Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
Vom Netzwerk:
und ich habe zwar gar nicht soviel Lust, immer nackig in dieser Wohnung rumzurennen, aber ich habe das Gefühl, das bin ich mir schuldig. Genauso wie mit dem Rauchen. Ich habe damit angefangen. Und ich werde nicht eher aufhören, bis die Wände von meiner Wohnung gelbgeraucht sind. Ich sitz also nackig auf dem Bett in meiner Wohnung und rauche und werde mir wohl gleich was zu essen kommen lassen. Das werde ich im Bett aufessen und dabei Fernsehen gucken. Es ist keiner da, der sagen könnte, Fernsehen macht doof, ohne mir sagen zu können, was eigentlich nicht doof macht. Oder was schlau macht. Macht das Lesen von Büchern, die keiner versteht, schlau? Ich arbeite in einer Firma, die irgendwas macht, was definitiv egal ist.
    Es geht um Im- und Export, ich weiß es auch nicht. Ich muß irgendwelche Zettel ausfüllen, abheften, wegfaxen.
    Solche Sachen. Abstrakte Sachen. Ich glaube, keiner in der Firma weiß, um was es geht. Vielleicht existiert die Firma auch gar nicht. Keine Ahnung. Ich finde, etwas zu tun, das so offensichtlich sinnlos ist, paßt genau zu dem Leben, das ich mir für mich vorstelle. Ich meine, es macht mich sehr zufrieden, heimzugehen und mir zu sagen, du hast heute nichts Sinnvolles getan. Du hast Zettel verschoben. Ich find das gut. In meiner Wohnung laufe ich, wie schon gesagt, nackt herum, rauche, esse, sehe Sachen im Fernsehen an.
    Ansonsten mache ich nichts. Ich schlafe viel. Besonders gut finde ich Wochenenden. Also, wer nicht arbeiten geht, hat gar keine Wochenenden. Und das ist traurig, weil Wochenenden so etwas ganz Spezielles sind. Sie fangen mit so einer gemütlichen Leere an. Ich kann machen, was ich will, und meistens will ich gar nichts. Besonders gut ist der Sonntag. Alle Läden sind zu, alle Menschen sind in ihren Wohnungen und machen, was sie wollen. Menschen, die nicht arbeiten, wissen nicht, was ihnen mit diesen wun-derbaren, leeren Wochenenden entgeht. Wo ich so mit Erlaubnis, weil ich ja die ganze Woche Zettel kopiert habe, nichts machen muß. Ich muß mich noch nicht einmal für irgendwas interessieren. Kann man von einem arbeitenden Menschen wirklich nicht erwarten, daß er sich noch für was interessiert. Ich habe auf einmal nicht mehr das Gefühl, ich müßte mein Leben jetzt groß gestalten. Oder es wahnsinnig intensiv genießen, verrückte Sachen machen oder interessante Menschen treffen. Ich bin da ganz ehrlich. Ich lebe so ein bißchen wie ein Tier. Ich weiß nicht, ob das so verkehrt ist. Obwohl es auch unglückliche Tiere gibt, die zu Tierpsychologen gehen, denke ich mal, die meisten Tiere fragen sich nicht andauernd, was sie mit ihrem Leben anstellen sollen. Vielleicht sind sie glücklich.
    Ich würde sehr gerne mal mit einigen befreundeten Tieren über dieses Thema reden.
    BETTINA kann nicht schlafen
    Ich kann nicht schlafen. Ich schlaf kaum noch. Jede Nacht habe ich Probleme mit dem Schlafen. Fast jede Nacht ver-kehre ich mit dem Mann. Immer wieder will ich eigentlich keinen Sex, sondern etwas anderes. Jede Nacht haben wir Sex und nichts anderes. Danach schläft der Mann. Am Schlafen, am Einschlafen kann ich viel erkennen. Der Mann dreht mir entweder den Rücken zu, oder er rückt einfach nur ein bißchen weg. Er sagt dann: Du, so nah kann ich nicht einschlafen. Wäre der Mann verliebt, würde er mich lieben, wäre es ihm, so wie mir, egal, ob er schlafen kann oder nicht. Würde er so lieben wie ich, gäbe es nichts Schöneres, als nicht einzuschlafen. So schläft nur einer nicht, nämlich ich. Und er schläft und ist noch weiter weg als sonst. Er ist sehr weit weg, der Mann, den ich liebe. Der Mann meines Lebens liegt neben mir. Er liegt jetzt seit drei Wochen neben mir. Er sitzt neben mir. Er ißt neben mir.
    Er redet neben mir. Das hilft gar nichts. Ich weiß gar nicht zu sagen, was für ein kleiner Schritt es ist, jemanden zu mögen oder jemanden zu lieben. Ich weiß auch nicht, woran es liegt, wenn einer von beiden den anderen nicht lieben kann, sondern nur mögen mag. Der Mann mag mich. Er mag mich wie einen guten Freund. Nein, eigentlich weniger. An einem guten Freund wäre er mehr interessiert. Der Mann ist nicht an mir interessiert. Er fragt wenig und wenn, will er die Antworten nicht wissen. Er denkt nicht an mich, weiß nicht, was ich gerne habe. Ich weiß das alles. Ich kenne sein Leben, seine Angst, und ich weiß, welchen Käse er gerne hat. Den mit diesen großen Löchern, der eigentlich mit Käse nichts zu tun hat. Ein Er-satzkäse für Menschen, die

Weitere Kostenlose Bücher