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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Minuten warf sie ihm unter ihren langen Wimpern einen Seitenblick zu.
    Auch als er noch jünger gewesen war, war ihm in der Gegenwart halb erwachsener Mädchen nie recht wohl gewesen, ein natürliches Ergebnis der Tatsache, daß er eine drei Jahre ältere Schwester hatte, deren Freundinnen den Grünschnabel George zuerst als angenehmes Spielzeug und später als ein wunderbares Testobjekt für den Witz und Charme betrachteten, den sie dann für ältere Zielobjekte einsetzen wollten. George hatte sich manchmal wie die menschliche Variante der kleinen Zusatzräder an einem Kinderfahrrad gefühlt. Der einzige Vorteil, den die Erfahrung ihm gebracht hatte, war, daß er zu wissen glaubte, wann ein Teenager log – was mehr war, als die meisten Männer schafften, die er kannte.
    Aber sogar diese Gewißheit schwand angesichts Janet Carters Selbstbeherrschung. Ihre Cousine war verschwunden, mit all den Implikationen, die das mit sich brachte, aber Janet sah so gelassen aus, als wäre Alison nur mal schnell einkaufen gegangen. Ihre Mutter Maureen hatte ihre Gefühle wesentlich schlechter im Griff, und ihre Stimme zitterte, als sie über ihre Nichte sprach; sie hatte Tränen in den Augen, als sie ihre drei kleineren Kinder aus der Küche hinausbrachte und George allein ließ, damit er Janet befragen konnte. Und ihr Vater Ray war schon weg, um seine Ortskenntnis einem der Polizeitrupps, die nach dem Kind seines verstorbenen Bruders suchten, zur Verfügung zu stellen.
    »Du kennst Alison wahrscheinlich besser als sonst irgend jemand«, sagte George schließlich und achtete darauf, daß er die grammatische Gegenwartsform beibehielt, obwohl das immer unpassender zu werden schien.
    Janet nickte. »Wir sind wie Schwestern. Sie ist acht Monate und zwei Wochen älter als ich, deshalb sind wir in der Schule in verschiedenen Klassen. Genau wie richtige Schwestern.«
    »Ihr seid zusammen hier in Scardale aufgewachsen?«
    Janet nickte, ein weiteres halbrundes Stück Toast verschwand zwischen ihren Zähnen. »Wir drei, ich und Alison und Derek.«
    »Ihr seid also wie die besten Freundinnen und zugleich Cousinen?«
    »In der Schule bin ich nicht ihre beste Freundin, weil wir in verschiedenen Klassen sind, aber zu Hause schon.«
    »Was macht ihr denn so zusammen?«
    Janets Mund zuckte, und sie preßte die Lippen aufeinander, als sie einen Augenblick nachdachte. »Nichts Besonderes. Manchmal nimmt uns unser großer Cousin Charlie mit nach Buxton zum Rollschuhlaufen. Manchmal gehen wir in die Läden von Buxton oder Leek, aber meistens sind wir einfach hier. Wir gehen mit den Hunden spazieren. Manchmal helfen wir auf der Farm, wenn sie nicht genug Leute haben. Ali hat zum Geburtstag einen Plattenspieler bekommen, deshalb hören wir – ich und Ali und Derek – uns oft in ihrem Zimmer Platten an.«
    Er trank einen Schluck von dem Tee, den ihm Maureen Carter hingestellt hatte, und war erstaunt, daß irgend jemand stärkeren Tee als die Polizeikantine machen konnte. »Hat es etwas gegeben, das sie gequält oder geärgert hat?« fragte er. »Probleme zu Hause? Oder in der Schule?«
    Janet hob den Kopf und starrte ihn mit einem Stirnrunzeln an, bei dem ihre Augenbrauen fast zusammenstießen. »Sie ist bestimmt nicht weggerannt«, sagte sie scharf. »Jemand muß sie mitgenommen haben. Ali würde nicht weglaufen. Warum sollte sie? Es gibt doch nichts, vor dem man weglaufen müßte.«
    Vielleicht nicht, dachte George und war erstaunt über ihre Heftigkeit. Aber vielleicht hatte es etwas gegeben,
zu
dem zu laufen es sich lohnte. »Hat Alison einen Freund?«
    Janet stieß heftig die Luft durch die Nase. »Eigentlich nicht. Sie ist zweimal mit einem Jungen aus Buxton ins Kino gegangen. Alan Milliken. Aber eigentlich war es gar kein Rendezvous. Sie sind zu sechst oder so gegangen. Sie hat mir erzählt, daß er versucht hat, sie zu küssen, aber sie ließ ihn nicht. Sie hat gesagt, wenn er meint, daß er machen kann, was er will, weil er fürs Kino bezahlt hat, dann täuscht er sich.« Janet sah ihn trotzig an, erregt von ihrem Gefühlsausbruch.
    »Es gibt also niemand, den sie besonders mag; vielleicht jemand, der älter ist?«
    Janet schüttelte den Kopf. »Wir finden beide Dennis Tanner von der
Coronation Street
toll und Paul McCartney von den Beatles. Aber das ist bloß Phantasie. Es gibt keinen
Wirklichen
, den sie mag. Sie sagt immer, Jungs sind langweilig. Sie wollen immer nur über Fußball und über Raketen reden, die ins Weltall fliegen, und

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