Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
starrte konzentriert auf einen Monitor. Sie sah kaum auf, als Janet Catherine hereinbat.
    »Aber das ist ja wunderbar«, rief Catherine unwillkürlich.
    »Toll, nicht wahr?« Janets Gesichtszüge waren mit dem Alter noch katzenhafter geworden. Die Haut um ihre mandelförmigen Augen legte sich in Fältchen, als sie entzückt lächelte.
    »Alle sind total überrascht davon. Oben ist es eher normal, aber hier unten wollte ich es total verändern.«
    »Janet, das ist ja erstaunlich. Ich habe noch nie so etwas in einem alten Haus gesehen. Wie würden Sie es finden, wenn meine Zeitschrift einen Artikel mit Fotos darüber bringen würde?«
    Janet grinste süffisant. »Es würde doch ein Honorar geben, oder?«
    Catherine antwortete mit einem ironischen Lächeln. »Ich glaube, die Zeitschrift würde das schon verkraften. Es tut mir nur leid, daß ich Ihnen für das Interview zum Buch keines anbieten kann. Aber Verleger … sie sind so geizig mit ihrem Geld.« Damit meinte sie eigentlich, daß sie nicht die Absicht hatte, jemandem etwas von ihrem ansehnlichen Vorschuß anzubieten, der so offenkundig Habgier zeigte wie Janet Carter. Sie fragte sich, wie weit sie den Kaufpreis gedrückt hatte, den sie ihren Eltern für das Haus bezahlt hatte.
    Sie setzten sich auf ein niedriges Sofa, Janet goß Rotwein in schwere Gläser und wies vage in die Richtung ihrer Tochter. »Beachten Sie Alison nicht. Sie wird kein Wort von dem hören, was wir reden. Sie kommt heim von der Schule, steckt ein Fertiggericht in die Mikrowelle, und schon ist sie irgendwo im Cyberspace. Sie ist jetzt im selben Alter wie Ali und ich 1963, denken Sie nur. Wenn ich Alison ansehe, habe ich dieselben Ängste, die meine Mutter gehabt haben muß, obwohl mein Leben so verschieden von dem ihren ist. Alles änderte sich von dem Tag an, als Alison verschwand.«
    Janet setzte sich zurecht wie jemand, der einen langen Bericht beginnt. »Ich glaube, ich habe nie verstanden, wie beängstigend es für meine Tante und meine Eltern war, bis ich selbst ein Kind hatte. Ich konnte immer nur daran denken, daß Alison verschwunden war, und es wäre mir nie eingefallen, mich meinetwegen zu sorgen. Aber die Erwachsenen müssen gleich von Anfang an neben der furchtbaren Angst um Ali auch die große Sorge gehabt haben, daß sie nur das erste Opfer sein könnte und daß keines ihrer Kinder sicher war.
    Damals, vergessen Sie das nicht, wußten wir Kinder ja nicht über das Geschehen Bescheid. Wir lasen keine Zeitungen und verfolgten keine Nachrichten, außer wenn es um Popgruppen oder Filmstars ging. Deshalb hatten wir keine Ahnung, daß schon zwei Kinder gar nicht weit weg, in Manchester, vermißt wurden. Daß Alison verschwunden war, bedeutete, daß unsere Freiheit eingeschränkt wurde, und das war das einzige, was uns klar war, und es war eine sehr merkwürdige Erfahrung für uns in Scardale.«
    Catherine nickte. »Ich weiß genau, was Sie meinen. Es hatte dieselbe Wirkung für uns in Buxton. Plötzlich wurden wir wie zerbrechliches Porzellan behandelt. Überall, wo wir hingingen, mußte ein Erwachsener mitkommen. Meine Mutter ließ mich nicht einmal allein mit dem Hund in Grin Low Woods spazierengehen. Eigentlich ironisch, wo sich doch dann herausstellte, daß die Gefahr so nah war, im eigenen Heim. Aber es muß ja für euch mit all der Angst und dem Kummer direkt vor der Tür tausendmal schlimmer gewesen sein.«
    »Das können Sie wohl sagen«, antwortete Janet nachdrücklich. »Wir waren daran gewöhnt, daß wir uns im Tal frei bewegen konnten. Im Sommer waren wir so gut wie nie im Haus, und sogar mitten im Winter gingen wir in die Berge, folgten dem Scarlaston hinunter nach Denderdale oder trieben uns einfach im Wald herum. Derek und Ali und ich waren ja praktisch gleichaltrig, und deshalb waren wir wie Drillinge und immer zusammen. Dann plötzlich waren wir allein, Derek und ich, und mußten im Haus bleiben. Wie Gefangene. Mein Gott, war das langweilig.«
    »Die Leute vergessen, wie hart es war, in den frühen sechziger Jahren Teenager gewesen zu sein«, sagte Catherine und erinnerte sich nur allzu gut, welch große Rolle Langeweile in ihrer eigenen Jugend gespielt hatte.
    »Besonders in einem Ort wie Scardale«, sagte Janet. »Man ging zur Schule, und alle Freunde sprachen darüber, was sie im Fernsehen oder im Kino gesehen hatten, mit wem sie zum Tanzen beim Kirchenfest gehen würden. Wir hatten nichts von alledem. Sie machten sich immer über uns aus Scardale lustig, weil

Weitere Kostenlose Bücher