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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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die aus der arroganten Überzeugung eines Mannes entstand, daß er wisse, wo die Gerechtigkeit zu finden sei. Im besten Fall haben wir gezeigt, daß die Argumentation der Anklage ganz sicher nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Meine Damen und Herren, ich lege das Schicksal Philip Hawkins in Ihre Hände. Es ist meine feste und unerschütterliche Überzeugung, daß Sie ihn in beiden Fällen freisprechen werden. Ich danke Ihnen.

Der Prozeß
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    A
uszüge aus dem offiziellen Protokoll vom Prozeß der Krone gegen Philip Hawkin; Richter Fletcher Sampson faßt für die Geschworenen zusammen.
    Meine Damen und Herren Geschworenen, es ist die Aufgabe der Anklage, ohne jeden Zweifel zu beweisen, daß der Angeklagte dessen schuldig ist, was ihm vorgeworfen wird. Es ist die Aufgabe der Verteidigung, aufzudecken, ob es genügend Schwächen in ihrer Argumentation gibt, daß Zweifel angebracht sind. Manche von Ihnen werden vielleicht erwarten, daß ich Ihnen jetzt erkläre, ob ich den Angeklagten für unschuldig oder schuldig halte. Aber das ist nicht meine Rolle. Es ist Ihre Verantwortung, und Sie müssen versuchen, ihr nicht auszuweichen. Meine Rolle ist es, für Fairneß zu sorgen, und damit Gerechtigkeit waltet, ist es meine Aufgabe, den Fall zusammenzufassen und Sie in juristischen Fragen zu beraten.
    Der Fall, den wir vor uns haben, ist vor allem wegen der Abwesenheit von Alison Carter schwierig – ob sie nun noch lebt oder tot ist. Wenn sie noch am Leben wäre, würde die zweite Anklage, die Mordanklage, offensichtlich fallen, aber sie wäre die beste Zeugin für die erste Anklage, die der Vergewaltigung. Wäre ihre Leiche entdeckt worden, hätte sie unseren Experten von der Spurensicherung und Gerichtsmedizin viel zu sagen gehabt und uns unvermeidlich mit einer beträchtlichen Menge von Beweisen versorgt. Aber sie ist nicht hier, um ihre Aussage zu machen, und so sind wir gezwungen, uns auf Beweise aus anderen Quellen zu verlassen.
    Erstens muß ich Ihnen sagen, daß die Anklage für eine Mordvermutung keine Leiche vorweisen muß. Angeklagte sind des Mordes für schuldig befunden worden, ohne daß je eine Leiche gefunden wurde. Wenn die Anklage Sie überzeugt hat, daß es genug Beweise gibt und daß sie unausweichlich auf
eine
Schlußfolgerung hinauslaufen, ist es Ihr Recht, einen Schuldspruch zu verhängen. Und ebenso müssen Sie das Urteil »nicht schuldig« fällen, wenn es der Verteidigung gelungen ist, Ihre Sicherheit genug zu erschüttern.
    Nun, was die Beweise in diesem Fall …

Das Urteil
    G eorge tat so, als lese er den Bericht über einen Einbruch in ein Lebensmittelgeschäft mit Lizenz zum Alkoholverkauf, als das Telefon klingelte. »Die Geschworenen haben sich zur Beratung zurückgezogen«, sagte Clough.
    »Bin schon unterwegs«, erwiderte George, knallte den Hörer auf die Gabel und sprang auf. Er ergriff Hut und Mantel und rannte aus seinem Büro. Er hörte nicht auf zu laufen, bis er sich hinter das Steuerrad seines Wagens warf. Als er um den Torpfosten des Parkplatzes herumschlitterte, sah er gerade noch Superintendent Martin am Fenster seines Büros und fragte sich, ob er dieselbe Botschaft erhalten hatte.
    George donnerte durch die Stadt und auf die alte Römerstraße hinaus, die grüne Felder und grauweiße Trockenmauern durchschnitt wie eine Schere eine Patchworkdecke. Sein Fuß drückte das Gaspedal bis zum Boden durch, und der Zeiger auf dem Tacho kroch über fünfzig Meilen, über sechzig und stand zitternd jenseits der siebzig. Wann immer irgend etwas vor ihm auftauchte, sorgte ein langes, plärrendes Hupen dafür, daß alle zur Seite wichen und ihn vorbeifahren ließen.
    Er hatte keine Augen für die einfache Schönheit des Sommernachmittags. Er war voll auf die Straße konzentriert, die sich vor ihm hinzog. Er passierte die Kreuzung bei Newhaven und mußte langsamer fahren, als die Römerstraße aufhörte und von einer Landstraße mit mehr Kurven ersetzt wurde, die ihn holpernd auf und ab über kleine Hügel und an tempofeindlichen Hindernissen vorbei führte. Sein einziger Gedanke waren die zehn Männer und zwei Frauen, die im Geschworenenzimmer eingeschlossen waren. Schließlich lag die kleine Marktstadt Ashbourne hinter ihm, und die Straße wurde wieder breiter.
    Würden sie ihre Entscheidung getroffen haben, bevor er dort ankam? fragte sich George. Eigentlich rechnete er nicht damit. Sosehr er glauben wollte, daß er Stanley mit genug Munition ausgestattet hatte, um Hawkin im Kugelfeuer

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