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Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
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einen kleinen, eigenen Gott.
    Vielleicht um uns daran festzuhalten, auf der Reise durchs Leben, die uns angst macht. Weil wir nur das Ziel kennen, und nicht den Weg. Ich weiß es nicht. Schon wieder weiß ich etwas nicht. Vielleicht werde ich nie mehr was wissen und werde aus dem Grund nie was werden. Und das nur, weil ich nicht mehr an Fetische glauben mag. Weil ich mein Schaf weggegeben habe. Da war ich gestern, auf der Station. Ich wollte, weil mir langweilig war, das Schaf waschen gehen. Und es fiel mir aus der Hand. Und fiel vor die Füße eines kleinen Kindes. Mann, war das ein häßliches Kind. Verheult war es, der Rotz lief ihm aus der Nase, und das Kind sah schmutzig aus. Ein kleines schmutziges Kind, das nach einem kleinen, schmutzigen Leben ausschaute.
    Und der kleine Drecksack hob mein Schaf auf. Stand da, mit meinem alten, blinden Stofftier in der Hand und sah mich an. Zuckte zusammen, beim Treffen unserer Augen, als würde es einen Schlag erwarten. Das war so ein Reflex, daß ich mir dachte, das kennt es wohl, das Kind. Geschlagen werden und Menschen, die ihm etwas wegnehmen, das ihm Freude macht. Das Kind guckte so, und seine kleine dreckige Hand hielt mein Schaf so fest, daß die Hand ganz rot wurde, vor Anstrengung. Wir standen da ewige Sekunden. Dann faßte ich nach meinem Schaf. Strich ihm noch mal über die eingedellte Schnauze und ging weg.
    Weil ich erwachsen bin, ging ich weg, und weil ich doch inzwischen wissen sollte, daß Traurigkeit aufhört. Und daß einem Schafe wirklich nicht helfen.
    BETTINA entdeckt die Mittelmäßigkeit
    Ich in diese Redaktion. So ein Frauenblatt. Da arbeiten lauter Frauen, die meinen, sie wüßten, was ihre Leserin lesen will. Ich denk mir, einen Scheiß wissen die. Sie füllen das Blatt mit den Geschichten ihrer eigenen Unzulänglichkeit.
    Orgasmusprobleme, Partnerschaftsprobleme, Karrierepro-bleme. Warum muß so ein Dreck in Zeitschriften stehen.
    Warum liest irgendwer so einen Schwachsinn. Vertane Zeit. Abgehalten von eigenen Überlegungen. Mittelmaß.
    Mittelmäßige Menschen machen Unterhaltung für mittelmäßige Menschen. Geistig Armen die Zeit bis zum Ende verkürzen. Pappt alle Zeitschriften dieser Welt zusammen.
    Macht Bäume draus. Die gefällt werden, zu Papier gemacht für ein Buch.
    Mit nackten Kerlen drin. Und ich. Liefere für Geld lausige Geschichten ab, die ich schreibe in dem Wissen, daß ich sie für Zeitschriften schreibe. Mit der Halbwertzeit eines Stuhlganges. Und was anderes fällt mir eben auch nicht ein. Mit jedem Wort, das ich schreibe, formuliere ich ein Stück Lüge. Raube ich die Zeit derer, die diese Worte lesen.
    Ohne ihnen etwas dafür zu geben. Und mit der gestohle-nen Zeit fange ich noch nicht einmal etwas an. Sammle sie nicht, um etwas Wichtiges zu schaffen. Kann nichts Wichtiges schaffen. Weil ich nur Mittelmaß bin. Ist es wichtig, ein gutes Buch zu schreiben? Ein japanischer Haikudich-ter hat mal gesagt, wenn meine Verse einem Menschen Freude machen, habe ich nicht umsonst gelebt. Ich habe seine Haikus gelesen. Ich wollte den Mönch gerne kennenlernen, der vor 200 Jahren gestorben ist. Ein melan-cholischer, zynischer Mönch, der lachen konnte über seine Einsamkeit. Ich weiß nicht, ob es mir genügt, einem Men-sehen Freude zu machen. Ich kenne diesen Menschen ja gar nicht. Vielleicht ist es ausgerechnet ein Arschloch, der seine Frau haut und so. Und der hat dann Freude an meinen Worten? Ich bin Mittelmaß. Ich bin jemand, der die Welt weder anhält noch schneller laufen läßt. Ich bin ein aufgeblasenes Nichts. Sich aufblasend aus der Angst heraus, daß, wenn der Ballon zusammenfällt, das Nichts für alle sichtbar ist. Ohne Berechtigung ist zu sein. Ich habe mal versucht ein Buch zu schreiben. Die Worte klan-gen hohl, und die Gedanken waren schon tausendmal gedacht. Ich habe das seingelassen. Ich weiß auch nicht, ob mein Wunsch, etwas Großes zu schaffen, uneigennützig ist. Ob es mir um das Große geht, meine ich, oder darum, daß andere bemerken, daß ich etwas Großes geschaffen habe. Ein zwingender Beweis für einen mittelmäßigen Charakter. Daß unsere Welt aus denen besteht, ist kein Trost. Voll ist von mittelmäßigen Künstlern, Schreibern, Kritikern. Das ist wirklich kein Trost. Dazuzugehören, zu der Armee der schon zu Lebzeiten Vergessenen. Ich tauge zu nichts Originellem. Nichts Großem. Ich tauge nicht zum Leben. Und zum Sterben auch nicht. Wie alle, die nicht zur intellektuellen Ekstase taugen. Renne ich der

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