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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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weil er sicher sein wollte, daß sein Brief gleich wegginge, und im Ort wird abends die Post nicht abgeholt. Ich fand es ein bißchen komisch, aber er hat solche Dinge eigentlich nie aufgeschoben.«
    Catherine zog plötzlich scharf die Luft ein. Es war nicht fair, Paul über den Brief im ungewissen zu lassen, der seinem Vater so wichtig gewesen war. »Der Brief war für mich«, sagte sie.
    »Für Sie? Worum ging es denn darin?« Paul war offensichtlich verblüfft.
    »Ich glaube, er wollte nicht mit mir persönlich reden«, sagte sie. »Ich glaube, er wollte sich nicht auf den Streit einlassen, denn er wußte, daß er bevorstand.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.« Paul runzelte die Stirn.
    »Ihr Vater wollte, daß ich die Veröffentlichung des Buches rückgängig machen sollte. Ohne jegliche Erklärung«, sagte Catherine.
    »Was? Aber das ist doch widersinnig.«
    »Ich konnte es auch nicht begreifen. Deshalb bin ich heute morgen nach Cromford heruntergekommen. Dann hat die Nachbarin mir gesagt, was geschehen ist.«
    Paul starrte Catherine an. »Sie haben gedacht, Sie könnten hier herunterkommen und ihn damit belästigen? Sehr zartfühlend von Ihnen, Catherine.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Sie mißverstehen mich, Paul. Als ich hörte, was mit George geschehen war, galt mein erster Gedanke ihm und Ihnen allen. Ich wollte meine Hilfe anbieten, meine Unterstützung. Was immer.«
    Paul schwieg und horchte dem nach, was sie gesagt hatte, schien aber zu zweifeln.
    »Ich habe Ihre Eltern in den letzten sechs Monaten sehr liebgewonnen. Was immer das Problem mit dem Buch ist, es kann warten. Glauben Sie mir, Paul, ich mache mir mehr Sorgen darüber, wie es Ihrem Vater geht.«
    Paul fing an, mit den Fingern auf die Lehne der Bank zu trommeln. Er hatte offenbar nicht das Talent seines Vaters zur Gelassenheit. »Hören Sie, Catherine, es tut mir leid, daß ich Sie angefahren habe, aber es ist eine schwere Nacht gewesen. Ich kann im Moment nicht klar denken.«
    Sie legte ihm ihre Hand auf den Arm. »Ich weiß. Wenn es irgend etwas gibt, was ich tun kann, um zu helfen, sagen Sie es mir – bitte.«
    Paul seufzte tief. »Sie können wirklich etwas für mich tun. Ich möchte wissen, was dies alles bewirkt hat. Ich will wissen, was gestern geschehen ist, das seinen Herzinfarkt ausgelöst hat. Wenn ich ihm helfen will, muß ich wissen, was dahintersteckt. Sie wissen mehr über Dads Verbindung zu Scardale als irgend jemand sonst – vielleicht können Sie herausbekommen, was gestern abend passiert ist und ihn so mitgenommen hat, daß ihn sein Herz im Stich ließ.«
    Catherine spürte, wie sich ein Teil der Anspannung löste. Sie fühlte sich nun besser, da Paul mit dem einverstanden war, was sie sowieso schon vorhatte. »Ich werde mein Bestes tun«, sagte sie. »Ist denn gestern abend nichts anderes geschehen, was ihn so hätte aufregen können? Nachdem er auf der Post war, meine ich.«
    Paul schüttelte den Kopf. »Wir sind alle ins Pub im Dorf gegangen. Sie haben einen Garten hinterm Haus, und wir saßen einfach draußen bei unserem Bier und sprachen nicht viel.« Er hielt inne und zog die Stirn in Falten. »Aber er war zerstreut. Zweimal mußte ich etwas wiederholen, weil er der Unterhaltung nicht folgte.«
    »Findet Helen, daß etwas an seinem Benehmen eigenartig war?«
    »Sie meinte auch, daß er irgendwie abwesend schien. Sie meinte, er sei so gewesen, seit wir in Scardale angekommen waren. Sie hatte es bemerkt, aber wahrscheinlich war es für jemanden, der ihn nicht kennt, nicht so klar. Wenn ihre Schwester wegen Dads Einsilbigkeit beleidigt war, hat sie es jedenfalls Helen gegenüber nicht erwähnt …«
    »George hätte bestimmt nichts getan, um Janis zu beleidigen«, sagte Catherine. »Ganz egal, wie aufgeregt er war. Er ist ein gütiger Mensch.«
    Paul räusperte sich. »Ja, das ist er.« Er schaute auf die Uhr. »Ich glaube, ich sollte wieder reingehen.«
    »Wann müssen Sie in Brüssel sein?« fragte Catherine und stand auf.
    Er zuckte die Schultern. »Wir sollten eigentlich übermorgen zu Hause sein. Natürlich werden wir jetzt nicht fahren, und ich werde abwarten, wie es ihm geht.«
    »Ich gehe mit Ihnen zurück.«
    Als sie sich dem Krankenhaus näherten, rief Paul: »Das ist Helen!«, und rannte erschrocken los.
    Als er näher kam, drehte sich Helen um, sie hatte eine Coladose halb an die Lippen geführt. Auf ihr Gesicht trat ein Lächeln, aber er bemerkte es nicht. »Ist etwas mit Dad passiert?«

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