Ein paar Tage Licht
rauchen?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
Madjer stöhnte leicht, wollte nach dem verletzten Arm tasten, doch offensichtlich fehlte ihm selbst dazu die Kraft.
Eley brachte den Mund an sein Ohr und flüsterte: »Djamel Benmedi. Wo ist er?«
Madjer sank gegen ihn, schien es nicht gehört zu haben.
Sie gingen weiter.
»Djamel«, wisperte Madjer und verlor das Bewusstsein.
53
KABYLEI
Eine halbe Stunde später erreichten sie eine Schotterstraße, kurz darauf die ersten Ausläufer eines der Dörfer Bouzeguènes. Sie durchquerten es, Eley mit Madjer in der Mitte der Straße, die beiden Terrorkrieger unsichtbar und geräuschlos hinter ihnen. Ein paar Kurven weiter das nächste Dorf, auch hier waren sie noch nicht am Ziel. Dann, im dritten Weiler, hörte Eley plötzlich Schritte hinter sich. Ein Gewehrlauf tippte an seinen Arm, zeigte auf ein Haus. Der kahlköpfige Bärtige kam mit ihnen zur Tür, der andere war in der Dunkelheit verschwunden. Eley klingelte.
Im Haus sprang ein Licht an, er hörte Schritte. Ein großer, junger Mann mit Hornbrille und schütterem Haar öffnete die Tür einen Spalt. Er war angezogen, auf alles vorbereitet. Auch in Bouzeguène musste man die Hubschrauber und Explosionen gehört haben. Rasch glitt sein Blick über Eley, Madjer, den Bärtigen. Er sagte etwas zu Eley, auf Algerisch, zog die Tür auf.
»Wir brauchen fünftausend Dollar und fünfzig Kilo Lebensmittel«, erwiderte Eley auf Französisch.
Der Arzt sprach mit dem Al-Qaida-Mann, sie einigten sich rasch. Während er Eley durch den Flur in ein Sprechzimmer führte, sagte er, die Bärtigen würden morgen Mittag wiederkommen. Falls sie das Geld und die Lebensmittel dann nicht bekämen, würden sie das Haus niederbrennen.
»Haben Sie so viel Geld?«
»Ich besorge es morgen. Hier.« Der Arzt deutete auf eine aufgeklappte Trageliege.
Vorsichtig setzte Eley Madjer ab, gemeinsam legten sie ihn hin.
»Nur der Arm?«
»Soweit ich weiß.«
»Schlimm genug.« Der Arzt reichte ihm die Hand. »Ali Benhanafi.«
»Ralf Eley.«
Benhanafi öffnete Madjers Jacke, schnitt den Ärmel auf. Er arbeitete flüssig und ruhig. »Der Deutsche?«
»Ja.«
»Man hört, Sie würden gesucht.«
»Von wem?«
»Von allen.«
Benhanafi bot an, er könne im Nebenraum ein paar Stunden schlafen, wenn er wolle. Eley lehnte ab. Er wollte nach Algier.
»Die warten dort auf Sie.«
»Irgendwie wird es schon gehen.«
»Und dann?«
Abschied nehmen, dachte Eley.
Er blickte auf Madjers zerfetzten Arm, der jetzt entblößt vor ihm lag. Reste eines Arms. Benhanafi würde amputieren müssen.
»Schafft er es?«
»Wenn er die nächsten Stunden durchhält.«
»Dann werde ich so lange bleiben.«
Er wartete im Nebenraum, einem Zimmerchen mit zwei Betten, einem Schrank, einem kleinen Tisch, saß zitternd vor Erschöpfung auf der Bettkante, um nicht einzuschlafen. Unter seinen bloßen Füßen lag ein abgewetzter Teppich, auf dem Tisch stand ein Blumentopf mit einer Pflanze, es roch nach Minze, nach Kaffee. Der Schein einer fernen Straßenlaterne tauchte das Zimmer in ein milchiges Grau, unter der Tür eine grelle Linie Licht von nebenan. Benhanafis Frau und ein weiterer Mann waren gekommen, um zu helfen. Er hörte ihre gedämpften Stimmen, Benhanafis kühle Anweisungen, hörte, wie sie amputierten. Er schloss die Augen, stützte die Stirn auf die Handballen, dachte, dass er nach Algier musste, Amel festhalten und nie mehr loslassen, wenn sie aus Tamanrasset zurück war.
Richters Familie gegenübertreten.
Eine vertraute Stimme weckte ihn. Er öffnete die Augen, lächelte, aus irgendeinem Grund erleichtert. Natürlich, bei Benhanafi liefen die Fäden zusammen, wo sonst, wenn nicht hier, nach allem, was geschehen war.
Er setzte sich auf. Draußen dämmerte es, er sah ein Stück wolkenlosen Himmels durchs Fenster. Die linke Seite seines Rückens schmerzte, wo ihn der Stein oder was auch immer getroffen hatte. Er atmete tief, zog die Schultern zurück, spürte, wie sich die Lunge und die Rippen weiteten.
»Toumi«, sagte er, erhob sich mit einem Ächzen.
»Sind Sie verletzt, Monsieur Eley?«
»Nein.«
Toumi stand auf der Schwelle zum Behandlungsraum, die Tür offen, das Licht ausgeschaltet. Eley sah die Liege, den Körper darauf.
»Er lebt«, sagte Toumi.
Eley trat an ihm vorbei und blickte auf Madjer hinunter. Die Augen geschlossen, das kleine Gesicht um den Schnurrbart herum eingefallen, der Armstumpf bandagiert. Er wollte ihn berühren, ihm den bloßen Fuß
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