Ein Ort für die Ewigkeit
Lomas war so unruhig wie ein junger Hund, der an der Leine zerrt und die Fährte eines Hasen riecht. Wie George wäre er am liebsten durch das Tal zu der Stelle hinuntergestürzt, wo der Fluß auf den Felsen stieß, nachdem er gehört hatte, was los war. Aber anders als George, der die Tugend der Geduld gelernt hatte, sah er keinen Vorteil darin, zu warten, bis die ausgebildeten Höhlenspezialisten ankamen. Nach Charlies Ansicht war es genug, aus Scardale zu sein, wenn es um die Erforschung der Geheimnisse des Scardale Crag ging. So war er kettenrauchend vor dem Wohnwagen auf und ab gegangen und hatte nervös von dem Tee getrunken, der schon lange eiskalt sein mußte.
George schaute mit finsterem Blick aus dem Fenster des Wohnwagens zum Dorf hinüber. »Es ist ja nicht so, als wären wir nicht daran gewöhnt, daß Leute ihr Wissen nicht preisgeben, aber normalerweise gibt es doch ein erkennbares Motiv dafür. Meistens schützen sie sich selbst oder andere. Oder sie sind einfach dickköpfige Strolche, die sich freuen, wenn sie uns ärgern können. Aber hier? Es ist verlorene Liebesmüh, ihnen etwas abpressen zu wollen.«
Clough seufzte. »Ich glaube, es ist nicht böse gemeint. Oft sind sie sich nicht einmal bewußt, das zu tun. Es ist eine Gewohnheit, die sie im Lauf der Jahrhunderte angenommen haben, und ich glaube, es wird sich nicht so schnell ändern. Es ist, als seien sie überzeugt, daß niemand das Recht hat, von ihren Angelegenheiten zu erfahren.«
»Es ist mehr als das, Tommy. Sie haben alle so lange so eng beieinander gewohnt, sie wissen alles, was es über Scardale und über die anderen zu wissen gibt. Dieses Wissen ist ihnen selbstverständlich, und sie vergessen einfach, daß es für uns anders ist.«
»Ich weiß, was Sie meinen. Immer wenn wir etwas finden, was sie uns hätten sagen sollen, ist es, als wären sie sprachlos, daß wir es nicht schon wußten.«
George nickte. »Das hier ist das perfekte Beispiel. Ma Lomas hat nicht irgendwann einmal gesagt: ›Ach, wußten Sie, daß es im Scardale Crag alte Schächte einer Bleimine gibt? Es würde sich vielleicht lohnen, dort zu suchen.‹ Nein, wie alle anderen nahm sie an, wir wüßten darüber Bescheid, und ihr einziges Motiv, das zu erwähnen, war, mir eins reinzuwürgen, weil sie die Suche der Polizei für ungenügend hält.«
Clough stand auf und ging in dem engen Wohnwagen auf und ab. »Es könnte einen rasend machen, aber wir können es nicht ändern, weil uns erst klar wird, was wir nicht wissen, wenn wir entdecken, daß wir es nicht wußten.«
George rieb sich müde die Augen. »Ich kann nicht umhin zu denken, daß wir Alison vielleicht hätten retten können, wenn ich die Einheimischen dazu gebracht hätte, uns zu sagen, was sie wissen.«
Clough blieb stehen und starrte zu Boden. »Ich glaube, da haben Sie unrecht. Ich würde sagen, als der erste Anruf bei der Polizeiwache in Buxton einging, war es schon zu spät für Alison Carter.« Er sah George an, konnte aber nicht ertragen, was er in seinen Augen erblickte, und fügte hinzu: »Vielleicht beruhige ich mich damit auch nur, weil ich die Alternative nicht aushalten kann.«
George wandte sich ab, warf wieder einen Blick in das Buch aus dem neunzehnten Jahrhundert und versuchte, die Beschreibung darin mit der detaillierten, offiziellen Landkarte in Einklang zu bringen. Tommy Clough erkannte seine momentan begrenzten Möglichkeiten, setzte sich wieder ans Fenster und beobachtete ein Amselpaar, das auf der Erde unter dem Schutz einer dichten alten Eibe herumscharrte. Es würde bald genug Arbeit geben, also konnte er sich fürs erste damit zufriedengeben, dazusitzen und nachzudenken.
Die Höhlenspezialisten kamen in einem großen Transporter, dessen Sitze in Reihen am Boden festgeschraubt waren.
Peak-Park-Höhlenrettungsteam
stand in ungelenk amateurhafter Schrift auf den Türen.
Ein halbes Dutzend Männer stiegen aus und verteilten sich über die Dorfwiese – offenbar machte ihnen der Regen nichts aus – und holten sich ihre Ausrüstung hinten aus dem Transporter. Ein Mann trennte sich von der Gruppe und kam zum Wohnwagen herüber. Charlie blieb stehen und starrte ihn gespannt an wie ein Jagdhund, der das Wild sichtet. Der Mann erschien unter der Tür und sagte: »Wer ist denn hier der Boss?«
George stand auf und mußte sich unter der niedrigen Decke bücken. »Detective Inspector George Bennett«, sagte er und streckte die Hand aus.
»Sie sehen aus wie Jimmy Stewart, hat
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