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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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sind Eley?«, fragte er auf Deutsch.
    »Nur Französisch, Monsieur Richter«, bat Madjer sanft. »Wie wir es besprochen haben.«
    »Oui, je suis Ralf Eley.«
    Richter sah Madjer an, der an der Tür stehen geblieben war. »Wenn wir nicht Deutsch sprechen dürfen, wie kann ich dann wissen, dass er wirklich Eley ist? Dass er keiner Ihrer Leute ist?«
    Madjer zog den blauen Diplomatenpass aus der Jacke und trat ans Bett.
    »In Ordnung«, sagte Richter, nachdem er die Seite mit dem Foto betrachtet hatte. Er legte den Pass auf das Bett, richtete ihn mit Sorgfalt parallel zur Kante aus. »Toni hat von Ihnen gesprochen. Sie wollten am Dienstag nach Constantine kommen und mit mir sprechen.« Er öffnete die rechte Hand, in der sich ein paar Steinchen befanden, schien mit dem Finger abzuzählen. »Heute.«
    »Ja«, sagte Eley. »Heute.«
    »Stattdessen lernen wir uns hier kennen.«
    »Ja.«
    »Was wollten Sie wissen?«
    »Ich wollte sehen, wie weit Elbe mit der Fabrik ist. Wie der Zeitplan aussieht. Wie es um die Sicherheitsvorkehrungen in Ain Smara steht.«
    »Ich möchte heute nicht darüber sprechen. Morgen vielleicht. Mittwoch.« Richters Augen waren gerötet, tränten, er blinzelte häufig.
    »Ich habe Zeit.«
    »Eley ist ein seltsamer Name.«
    »Hab gehört, dass er von Eligius kommt. Der Heilige Eligius, siebtes Jahrhundert nach Christus.«
    »Ein Heiliger.«
    »Beschützer der Goldschmiede und der Hufschmiede.«
    »Eligius, das ist Lateinisch«, sagte Richter. »Ich hatte Latein in der Schule. Ich habe alles vergessen. Ich weiß nicht, was ›Eligius‹ bedeuten könnte.«
    »Na ja.« Eley schmunzelte. »›Der Auserwählte‹.«
    »›Der Auserwählte‹«, sagte Richter mit einem traurigen Lächeln. »Sie werden Sie töten, Auserwählter. Sie und mich. Vielleicht macht Karima das. Sie war hier, sie würde mich gern töten, ich habe es in ihren Augen gesehen.«
    »Niemand wird uns töten.«
    »Sie können uns nicht leben lassen. Wir wissen zu viel.«
    »Nutzloses Wissen.«
    »Nicht für die algerische Regierung.«
    »Sie würde es zu spät erfahren.« Er berührte Richter am Arm. »Wir kommen hier raus, das verspreche ich Ihnen.«
    Richter legte die Steinchen aus der rechten Hand in zwei Reihen auf die Bettdecke neben sich. »Vier Tage«, sagte er und deutete auf die obere Reihe, dann auf die untere. »Fünf Tote.«
    Er bückte sich, strich mit der Hand über den Boden.
    »Toni und drei von Madjers Leuten«, sagte Eley. »Und Sie?«
    Richters Kopf bewegte sich, ein Nicken. Er richtete sich auf, legte ein weiteres Steinchen in die untere Reihe. »Der Auserwählte.«
    »Nein«, sagte Eley. »Wir überleben das, Herr Richter. In einer Woche sind Sie zu Hause bei Ihrer Frau und Ihren Töchtern.«
    »Meine Frau und meine Töchter hassen mich.«
    »Sie sind heute Nachmittag in Algier gelandet. Ich glaube nicht, dass sie Sie hassen. Sie lieben Sie. Und sie werden Sie bewundern, Sie haben al-Qaida überlebt.«
    »Sie sind sehr optimistisch. Aber das müssen Sie auch sein, als Auserwählter.«
    Madjer nahm Eleys Pass vom Bett, setzte sich. »Sie sind ein Geschäftsmann, Monsieur Richter. Machen wir also ein Geschäft, vielleicht vertrauen Sie mir dann. Sie beide sprechen in Deutschland nicht über das, was Sie wissen. Sie sagen den deutschen Behörden und der deutschen Presse nur, dass Sie von AQMI entführt worden sind. Wir überlegen uns in den nächsten Tagen eine passende Geschichte. Im Gegenzug bringen wir Sie am Montag nach Italien und lassen Sie und die Menschen, die Sie lieben, in Frieden und in Ruhe leben.«
    Eley lauschte dem Satz nach, der unausgesprochenen Drohung: Falls ihr redet, sterben diese Menschen. Die Frau, die Töchter. Mademoiselle Samraoui.
    »Die algerische Doktrin?«, fragte er.
    »Nur ein Geschäft«, sagte Madjer.
    In der Zelle war es fast dunkel geworden. Durch das schmale Fenster sah Eley zwischen zwei schwarzen Bergen einen Rest Sonnenglut, der rasch an Kraft und Sättigung verlor. Die Ebene davor war schon nicht mehr zu erkennen, die Nacht kroch über das Feld des Todes.
    Dann war das Rot fort. Richter hatte sich erhoben und vor den Mauerauslass gestellt, blickte schweigend hinaus. Schließlich hörte Eley ihn sagen: »Setzen Sie einen Vertrag auf.«
    »Das werde ich«, erwiderte Madjer freundlich.
    Richter wandte sich um. »Meine Frau und meine Töchter sind wirklich nach Algerien gekommen?«
    Kurz darauf verließen Eley und Madjer die Zelle, gingen den langen Gang zurück zur Treppe. Eley

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