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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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von einem Extrem ins andere gependelt. Den Höhepunkt bildete die Vorstellung, wie sich diese Enthüllung auf ihre berufliche Laufbahn auswirken, und den Tiefpunkt die Frage, was dies für George Bennett und seine Familie bedeuten würde. Sie wußte, daß sie irgendwann im Verlauf der Dinge ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden Extremen finden mußte. Aber vorher mußte sie Klarheit über die ganze Wahrheit haben. Catherine sah Tommy direkt in die Augen und sagte: »Es würde bedeuten, daß Philip Hawkin für ein Verbrechen gehängt worden ist, das nie begangen wurde.«

4
    August 1998
    T ommy Clough war nicht sentimental. Er hatte immer in der Gegenwart gelebt und holte sich seine Kraft aus dem, was ihn umgab. Seine andere gute Eigenschaft war Durchhaltevermögen. Obwohl er nie behauptet hatte, daß die Jahre bei der Polizei eine besondere Bereicherung für ihn gewesen waren, blieb er lange bei dem Job, weil es sein unverrückbarer Gerechtigkeitssinn war, der ihn überhaupt zur Polizei gebracht hatte. Schon damals hatte er es jedoch nur mit Hilfe seiner beiden Hobbys, Vogelkunde und Jazz, durchgehalten.
    Aber er hatte Catherine durchaus die Wahrheit gesagt, als er gestand, daß der Alison-Carter-Fall der Anfang vom Ende seiner Polizeikarriere war. Zu sehr hatte er sich um den Ausgang des Falls gesorgt, der bestenfalls unsicher war. Der Gedanke, daß Alisons Mörder frei herumlaufen könnte, quälte ihn in der Zeit, während der Prozeß vorbereitet wurde, Tag und Nacht, und so etwas wollte er nie wieder erleben. Es hatte zwei Jahre gedauert, bis er sich wirklich im klaren war, wie er die Ermittlung und ihre Ergebnisse sah, aber als er die Entscheidung getroffen hatte, war er innerhalb einiger Wochen aus dem Polizeidienst von Derbyshire ausgeschieden. Und er hatte es nie bereut.
    Als Catherine Heathcote vor zwei Monaten zu ihm gekommen war, hatte ihn das eigentlich zum ersten Mal, seit er den Dienst quittiert hatte, zu einer kritischen Prüfung der Vergangenheit gezwungen. Vor dem Interview war er tagelang auf den Klippen und der Landzunge in der Nähe seines Häuschens hin und her gegangen und hatte den Fall Scardale von allen Seiten betrachtet.
    Eine seiner Stärken als Detective war die Intuition gewesen. Sie hatte ihn oft, wenn es keine konkreten Verdachtsmomente gab, trotzdem weitermachen lassen, und nicht selten hatte das bei Verhaftungen und Verurteilungen zu Buche geschlagen. Er war von Anfang an überzeugt gewesen, daß Philip Hawkin ein elendes Stück Dreck war. All seine Instinkte hatten schon bei seiner ersten Begegnung mit dem Mann Alarm signalisiert. Lange bevor George Bennett jemals erste Andeutungen eines Verdachts gegen Hawkin äußerte, hatte Tommy Clough gespürt, daß der Squire etwas Schwerwiegendes zu verbergen hatte.
    Sobald George zu erkennen gab, er wolle, daß sie sich näher mit Hawkin befaßten, grub sich Tommy in die Materie ein wie ein Terrier in den Erdboden, um jede mögliche Spur von Beweisen auszugraben, die ihre Vermutung stützen konnte. Niemand hatte hartnäckiger für das Vorhaben gearbeitet, Philip Hawkin dingfest zu machen, nicht einmal George selbst. Und trotzdem war Tommy sich nicht eindeutig sicher gewesen, daß Hawkin ein Mörder war. Er hatte keine Zweifel, daß der Mann ein brutaler Sexualverbrecher war, und hatte wegen der Fotos Alpträume gehabt, denn er wußte, sie waren nicht zusammengebastelt worden, weder von George Bennett noch von sonst irgend jemandem. Aber obwohl er Hawkin verachtete und verabscheute, war er nie hundertprozentig überzeugt gewesen, daß er der Killer war, als den sie ihn darstellten. Vielleicht war es dieser nagende Zweifel, der ihn so hart arbeiten ließ, um unumstößliche Beweise gegen ihn zu sammeln. Genausosehr wie die Geschworenen hatte er sich selbst überzeugen wollen. Und das Bewußtsein, daß sein Instinkt letztendlich versagt hatte, ließ in ihm schließlich Mißtrauen gegenüber seiner Arbeitsweise aufkommen.
    Und jetzt hatte Catherine ihre doppelte Bombe platzen lassen. Sie glaubte, daß George Bennett auf der Intensivstation an den Apparaten hing, weil ihm genauso wie ihr klargeworden war, daß Alison Carter wohlauf war und in Scardale lebte. Einerseits ergab das keinen Sinn. Aber wenn Catherine recht hatte, war damit Tommy Cloughs früheres Unbehagen gerechtfertigt. Trotzdem hätte er jetzt fast alles gegeben, hätte er nur in dieser Sache vor all den Jahren unrecht gehabt. Denn wenn Alison Carter tatsächlich noch lebte, würde

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