Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
Vom Netzwerk:
nickte.
    »Und jetzt?«
    »Sadek wird …«
    Da fiel weit entfernt ein Schuss, das Echo wiederholte den Knall.
    Karima hatte den Kopf abgewandt und war hastig einen Schritt zurückgetreten. Sie schien zu lauschen, zu warten. Eley tat nichts, beobachtete sie nur. Er spürte ihre Angst.
    Drei weitere ferne Schüsse, rasch nacheinander.
    Plötzlich setzte das trockene Knattern eines Hubschraubertriebwerks ein, näherte sich schnell.
    Wieder ein Echo, das sich in das Ursprungsgeräusch mischte. Aber, dachte Eley, die Richtung stimmte nicht.
    Zwei Hubschrauber.
    Karima feuerte in die Luft, rief etwas, eingebunden in algerische Sätze ein französisches Wort, das ihm vertraut vorkam, auch wenn sein Gehirn es nicht gleich entschlüsseln konnte. Erste Gestalten rannten aus den Gebäuden, scharfe Befehle wurden gerufen. Madjers Stimme erklang, gedämpft von dicken Mauern, dann deutlicher, er schien an einem der zum Hof liegenden Fensterschlitze des zweiten Gebäudes zu stehen. Eley hörte Richters Namen, seinen eigenen.
    »Hier!«, schrie er.
    Das Triebwerksgeräusch schien sich vervielfacht zu haben, ein dritter Hubschrauber war über einem Hügelkamm aufgestiegen, jetzt erkannte er die Positionslichter am Nachthimmel. Sie flogen tief, kamen aus Westen, Nordwesten, Norden, waren höchstens noch zweihundert Meter entfernt.
    Während er auf den Hauseingang zurannte, begriff er endlich, welches Wort Karima gerufen hatte: ratissage .
    Aus dem Gebäude strömten ihm Männer und Frauen entgegen, die Gesichter verzerrt vor Angst, vor Wut und Adrenalin. Als Letzte rannten Madjer und Richter heraus, der nur mit einer Unterhose und Schuhen bekleidet war, Hose und Hemd in der Faust hielt.
    »Kümmern Sie sich um ihn!«, schrie Madjer, und Eley zerrte den taumelnden Richter zur Seite, sie mussten von den Häusern weg, von den Menschen, falls die Piloten über Wärmebildkameras verfügten. Er warf einen Blick nach oben. Die Positionslichter näherten sich nicht mehr, die Hubschrauber standen in der Luft.
    »Wer sind die?«, rief Richter.
    »Die Armee.«
    »Die algerische Armee? Sie holen uns? Sie befreien uns?«
    Eley kam nicht dazu zu antworten.
    In den Triebwerkslärm der Hubschrauber hatte sich ein unheimliches Geräusch gemischt, eine Art Zischen, wie er es noch nie gehört hatte. Eine Rakete schlug in das Gebäude ein, in dem er vor wenigen Minuten gelegen hatte, und detonierte. Er riss Richter zu Boden, ließ sich mit ihm fallen. Steine und Erdbrocken prasselten auf sie nieder, er hörte Richter aufschreien, nur der Schreck, der bloße Rücken schien unverletzt. Krabbelnd zog Eley ihn auf den Mofa-Schuppen zu, änderte instinktiv die Richtung, die Piloten würden alles zerstören, was wie der Verschlag nicht einsehbar war.
    Ein hohes, markerschütterndes Brüllen ließ ihn herumfahren. Das Dach des getroffenen Hauses und ein Teil der Mauer waren eingestürzt, Flammen loderten hoch, für Momente war es taghell. Unmittelbar vor der Tür kroch schreiend der alte Mann im Habit, konnte nicht aufstehen, die Kleidung brannte lichterloh. Er brach zusammen, bewegte sich nicht mehr, die Flammen verschlangen die Leiche.
    Wieder erklang das kühle Zischen, eine zweite Rakete raste in den unversehrten Teil des Hauses. Eley wandte sich ab, barg den Kopf in den Händen, wurde von einem faustgroßen Gegenstand am Rücken getroffen und nach vorn gestoßen. Er rang nach Atem, die Luft wollte nicht mehr in seine Lungen strömen, irgendein Mechanismus seines Körpers war außer Gang gesetzt. Er stützte sich auf die Hände, blinzelte die Tränen weg, der Panik nahe, schüttelte nur den Kopf, als Richter nach ihm rief.
    Endlich kam die Luft zurück.
    Er sah zu Richter hinüber, der stöhnte, über eines seiner Beine floss Blut. »Wie schlimm?«, krächzte er. »Richter!«
    Ohne zu antworten, bewegte Richter sich weiter, eine Hand am Oberschenkel, wurde von Weinkrämpfen geschüttelt.
    Eine dritte Explosion, eine Rakete war inmitten der rennenden Menschen niedergegangen. Eley erkannte Madjer, der gestürzt war, sich inmitten von Verwundeten und Toten hochrappelte, eine Pistole in der Hand, die natürlich völlig nutzlos war. Ihre Blicke begegneten sich, Madjer rief etwas, doch Eley verstand ihn nicht. Madjer bewegte die Waffe, als wollte er sagen: Zum Tor, laufen Sie zum Tor!
    Einzelne Schüsse fielen, im Hof blitzte entlang der Mauern Mündungsfeuer auf, dann für ein paar Sekunden Dauerbeschuss aus einem Sturmgewehr. Immer mehr von Madjers Leuten

Weitere Kostenlose Bücher