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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Gips. Dann fing sie an zu zittern, als hätte sie Fieber. Ihre Zähne klapperten, und ihr ganzer Körper bebte. Kathy machte ein paar große, schnelle Schritte durch die Küche, hielt sie fest und wiegte sie, wie sie es mit ihren Kindern getan hatte.
    Philip Hawkin schien überhaupt nichts um sich herum wahrzunehmen. Wie Ruth war er bei der Nachricht blaß geworden. Aber das war die einzige Gemeinsamkeit ihrer Reaktion. Er schob den Stuhl vom Tisch zurück und ging wie ein Schlafwandler aus der Küche. Kathy war zu sehr mit Ruth beschäftigt, um es gleich zu bemerken, aber Charlie stand da und starrte ihm mit offenem Mund nach, nicht imstande zu glauben, was er gerade gesehen hatte.
     
    Ruth Hawkin hatte sich umgezogen, bemerkte George. Ein braunes Jerseykleid unter einer Strickjacke aus rosagesprenkelter Wolle zeigte, daß sie wahrscheinlich zum ersten Mal seit Alisons Verschwinden zu Bett gegangen war und zu schlafen versucht hatte. Die dunklen Ringe unter ihren Augen zeugten davon, daß ihr dies nicht gelungen war. Sie saß zusammengesunken am Küchentisch, eine Zigarette in den zitternden Fingern. Kathy Lomas stand stirnrunzelnd und mit verschränkten Armen an den Herd gelehnt.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Kathy. »Warum wollte Peter jetzt nach Scardale zurückkommen? Bei allem, was hier los ist?«
    Ruth Hawkin seufzte. »So wird er nicht gedacht haben, Kathy«, sagte sie müde. »Nichts geht in seinen Kopf, außer was sich direkt auf ihn auswirkt. Es hat ihm bestimmt angst gemacht, auf der Polizeiwache zu sein, und als er dann ins Pub kam und dachte, dort wäre er sicher, wird er vom Wirt bedroht. Er kennt nur zwei Orte – Buxton und Scardale. Aber bei Gott, er muß Todesangst ausgestanden haben, daß er dachte, nach Scardale zurückzukommen würde die einfachere Lösung sein.« Sie drückte ihre Zigarette aus und rieb sich das Gesicht, als wasche sie sich. »Ich kann es nicht ertragen.«
    »Es war doch nicht deine Schuld«, sagte Kathy bitter. »Wir wissen alle, wo die Schuld liegt.« Sie schob die Lippen vor und starrte George und Clough an.
    »Nein, nicht Peter. Das kann ich ertragen. Um ihn trauere ich nicht. Ich kann es nicht ertragen, an Alison zu denken. Als Charlie hereingerannt kam und gesagt hat, oben bei Deardens Farm wäre eine Leiche, hab ich keine Luft mehr gekriegt. Es war, als hätte mich jemand vor die Brust gestoßen. Alles in mir ist stillgestanden.«
    George erinnerte sich, daß sie noch nicht zu einem normalen Zustand zurückgefunden hatte, als er kam. Ruth hatte am Tisch gesessen, die Hände mit aufgestützten Ellbogen über dem gesenkten Kopf gefaltet, als wolle sie nichts hören und nichts sehen. Kathy saß neben ihr, hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt und streichelte mit der anderen Hand ihr Haar. Ruths Mann war nirgends zu sehen. Als George nach ihm fragte, hatte Kathy gereizt geantwortet, Philip sei weiß wie ein Leintuch geworden, als Charlie die Nachricht brachte, und sei dann aus dem Haus gegangen. »Er kann nicht weit sein«, sagte sie. »Wahrscheinlich hat er sich in seiner Dunkelkammer eingeschlossen. Da geht er immer hin, wenn etwas los ist, womit er nichts zu tun haben will.«
    George fand, Ruth Hawkin hatte ein größeres Recht darauf, die Nachricht so schnell wie möglich zu erfahren, als ihr Mann darauf, anwesend zu sein. In einem einzigen Satz platzte er mit der Neuigkeit heraus. »Es ist ein Mann, die Leiche, die wir gefunden haben.«
    Ruths Kopf fuhr hoch. Der Ausdruck strahlender Freude auf ihrem Gesicht hätte die Weihnachtsbeleuchtung der Regent Street blaß erscheinen lassen.
    »Sie ist es nicht?« rief Kathy aus.
    »Es ist nicht Alison«, bestätigte George. Er holte tief Luft. »Aber leider ist es nicht nur eine gute Nachricht. Wir haben eine vorläufige Identifizierung der Leiche vorgenommen. Sie muß noch von einem Mitglied der Familie bestätigt werden, aber wir glauben, daß der Tote Peter Crowther ist.«
    Eine langes, fassungsloses Schweigen folgte. Ruth starrte ihn einfach nur an, als könne sie nach der Nachricht, daß die Leiche im Feld nicht ihre Tochter sei, nichts Neues mehr aufnehmen. Kathy schien entgeistert. Sie sprang mit empörtem Gesicht auf, ging ein paar Augenblicke ruhelos auf und ab, dann blieb sie mit finsterem Gesicht beim Herd stehen. Sie wußte, wem die Schuld zukam, dachte George.
    »Jetzt kann ich nur denken, Gott sei Dank, es ist nicht meine Alison«, fuhr Ruth fort. »Ist das nicht entsetzlich? Peter war auch ein Mensch,

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