Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot
keinen Mann. Du hast einen Job, um den dich jeder beneidet. Du bist klug, zu klug, du wohnst in einer Wohnung, die nicht gemütlich ist. Ich glaube, du möchtest nie mit einem Mann zusammenwohnen. Ich möchte auch mal ein Kind. Ich sehe dich nicht als Mutter. Ich glaube, du bist egoistisch. Ich weiß es doch auch nicht, warum ich mich nicht in dich verlieben kann. Ich habe keine Angst vor starken Frauen. Vor unabhängigen Frauen. Aber wenn eine wie du ist, dann heißt das, du kannst mich immer verlassen, weil du mich nicht brauchst. Ich habe schon einmal sehr gelitten, wegen so einer Frau. Ich glaube, Männer leiden da viel mehr. Weil auf einmal alles weg ist mit der Frau, was warm ist. Ich kann dich haben, aber ich will dich nicht. Im Moment schlafe ich noch gerne mit dir. Aber das wird weniger. Ich habe das Gefühl, als wäre es total anstrengend, dir gerecht zu werden. Dich zu halten, wenn ich das wollte. Also, ich will damit wirklich nicht sagen, daß du zu stark bist, da habe ich keine Angst. Aber eine Beziehung sollte doch nicht anstrengend sein. Du machst immer so ironische Bemerkungen. Ich weiß einfach, daß es mit dir anstrengend sein würde, würde ich mich in dich verlieben. Jetzt liegst du schon wieder wach und siehst mich an. Du wartest, daß ich dich anfasse. Ich tue, als ob ich schlafe. Fasse dich nicht an. Du wartest, daß die Liebe kommt. Ich kann dir eins sagen: Die wird nicht kommen.
VERA ist in Gefahr
Vera hätte nicht sagen können, warum sie mit diesem Mann mitgegangen war. Der Mann hatte ihr nicht speziell gefallen. Vielleicht hatte Vera nur einfach Appetit auf einen Menschen. Auf das Anfassen eines Menschen. Nie ist es so wie mit einem Menschen, wenn sich einer nur selber anfaßt. Schade eigentlich. Sie hatte diesen Mann, dessen Namen sie weder vor oder während oder nach dem Anfassen behalten konnte, im Cafe getroffen. Der Mann hatte sich zu ihr gesetzt. Er war sauber, aber blöd. Er sagte Sätze, Ein Satz war: Im Sommer gehen wir gerne baden. Am liebsten in öffentliche Gewässer. Der Mann redete immer von wir, wenn er sich meinte. Wer wir ist, war Vera unklar, aber der Mann war von angenehmem Äußeren. Gerade richtig zum Anfassen. Sie ging mit ihm nach Hause,
An seiner eingerichteten Wohnung erkannte Vera den Werber. Es hingen Penck-Bilder an der Wand, und Stühle standen da, auf denen keiner sitzen konnte. Nur das Schlafzimmer sah anders aus. Da stand ein rundes Bett mit einer Tierdecke, und hinter dem Bett war eine Wand mit Fototapete beklebt. Vera erschrak. Auf der Fototapete befand sich eine Bergsituation mit einigen Geißen. Aber es war zu spät zur Umkehr, denn Vera hatte sich ja vorgenommen, einen Menschen anzufassen. Der Mann entschuldigte sich und ging in ein Badezimmer. Vera zog ihre Sachen aus und legte sich auf das Bett. Auf dem Nachttisch lag eine Intel-lektuellenzeitschrift, und Vera begann darin zu lesen. Der Mann im Badezimmer gurgelte dazu.
Die Invasion der extraterristischen Killertapeten las Vera. Und dann las sie weiter:
Fall l, Fototapete Bahma, 1994
Der Frisör schließt seinen Laden auf.
Wie jeden Morgen. Pünktlich um acht. Schließt er diese Tür auf, und die Glocke oben kichert. Der Frisör ist stattlich geworden. Aus dem Bund dringt Fleisch gewordenes Versagen. Und ein Leben davor gab es nicht. Hab' nicht versagt. Sagt sich der Frisör oft. Habe mein eigenes Geschäft.
Meine Kunden. Mein Auskommen. Das Leben ist nicht zum Glücklichsein da, sagt sich der Frisör und schließt die Tür auf. Sieht auf die Tapete. Ein Strand in einem Dritte-Welt-Land. Mit Palmen und so und einer Dritte-Welt-Frau. Das Meer ganz blau, tut sein Bestes. Und die Frau.
Die hat irgendwelche Geschichten um die Hüften und sonst ist sie nackig. Der Frisör zwinkert der Frau zu, wie jeden Morgen, und macht sich einen Kaffee. Hält die Tasse in der einen Hand, schmeckt immer schlecht, und die andere Hand beginnt das Rasiermesser zu schleifen. Rasieren ist wirklich zu intim. Der Frisör mag nicht rasieren. Graue Stoppeln, die seine Hände verkleben. Hörn. Die Hälse seiner alten Kunden. Sehen aus wie Haut unglücklichen Geflügels. Mag nicht so intim Menschen sehen. Sehen nie gut aus von nahem, die Menschen. Seit 25 Jahren. Hat er einen Kunden, mit einem großen Grießbeutel am Hin-terkopf. Um den er immer herumschneiden muß. Der verfolgt ihn, der Grießbeutel. Hat er sogar schon davon geträumt. Wie der platzt und Tiere da rauskamen. Nackt-mulle. Irgendwann, denkt der Frisör,
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