Ein Ort für die Ewigkeit
bringen würde, bevor sie überhaupt den Mund aufgemacht hatte.
Aber morgens waren die Leute optimistisch. Lange vor der Erfindung des Briefträgers wußten das bereits alle. Als sie noch Nachrichtenreporterin war, hatte sie deshalb, wann immer möglich, Besuche am späten Abend vermieden und sich statt dessen für frühmorgens entschieden.
Catherine schlief schließlich vor dem Fernseher ein, und es war schon nach neun Uhr, als sie wieder aufwachte. Sie war dankbar, daß es ihr gelungen war, die Nacht durchzuschlafen, vor allem bei dem Plan, den sie hatte. Als erstes rief sie das Krankenhaus an. Sie sagten, es gebe wenig Veränderung, aber Grund zum Optimismus. Danach rief sie die Nummer der Bennetts zu Hause an, aber nur der Anrufbeantworter meldete sich. Sie hinterließ ihre besten Wünsche und hängte auf.
Eine Stunde später war sie auf der A1 unterwegs. Sie hatte erst die Hälfte des Weges zur Haustür des Fischerhäuschens hinter sich, als sie schon aufging. »Catherine«, sagte Tommy Clough, und sein breites Gesicht verzog sich zu einem Lächeln mit vielen Fältchen. »Ihr Besuch ist eine unerwartete Freude. Kommen Sie, setzen wir uns hinters Haus.«
Sie folgte ihm durch das tadellose Wohnzimmer und die Küche in seinen Garten hinterm Haus, ein Paradies von duftenden Blumen und Büschen. Wie er ihr bei ihrem ersten Besuch erzählt hatte, waren sie alle ausgewählt worden, um Vögel und Schmetterlinge anzulocken. Heute summten leise die Bienen, und während sie sprachen, huschten immer wieder flatternde, bunte Flügel seitlich an ihrem Blickfeld vorbei.
Tommy zog für Catherine einen Holzstuhl heran, dann setzte er sich auf die Bank, von der man einen Blick über den Garten auf die See hinunter hatte. »Also, was bringt Sie hier herauf?« fragte er, als sie saßen.
Sie seufzte. »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, Tommy. Wie ich es auch sage, es wird klingen, als sei ich übergeschnappt.« Sie sah zu Boden. »Haben Sie von George gehört?«
»Was ist passiert?« fragte er erschrocken.
Catherine hielt seinem Blick stand. »Er hatte einen Herzinfarkt. Einen schlimmen, nach allem, was man hört. Er liegt in Derby auf der Intensivstation. Er ist seit gestern früh bewußtlos, soweit ich weiß. Laut Paul hörte sein Herz im Krankenwagen auf dem Weg zur Klinik auf zu schlagen.«
»Und Sie sind so weit hier heraufgekommen, um mir das zu sagen? Catherine, das ist wirklich lieb von Ihnen.« Tommy tätschelte ihr die Hand. »Ich danke Ihnen.«
»Es tut mir leid, daß ich so schlechte Nachrichten bringe.« Für den Augenblick war sie damit zufrieden, die Rolle einer besorgten Freundin einzunehmen.
Er zuckte die Schultern. »In unserem Alter muß man auf so etwas gefaßt sein. Wie hat Anne es aufgenommen? Das muß sie umgehauen haben.«
»Sie ist nicht von seinem Bett gewichen. Paul ist gerade zu Besuch mit seiner Verlobten da, und sie sind bei ihr.«
»Arme Anne. Sie hat ihr Leben für George gelebt. Und mit ihrer Arthritis ist sie nicht in der Lage, ihn intensiv zu pflegen, wenn es soweit käme.« Tommy seufzte und schüttelte den Kopf. Er starrte über den Garten hinaus auf das glitzernde Meer.
Catherine nahm ihre frische Schachtel Marlboro heraus. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich rauche?« fragte sie.
Seine buschigen Augenbrauen hoben sich. »Ich dachte, Sie rauchen nicht. Aber nur zu.« Er stand auf und ging zu einer Hütte in der Ecke des Gartens hinüber und kam mit einem Blumentopfuntersetzer aus Ton zurück. »Den können Sie als Aschenbecher nehmen. Lassen Sie sich Zeit.« Tommy lehnte sich zurück, kreuzte die Beine und steckte die Hände in die Taschen seiner Kordhose.
»Am Montag war George in Scardale. Und Montag nacht hatte er den Herzinfarkt«, sagte sie knapp.
»Sie haben George dazu gebracht, nach Scardale zu gehen?« Tommy riß vor Überraschung die Augen auf.
»Ich nicht. Ich habe es nie geschafft, ihn zu überreden. Aber Paul ist es gelungen. Er ist mit seiner Verlobten Helen hier, und sie wollen dieses Jahr noch heiraten. Jedenfalls, Helens Schwester Janis ist vor zwei Jahren in Scardale Manor eingezogen. Und sie hatten vereinbart, mit George und Anne zum Mittagessen hinüberzufahren. Ich weiß, George ging nicht besonders gern hin, aber als sie dann dort waren, benahm er sich sehr merkwürdig, sagte Paul.«
»Wie merkwürdig?«
»Paul sagte, er schien sehr angespannt. Er hatte keinen Appetit. Außer einem kurzen Rundgang auf der Dorfwiese saß er nur im Garten und sprach
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