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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Kissen. Mein Gott, war sie schön. Sie nur schlafend zu betrachten war genug, ihn zu erregen. Er wünschte, er könnte seine Kleider abwerfen und neben ihr ins Bett schlüpfen, um ihre Wärme an seinem Körper zu fühlen. Aber heute nacht konnte er der Erinnerung an Ruth Hawkins gequälte Augen nicht entkommen.
    Mit einem leisen Seufzer wandte er sich ab. Eine halbe Stunde später war er wieder in der Versammlungshalle der Methodisten und starrte Alison Carter an. Er hatte vier von Hawkins Fotos an das schwarze Brett geheftet. Das andere hatte er auf der Polizeiwache hinterlegt und dringend gebeten, es zu kopieren, so daß es bei der Pressekonferenz ausgegeben werden könnte. Der Kommissar der Nachtschicht schien unsicher, ob dies rechtzeitig erledigt werden konnte. George hatte ihm klargemacht, was er erwartete.
    Vorsichtig breitete er die amtliche topographische Karte aus und versuchte, sie mit den Augen einer Person zu betrachten, die plant wegzulaufen. Oder aus der Sicht eines Menschen, der einem anderen das Leben nehmen will.
    Dann trat er aus der Halle hinaus und ging den schmalen Weg nach Scardale zu Fuß hinunter. Nach ein paar Metern wurde das matte gelbe Licht, das aus den hohen Fenstern schien, von der alles bedeckenden Dunkelheit verschluckt. Der einzige Lichtschimmer kam von den Sternen, die hier und da durch die Wolken blinkten. Er brauchte viel Zeit, um den Grasbüscheln am Wegrand auszuweichen, über die er ständig zu stolpern drohte.
    Nach und nach wurden seine Pupillen größer, die Augen gewöhnten sich an die Nacht und erhaschten Bilder von den Geistern und Schatten der Landschaft. Aber als sie sich in Hecken und Bäume, Schafhürden und Zauntritte auflösten, war ihm die Kälte schon in die Knochen gekrochen. Leichte Halbschuhe mit dünnen Sohlen waren dem gefrorenen Boden nicht gewachsen, und nicht einmal seine mit Baumwolle gefütterten Lederhandschuhe konnten die eisigen Luftstöße abhalten, die wie in einer Schneise durch die Straße nach Scardale fegten. Seine Augen und Ohren fühlten nichts mehr außer Schmerz. Nach einer Meile gab er auf. Wenn Alison Carter in diesem Wetter im Freien war, mußte sie widerstandsfähiger sein als er, stellte er fest.
    Entweder das oder unfähig, noch irgend etwas zu empfinden.
    Manchester Evening News,

Donnerstag, 12. Dezember 1963, S. 11
     
    JUNGE MIT ZELT :
Neue Hoffnung bei der Suche nach John
     
    Von einem Mitarbeiter unserer Redaktion
     
    Polizeibeamte, die im Fall des verschwundenen zwölfjährigen John Kilbride aus Ashton-under-Lyne ermitteln, wurden heute zu einem bekannten Ausflugsort außerhalb der Stadt gerufen, wo ein Junge mit Zelt gesehen worden war.
    Es gab neue Hoffnung, als man berichtete, der Junge sei gesund und wohlauf. Aber dies stellte sich als falscher Alarm heraus.
    Der gefundene Junge war ungefähr gleich alt – elf Jahre – und ebenfalls als vermißt gemeldet. Aber es handelte sich um David Marshall aus Oldham, Gorse View, Alt Estate.
    Er war erst seit einigen Stunden verschwunden gewesen.
    Als er zu Hause »Schwierigkeiten« bekommen hatte, packte er seine Sachen und ein Zelt und machte sich auf, um in der Nähe einer Farm in Lily Lanes an der Grenze zwischen Ashton und Oldham zu campen.
    Dies war ein weiterer Fehlschlag auf der Suche nach John aus Ashton, Smallshaw Lane, die nun schon 19 Tage andauert.
    Ein Polizeisprecher sagte heute: »Wir dachten wirklich, wir hätten etwas Wichtiges entdeckt. Aber zumindest waren wir froh, daß wir einen Jungen gesund und unversehrt nach Hause zurückbringen konnten.«
    David wurde in seinem einsamen Lager von einem Besucher der Farm entdeckt, der sofort die Polizei benachrichtigte.
    »Es zeigt, daß die Bevölkerung wirklich mit uns zusammenarbeitet«, sagte die Polizei.
    Donnerstag, 12. Dezember 1963, 7 Uhr 30
    Janet Carter erinnerte George an eine Katze, die seine Schwester einmal gehabt hatte. Ihr dreieckiges Gesicht mit der kecken Nase, den weit auseinanderliegenden Augen und dem winzigen Mund, der einer Rosenknospe glich, war so verschlossen und wachsam wie bei all den gezähmten Raubtieren seiner Bekanntschaft. Sie hatte sogar ein paar winzige Pickel über der Oberlippe, als hätte ihr jemand die Schnurrhaare ausgerissen. Sie saßen sich in der niedrigen Küche ihrer Eltern gegenüber. Janet knabberte an einer Scheibe Toast mit Butter; die scharfen Zähnchen nagten von den beiden Ecken einwärts und bissen Halbmonde heraus. Sie hielt den Blick gesenkt, aber alle paar

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