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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Vater ersetzen. Aber da habe ich mich getäuscht.« Sie hob den Blick und sah den Richter flehend an. »Als ich ihn heiratete, dachte ich, ich täte das, was am besten für sie war. Ich dachte, sie würde nach einiger Zeit ihre Meinung über ihn ändern.«
    »Wußten Sie, daß Ihr Mann Fotos von Alison machte?«
    »O ja«, sagte sie bitter. »Er ließ sie immer Modell stehen. Aber er ist ein schlauer Kerl. Neun von zehnmal war alles unschuldig, korrekt und öffentlich. Alison mit den Kälbern, Alison am Fluß. So habe ich nie nachgefragt, wenn er sie die anderen Male zu einer der Scheunen mitnahm oder wenn er sagte, er würde mit ihr eine Sitzung machen, während ich zum Einkaufen weg war.« Sie legte eine Hand an ihre Wange, als sei sie entsetzt über das, was sie sagte. »Sie versuchte, mir zu sagen, was sich da abspielte, aber ich hörte nur die Worte, nicht, was dahintersteckte. Ein paarmal vertraute sie mir an, daß sie die Fotositzungen haßte und nicht gern sein Modell war. Aber ich erwiderte ihr, sie solle nicht so blöd sein, es sei nun mal sein Hobby und außerdem etwas, was sie zusammen tun könnten.« Ihre Worte fielen wie Steine in den Gerichtssaal. Während ihrer ganzen Aussage saß Hawkin da und schüttelte den Kopf, als sei er völlig erstaunt, daß sie solche Dinge über ihn sagen konnte.
    »Gehen wir weiter, Mrs. Carter. Hat Ihr Mann je eine Schußwaffe besessen?«
    Sie nickte. »O ja. Er zeigte sie mir nach unserer Heirat. Er sagte, sie sei ein Andenken seines Vaters an den Krieg, er hätte aber keinen Waffenschein, und ich sollte niemandem etwas davon erzählen.«
    »Haben Sie etwas Besonderes daran bemerkt?«
    »Über den Griff liefen kreuz und quer Linien, und an der Unterseite war eine Ecke angeschlagen.«
    Stanley machte eine Notiz und fuhr dann fort. »Wo hob er den Revolver auf?«
    »In seinem Arbeitszimmer in einem abgeschlossenen Metallkasten.«
    »Haben Sie in letzter Zeit diesen Kasten gesehen?«
    »Die Polizei hat ihn gefunden, als sie das Arbeitszimmer am Tag seiner Verhaftung durchsuchte. Aber er war leer.«
    »Können wir Mrs. Carter das Beweisstück …«, Stanley blätterte in seinen Unterlagen, »das Beweisstück vierzehn zeigen?«
    Der Gerichtsdiener gab Ruth den Webley-Revolver, mit einem beschrifteten Schildchen daran. »Das ist er«, sagte sie. »Der Griff ist hier beschädigt, unten, wie ich sagte.«
    Hawkin zog die Stirn kraus und warf seinem Anwalt Rupert Highsmith, der fast unmerklich den Kopf schüttelte, einen Blick zu.
    Stanley kam dann zu der Entdeckung von Hemd und Revolver in Hawkins Dunkelkammer und war behutsam und geduldig, als er Ruth über die schmerzlichen Beweisstücke befragte. Endlich schien er fertig zu sein. Aber schon halb bei seinem Platz angekommen, blieb er stehen, als sei ihm plötzlich etwas eingefallen. »Noch eines, Mrs. Carter. Haben Sie Ihren Mann je gebeten, für Sie Heftpflaster zu kaufen?«
    Ruth sah ihn an, als habe er den Verstand verloren. »Heftpflaster? Wenn wir Heftpflaster brauchen, kaufe ich es vom Lieferwagen.«
    »Vom Lieferwagen?«
    »Von dem mobilen Laden, der einmal die Woche kommt. Ich habe
ihn
nie gebeten, Heftpflaster zu kaufen.«
    »Danke, Mrs. Carter. Ich habe keine weiteren Fragen, aber Sie müssen warten, ob mein verehrter Kollege noch etwas von Ihnen wissen will.« Er setzte sich.
    Die Rathausuhr hatte inzwischen schon lange zwölf geschlagen. Sampson lehnte sich zurück und sagte: »Wir werden jetzt unterbrechen und um zwei Uhr fortfahren.«
    Bevor sich die Tür hinter dem Richter schloß, wurde Hawkin bereits aus dem Gerichtssaal gebracht. Er warf einen Blick über die Schulter auf seine Frau, und hinter der Maske der Unerschütterlichkeit zeigte sich endlich sein bitterer Haß. Highsmith sah den Blick und seufzte. Er wünschte, er hätte eine andere Möglichkeit, seine Fähigkeiten einzusetzen, aber leider gab es nichts Anspruchsvolleres und Spannenderes, als jemanden zu verteidigen, von dem er instinktiv wußte, daß er schuldig war. Man hatte ihn oft gefragt, wie er sich fühlte, wenn er Mördern geholfen hatte, ihrer Bestrafung zu entgehen. Er lächelte dann und sagte, es sei ein Fehler, das Gesetz mit der Moral zu verwechseln. Es sei schließlich die Aufgabe der Anklage und nicht die des Verteidigers, ihre Auffassung zu beweisen.
    Nach der Mittagspause bemühte er sich, der Anklage soviel Schaden wie möglich zuzufügen. Er versuchte nicht, den Eindruck zu erwecken, als wolle er besonders freundlich zu Ruth

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