf Sie selbst an. Es ist nicht zu spät, um Ihre Aussage zu ändern. Sie bekennen sich schuldig – und Sie leben. Sie machen uns Mühe und Arbeit – und Sie werden gehängt. Am Hals. Bis Sie endgültig und bestimmt tot sind.«
Hawkin lächelte spöttisch. »Sie werden mich nicht hängen. Sogar, wenn sie mich schuldig sprechen, gibt es keinen Richter im Land, der sich trauen würde, mich an den Galgen zu bringen. Nicht mit dem Beweismaterial, das Sie haben.«
George lehnte sich zurück und zog die Augenbrauen hoch. »Sie glauben das nicht? Wenn es für die Geschworenen gut genug ist, um Sie zu verurteilen, dann ist es gut genug für den Richter, um Sie zu hängen. Besonders für einen scharfen Hund wie Fletcher Sampson. Er hat keine Angst vor irgendwelchen Liberalen.« Er beugte sich mit einem Ruck vor, legte die Unterarme auf den Tisch und sah Hawkin direkt in die Augen. »Hören Sie, tun Sie sich selbst einen Gefallen. Sagen Sie uns, wo wir sie finden können. Tun Sie es zur Beruhigung ihrer Mutter. Es wird beim Richter Eindruck machen. Wenn Ihr Anwalt mildernde Umstände für Sie zusammenbringt, könnten Sie in zehn Jahren wieder draußen sein.«
Hawkin schüttelte entnervt den Kopf. »Sie hören wohl nicht gut, George«, und er sagte den Namen so, daß er wie eine Beleidigung klang. »Ich weiß nicht, wo sie ist.«
George stand auf und steckte die Schachtel Zigaretten in seine Tasche zurück. »Bitte, wie Sie möchten, Hawkin. Das muß mich nicht stören. Ich kriege die Beförderung, ob Sie mit dem Geständnis rüberkommen oder nicht. Weil wir nämlich gewinnen werden – da draußen.«
Als er jetzt die Leute auf der Straße unten beobachtete, die ihren Geschäften nachgingen und von dem Drama im Gerichtssaal keine Ahnung hatten, wünschte er sich, er könnte wirklich so zuversichtlich sein, wie er hoffentlich geklungen hatte. Er wandte sich vom Fenster ab und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Jetzt war die Anklage schon verlesen, und Hawkin hatte zweifellos beide Male mit »nicht schuldig« geantwortet.
Stanley würde warten, bis die Geschworenen Platz genommen hatten, dann würde er für die Staatsanwaltschaft die einleitende Begründung vortragen. George fand immer, daß dies der kritischste Moment bei einem Prozeß war. Er glaubte, daß die Leute sich am meisten von dem beeindrucken ließen, was sie am Anfang eines Prozesses hörten, wenn sie noch frisch waren und ihr Bewußtsein für überzeugende Argumente empfänglich. Wenn der Anwalt der Anklage eine Eröffnungsrede hielt, die absolut überzeugt klang, und das, was er zu beweisen vorhatte, so darstellte, als sei es schon eine offensichtlich unwiderlegbare Tatsache, so gab das dann der Verteidigung eine harte Nuß zu knacken. George war zuversichtlich, daß Stanley genau dies gelingen würde. George erwartete, seine eigenen Beweise erst am zweiten Prozeßtag vorbringen zu können, aber er konnte einfach nicht wegbleiben.
Er wünschte nur, Clough würde auftauchen, dann hätte er wenigstens jemanden, mit dem er seine Unruhe teilen konnte.
Desmond Stanley stand auf. »Euer Ehren, ich vertrete den Oberstaatsanwalt in dieser Sache. Philip Hawkin ist der Vergewaltigung von Alison Carter, dreizehn Jahre alt, angeklagt. Es wird ihm weiterhin vorgeworfen, bei einer anderen Gelegenheit am oder um den elften Dezember 1963 die vorgenannte Alison Carter ermordet zu haben.«
Er machte eine Pause, um die Schwere der Anklagen wirken zu lassen. Im Gerichtssaal war es so still, als hätten alle zu atmen aufgehört, um Stanleys klangvoller Stimme zu lauschen.
»Meine Damen und Herren Geschworenen, Philip Hawkin zog im Sommer 1962 nach dem Tod seines Onkels nach Scardale. Er erbte ein ansehnliches Gut – das ganze Tal, das aus fruchtbarem Ackerland besteht, einen beträchtlichen Viehbestand, Schafe und Rinder, Scardale Manor selbst und acht kleine Häuser, die den Weiler
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