Ein Ort für die Ewigkeit
Catherine sarkastisch. »Ich hatte gehofft, ich könnte heute abend den Zug zurück nach London nehmen.«
»Tut mir leid«, sagte Paul. »Die Skandinavier neigen dazu, Journalisten ein bißchen zu weit unten in der Nahrungskette anzusiedeln, um sich ihretwegen Gedanken zu machen.«
»Es ist nicht Ihre Schuld. Danke, daß Sie es für mich geregelt haben. Wenigstens darf ich jetzt einen zusätzlichen Tag im sonnigen Brüssel verbringen«, fügte sie ironisch hinzu.
Paul lachte. »Ja, stimmt. Aber ich finde es nicht schön, daß Sie hier herumsitzen müssen, ohne etwas zu tun zu haben. Hören Sie, wenn Sie nichts anderes vorhaben, dann kommen Sie doch zu uns nach Hause auf einen Drink.«
»Nein, machen Sie sich keine Gedanken, ich komme schon zurecht«, erwiderte sie mit professioneller Unbekümmertheit.
»Ich lade Sie nicht nur aus Pflichtgefühl ein«, sagte er beharrlich. »Ich hätte gern, daß Sie Helen kennenlernen.«
Seine Partnerin, erinnerte sie sich. Eine Dolmetscherin und Übersetzerin bei der Europäischen Kommission. »Ich bin sicher, das ist ganz genau das, was sie sich nach einem Tag im Turm zu Babel wünscht«, sagte sie spöttisch.
»Sie liest jeden Monat Ihre Zeitschrift und wird mich umbringen, wenn ich diese Chance verstreichen lasse, Sie auf ein Glas Wein – oder drei – mit nach Hause zu bringen.
Und
sie ist auch eine aus dem Norden«, fügte er hinzu, als ob damit der Fall erledigt wäre.
Irgendwie war es auch so, denn kurz nach sieben stand Catherine Helen Markiewicz gegenüber und tauschte kleine Küßchen, die in der Luft landeten. Nicht unbedingt eine typische Begrüßung für Leute aus Derbyshire, dachte sie süffisant, während sie Pauls Partnerin prüfend betrachtete. Etwas über Dreißig, die dunklen, kurzen Haare ein zerzauster Schopf, der über die breite Stirn nach vorn fiel. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht, gerade dunkle Brauen, hohe Wangenknochen und ein offenes Lächeln. Ihr Make-up war dezent, aber wirkungsvoll, genau wie es die Modeseiten für die berufstätige Frau vorschlugen. Helen kam ihr irgendwie bekannt vor, und sie fragte sich, ob sie ihr während der letzten paar Tage in den Korridoren der EU -Gebäude begegnet war. Eine so eindrucksvolle und elegante Frau wäre ihr aufgefallen, und wenn auch nur unbewußt. Sie verstand gut, warum Paul darauf erpicht war, sie vorzuzeigen.
Während Paul Rotwein in große Gläser schenkte, machten die beiden Frauen es sich in den entgegengesetzten Ecken einer weichen Couch bequem. »Paul hat mir erzählt, daß Mrs. Hammarqvist Sie versetzt hat«, sagte Helen, und ihre Aussprache hatte noch deutliche Spuren eines Yorkshire-Akzents. »Das muß so ähnlich sein, als raffte man sich auf, zum Zahnarzt zu gehen, und fände dann heraus, daß die Praxis schon geschlossen ist.«
»So schlimm ist sie nicht«, protestierte Paul.
»Für Geld würde sie auch Grendels Mutter versetzen«, sagte Helen etwas zusammenhanglos.
»Ich bin sicher, Catherine wird ihr nicht zuviel durchgehen lassen.«
»O ja, das glaub ich auch, Schatz«, sagte Helen und grinste zu Catherine hinüber. »Hat er Ihnen erzählt, daß ich ein großer Fan von Ihnen bin? Im Ernst – ich habe wirklich ein Abonnement.«
»Da bin ich echt beeindruckt«, erwiderte Catherine. »Aber sagen Sie, wie haben Sie beide sich kennengelernt? Ist es eine Euro-Romanze?«
»Paß auf, Helen, sie ist schon dabei, Material für das Feature in der Valentinstag-Ausgabe von nächstem Jahr auszukundschaften.«
»Nicht alle nehmen ihre Arbeit nach Feierabend mit nach Hause«, sagte Helen neckend zu Paul. »Ja, Catherine, wir haben uns in Brüssel kennengelernt. Paul war der erste Mensch bei der Kommission mit einem Akzent aus Nordengland, da hatten wir sofort einen Berührungspunkt.«
»Und ich hab mich sofort in sie verknallt, so hatte sie keine Chance«, fügte Paul hinzu und sah zu Helen hinüber.
»Woher kommen Sie, Helen?«
»Sheffield«, antwortete sie.
»Von meiner Stadt aus gerade mal auf der anderen Seite der Pennines. Ich bin in Buxton aufgewachsen.«
Helen nickte. »Meine Schwester wohnt jetzt in der Gegend. Kennen Sie ein Dorf, das sich Scardale nennt?«
Catherine erkannte den Namen mit einem kleinen überraschten Schock. »Natürlich kenne ich Scardale.«
»Jan ist vor zwei Jahren dorthin gezogen.«
»Wirklich? Warum Scardale?« fragte Catherine.
»Wie es manchmal so geht. Meine Tante hat viele Jahre bei uns gewohnt, und sie hat von einer entfernten Verwandten
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