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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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nannten und das Klicken des Feuerzeugs beim Anzünden einer Zigarette zu hören war. Um halb sieben hatten sie zusammen fast zwanzig Zigaretten geraucht und jeder vier große Scotch getrunken. Am Ende einer Runde stand George auf. »Ich brauche frische Luft«, sagte er. »Ich gehe mal ums Karree.«
    »Ich komme mit«, sagte Clough. Sie ließen ihre Karten und Gläser auf dem Tisch zurück, und Clough sagte Doreen, sie würden gleich wieder dasein.
    Es war ein warmer Sommerabend, das Stadtzentrum war jetzt leer, nur hier und da war noch jemand wegen dringender Arbeiten spät in seinem Büro. Es war zu früh für Kinobesucher, und die beiden Männer hatten den Platz mehr oder weniger für sich. Sie blieben bei einem Standbild von George  II . stehen und rauchten gegen den Sockel gelehnt noch eine Zigarette. »Ich war noch nie im Leben so nervös«, sagte George.
    »Ich weiß, was Sie meinen«, erwiderte Clough.
    »Sie? Sie sind so entspannt wie ein dreizehiges Faultier, Tommy«, warf George ein.
    »Alles nur Fassade, George, mein Magen krampft sich auch zusammen.« Er zuckte die Achseln. »Ich kann es nur besser verbergen als Sie. Sie sagten vorher, Sie wüßten nicht, was Sie tun sollen, wenn Hawkin freikommt? Also, ich weiß genau, was ich mache. Ich reiche meine Kündigung ein und suche mir eine Arbeit, von der man keine Magengeschwüre bekommt.« Er warf seine Zigarettenkippe mit zornigem Schwung weg und verschränkte die Arme vor der Brust, sein Mund war eine dünne Linie in seinem breiten Gesicht.
    »Ich … ich hatte keine Ahnung«, stammelte George.
    »Was? Daß es mir soviel ausmacht? Glauben Sie, Sie sind der einzige, der nachts wach liegt und sich Gedanken über Alison Carter macht?« fragte Clough herausfordernd.
    George rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht und fuhr sich durch die Haare. »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Sie hat sonst niemand, der sich für ihre Sache einsetzt«, sagte Clough zornig. »Und wenn
er
heute abend als freier Mann den Gerichtssaal verläßt, dann haben wir sie im Stich gelassen.«
    »Ich weiß«, murmelte George. »Und wissen Sie noch was anderes, Tommy?«
    »Was?«
    George schüttelte den Kopf und wandte sich ab. »Ich kann’s nicht glauben, daß ich so was auch nur denken, geschweige denn laut sagen würde. Aber …«
    Clough wartete. Dann sagte er: »Was denken?«
    »Je mehr ich in den Zeitungen las, daß ich ein korrupter Polizist bin, der Hawkin alles angehängt hat, desto mehr denke ich, daß ich vielleicht wirklich sonstwas hätte tun sollen, um die ganze Sache bombensicher zu machen«, sagte er bitter. »So sehr hat mich dieser Drecksfall mitgenommen.«
    Bevor Clough antworten konnte, bemerkten beide Männer den großen Auszug aus dem
Lamb and Flag
, angeführt von den Anwälten, deren Roben wie schwarze Flügel flatterten. Hinter ihnen kamen die Journalisten, die sich durch die Türen drängten, einige waren noch dabei, ihre Jacken anzuziehen und ihre Hüte auf die Köpfe zu stülpen. Clough und George sahen sich an und holten beide tief Luft. »Es ist soweit«, sagte George leise.
    »Ja. Nach Ihnen, Boss.«
    Plötzlich war der Platz voller Leute. Carters, Crowthers und Lomas’ kamen von Westen, wo ein Cafébesitzer eine gewinnbringende Idee gewittert hatte und so lange geöffnet hielt, wie Scardale Tee trinken und Pommes essen wollte. Hawkins Mutter erschien vom Süden her mit Mr. und Mrs. Wells aus St. Albans. Alle trafen sich am Seiteneingang des Gerichtsgebäudes, wo sie einander im Gedränge auf unangenehme Weise nahe kamen. George hätte schwören können, daß Mrs. Hawkin die Gelegenheit nutzte, ihm scharf in die Rippen zu stoßen, aber jetzt war ihm das gleichgültig. Irgendwie quetschten sie sich alle bis zu den ihnen zugewiesenen Plätzen im Gerichtssaal durch. Als sie sich niedergelassen hatten wie ein Schwarm Vögel auf den Bäumen der Stadt bei Sonnenuntergang, wurde Hawkin von den beiden Polizisten hereingebracht, die jeden Tag bei der Verhandlung neben ihm gestanden hatten. Er sah düsterer und erschöpfter aus als in der Woche zuvor, bemerkte George. Hawkin sah sich um und winkte kurz seiner Mutter auf der Zuschauergalerie zu. Diesmal gab es kein Lächeln für George, nur einen kalten, undurchdringlichen Blick.
    Bei der Rückkehr des Richters in seiner prächtigen scharlachroten, hermelinbesetzten Robe und des Hohen Sheriffs standen alle hastig und füßescharrend auf. Dann kam endlich der Augenblick, den jeder aus ganz persönlichen

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