Ein Ort für die Ewigkeit
streckenweise den Auslöser ihrer Hochstimmung aus den Augen verlor. Daß ein Mann, an lebenserhaltende Apparate angeschlossen, in einem Krankenhaus in Derby lag, war für den Moment unwichtig geworden. Zu angespannt, um zu essen, fuhr sie nach Longnor zurück, und schwindelerregende Möglichkeiten rumorten in ihrem Kopf.
Catherine beschloß, das erste, was sie tun mußte, war, herauszufinden, wer Janis Wainwright juristisch gesehen war. Sie bezweifelte nicht, daß Janis Wainwright eine juristische Existenz hatte, denn ohne eine solche konnte sie kein Haus besitzen oder eine passable berufliche Karriere machen. Diese Daten zu finden würde heißen, in Archiven und Akten nach Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden zu suchen. Sie würde Tage dafür brauchen, wenn sie es selbst tat, aber es gab Agenturen, die solche Dinge routinemäßig für Journalisten erledigten. Sie schaltete ihren Laptop an und begann, eine E-Mail-Anfrage an die Legal Search Agency zu formulieren, eine Firma, die sich auf die Suche nach Informationen über Personen und Firmen spezialisiert hatte.
Catherine war ziemlich sicher, daß Janis nie geheiratet hatte. Erstens hatte Helen nie einen Ehemann erwähnt, außerdem zeigte ein schneller Blick auf den Brief, den sie von Janis’ Rechtsanwalt bekommen hatte, um die Führung durch das Gutshaus zu vereinbaren, daß der Anwalt sie als »Miss Wainwright« bezeichnet hatte. Und Helen selbst hatte natürlich geheiratet und war jetzt geschieden, was erklärte, weshalb sie einen anderen Nachnamen hatte.
Irgendwo mußten deshalb die Angaben zu Janis Wainwrights Geburtsurkunde sein. Um wirklich sicherzugehen, hatte Catherine auch um die Angaben für Helen gebeten. Und weil sie wie alle Journalisten mit einer guten Portion Mißtrauen ausgestattet war, bat sie außerdem, nachzuforschen, ob es einen Beleg für Janis Wainwrights Tod irgendwann zwischen ihrer Geburt und Alisons Verschwinden im Dezember 1963 gab. Mit Hilfe der Angaben auf der Geburtsurkunde würde man die Heiratsurkunde von Janis’ Eltern aufspüren können und damit deren Geburtsurkunden, falls sich das als nötig erweisen sollte. Das wäre ein Anfang für die Nachforschungen, ob es eine Verbindung zwischen Janis Wainwright und Alison Carter gab.
Catherine schickte den Auftrag weg und gab an, daß sie die schnellstmögliche Erledigung wolle und man ihr die Ergebnisse per E-Mail und zusätzlich auf Papier durch die Post zuschicken solle. Trotzdem wußte sie, daß es eine realistische Hoffnung auf Antwort nicht vor dem späten Nachmittag des nächsten Tages gab. Sie hatte keine Ahnung, wie sie die Zeit bis dann ausfüllen konnte.
Da fiel ihr George wieder ein. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, daß sie die Gedanken an ihn verdrängt hatte, und rief in der Klinik an, um sich nach ihm zu erkundigen. Die Schwester auf der Intensivstation sagte ihr, die Lage hätte sich nicht geändert. Mit gemischten Gefühlen hängte sie auf. Sie fand die Vorstellung von George und dem, was mit ihm geschehen war, entsetzlich, aber der Moment des Wiedererkennens, der seinen Herzinfarkt ausgelöst hatte, schien auch auf die größte Story ihres Lebens hinzuführen. Sie kannte sich gut genug, um sich völlig im klaren zu sein, wieviel ihr das bedeutete. Catherines berufliches Engagement war schon immer intensiver gewesen als jede Bindung an Menschen. Sie wußte, daß dies aus der Sicht der meisten Leute traurig war; aber Catherine fand es trauriger, alles auf eine Karte, nämlich die der Mitmenschen, zu setzen, die einen doch ständig im Stich ließen. Leute kamen und gingen, und man konnte an zwischenmenschlichen Beziehungen viel Freude haben. Aber kein Mensch war je so verläßlich gewesen wie die mitreißende Erregung nach einem gelungenen Exklusivinterview.
Sie goß sich noch etwas zu trinken ein und überlegte, was sie als nächstes tun sollte. Als das Glas leer war, wußte sie, es gab nur eine mögliche Zielrichtung.
Drei Stunden später buchte Catherine ein Zimmer in einem Viersternehotel am Stadtrand von Newcastle. Sie hatte gelernt, daß eines der Geheimnisse guter journalistischer Arbeit war, zu wissen, wann sie vorpreschen und wann sie sich in Geduld üben mußte. Ihr Drang, die Story vollends aufzurollen, wurde von ihrer durch Erfahrung geschulten Einsicht in Schach gehalten. Unangekündigt spätabends bei jemandem vor der Tür zu stehen war immer eine schlechte Idee. Sie wußte, daß man dann ihr Auftauchen mit schlechten Nachrichten in Verbindung
Weitere Kostenlose Bücher